Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
Vom Netzwerk:
vorbei, davor rannten ihre Läufer und Hunde. Und unter dem roten Himmel erstreckte sich die endlose Galerie des vom nahenden Dunkel bläulich verfärbten massigen, düsteren Louvre.

Kapitel 6
    L autes Grölen drang aus dem Wirtshaus, dessen gewal tiges Schild über den Köpfen der Passanten drei schmiedeeiserne Hämmer zeigte.
    Angélique und ihr Bruder Gontran stiegen die Stufen hinab und fanden sich eingehüllt von Tabakrauch und Soßendüften wieder. Am Ende des Raums blickte man durch eine schmale, offene Tür in die Küche, wo sich vor den roten Feuern gemächlich mit reichlich Geflügel garnierte Spieße drehten.
    Die Geschwister setzten sich an einen etwas abseits stehenden Tisch bei einem Fenster, und Gontran bestellte Wein.
    Â»Nimm eine gute Flasche«, sagte Angélique und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich bezahle.«
    Â 
    Sie zeigte ihm ihre Börse, in der sie sorgsam die fünfzehnhundert Livres hütete, die sie am Spieltisch gewonnen hatte.
    Gontran erklärte, er sei kein Feinschmecker. Normalerweise begnügte er sich mit einem einfachen Landwein aus der Pariser Region. Und sonntags gönnte er sich berühmtere Tropfen draußen in den Vororten, wo die Weine aus Bordeaux und dem Burgund billiger waren, weil dort auf sie noch kein Stadtzoll entrichtet worden war. Dieser sonntägliche Ausflug war seine einzige Zerstreuung.
    Angélique fragte ihn, ob er mit Freunden dorthin ging. Er verneinte. Er hatte keine Freunde, aber er saß gern dort unter einer Laube und betrachtete die Gesichter der Leute um ihn herum. Für ihn war die Menschheit gut und freundlich.

    Â»Hast du ein Glück«, murmelte Angélique, die auf ihrer Zunge plötzlich den bitteren Geschmack des Gifts spürte. Sie fühlte sich nicht krank, aber matt und nervös.
    Sie zog den grobwollenen Umhang, den Mariedje ihr geliehen hatte, fester um sich und betrachtete mit glänzenden Augen das für sie neue Treiben in einer Hauptstadtschenke.
    Hier atmete man zwar keine frische Luft, aber dafür ein Gemisch aus Freiheit und Vertrautheit, das die Stammgäste mit Wohlbehagen erfüllte.
    Der Adlige kam hierher, um zu rauchen und die Förmlichkeit der königlichen Vorzimmer zu vergessen, der Bürger schlug sich hinter dem Rücken seiner argwöhnischen, zänkischen Frau den Wanst voll, der Musketier frönte dem Würfelspiel, und der Handwerker vertrank hier seinen Lohn und vergaß für ein paar Stunden seine Sorgen.
    Â 
    Die Drei Hämmer lagen an der Place de Montorgueil, nicht weit vom Palais Royal entfernt, und so verkehrten dort auch viele Schauspieler, die mit geschminkten Gesichtern und falschen Nasen spätabends hereinkamen, um sich »die Eingeweide zu erfrischen«, wie sie sagten, und ihre von den rasenden Leidenschaften heiseren Kehlen zu benetzen. Italienische Komödianten in grellbunten Kostümen, Schausteller, manchmal sogar verdächtig aussehende Zigeuner mit glühenden Augen mischten sich unter die Gäste aus dem Viertel.
    An diesem Abend präsentierte ein italienischer Greis, dessen Gesicht hinter einer roten Samtmaske verborgen war und dessen weißer Bart bis zu seinem Gürtel hinabreichte, den Anwesenden einen höchst amüsanten kleinen Affen. Nachdem dieser einen der Gäste eine Weile beobachtet hatte, begann er ihn zu imitieren, wie er seine Pfeife rauchte, den Hut aufsetzte oder sein Glas an die Lippen führte.
    Lautes Gelächter schüttelte die feisten Bäuche.

    Gontran beobachtete die Szene mit leuchtenden Augen.
    Â»Sieh nur, ist das nicht herrlich: die rote Maske und dazu der Bart, der aussieht wie glitzernder Schnee!«
    Angélique hingegen wurde immer nervöser, sie fragte sich, wie lange sie wohl noch warten mussten.
    Â 
    Endlich öffnete sich die Tür erneut, und die riesige Dänische Dogge des Advokaten Desgrez tauchte auf.
    Ein Mann in einem weiten steingrauen Umhang begleitete den Advokaten. Überrascht erkannte Angélique den jungen Cerbalaud, der sein bleiches Gesicht unter einem tief in die Stirn gezogenen Hut und hinter seinem hochgeschlagenen Kragen verbarg.
    Sie bat Gontran, die beiden Neuankömmlinge diskret an ihren Tisch zu holen.
    Â»Mein Gott, Madame«, sagte der Advokat und stöhnte, als er neben sie auf die Bank glitt, »seit heute Morgen habe ich Euch zehnmal mit durchgeschnittener Kehle, zwanzigmal ertrunken und hundertmal begraben

Weitere Kostenlose Bücher