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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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schlage ich ein großes, mit Salat- und Essiggürkchen gespicktes, blutiges Rinderfilet vor, dazu drei kleine in Asche gegrillte Hähnchen und ein Schälchen mit frittierter Creme. Und was würde Madame von einem leichteren Menü halten? Gekochtes Kalbfleisch und ein Salat, das Mark eines Knochens, Apfelgelee, eine eingelegte Birne und ein Oblatenhörnchen. Zum Abschluss noch ein paar Fencheldragees, und ich bin mir sicher, dass sich bald wieder Rosen unter ihren Lilienteint mischen werden.«
    Â»Corbasson, du bist der unentbehrlichste und liebenswürdigste Mann der gesamten Schöpfung. Wenn ich das nächste Mal in die Kirche gehe, werde ich für dich zum heiligen Honoratus beten. Überdies bist du ein großer Künstler, nicht nur als Soßenkoch, sondern auch in deinen geistreichen Worten.«

    Doch gewiss zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Angélique keinen Hunger. Lustlos stocherte sie in den Gerichten von Maître Corbasson herum.
    Ihr Körper kämpfte mit den Nachwirkungen des Gifts, das sie in der vergangenen Nacht getrunken hatte. Jahrhunderte schienen seit diesem entsetzlichen Erlebnis vergangen zu sein. Benommen von ihrer Übelkeit und vielleicht auch von dem aufdringlichen, ungewohnten Dunst, der in der Tabakschenke herrschte, wurde sie allmählich schläfrig. Mit geschlossenen Augen kam ihr der Gedanke, dass Angélique de Peyrac gestorben war.
    Â 
    Als sie wieder erwachte, war der Schankraum von rauchgeschwängertem Dämmerlicht erfüllt.
    Angélique bewegte sich und bemerkte, dass ihre Wange auf einem rauen Kissen lag. Es waren die Knie des Advokaten Desgrez, der mit halb geschlossenen Augen verträumt seine Pfeife rauchte.
    Hastig richtete Angélique sich auf und verzog vor Schmerz das Gesicht.
    Â»Verzeiht mir!«, stammelte sie. »Ich... Es muss sicher furchtbar unbequem für Euch gewesen sein.«
    Â»Habt Ihr gut geschlafen?«, fragte er mit schleppender Stimme, in der sich Müdigkeit und ein leichter Rausch mischten.
    Der Krug vor ihm war fast leer. Einige andere Schläfer, die auf den Bänken oder gleich auf dem Fußboden lagen, schnarchten vernehmlich vor sich hin. Cerbalaud und Gontran, deren Ellbogen auf dem Tisch ruhten, taten es ihnen gleich.
    Die junge Frau schaute zum Fenster hinüber. Sie erinnerte sich vage an etwas Schauerliches, doch sie sah nur den Widerschein eines bleichen, regnerischen Morgens, der die Scheiben nass werden ließ.

    Aus dem Hinterzimmer hörte man die Anweisungen von Maître Corbasson und das Geräusch mehrerer großer Fässer, die über die Fliesen gerollt wurden.
    Ein Mann stieß mit dem Fuß die Tür auf und kam, den Hut im Nacken, herein. Er hielt ein Glöckchen in der Hand und trug über seinen Kleidern eine Art Kittel in verwaschenem Blau, auf dem man ein Streumuster aus stilisierten Lilien und das Wappen des heiligen Christophorus erkennen konnte.
    Â»Hier ist Picard, der Weinausrufer. Brauchst du meine Dienste, Wirt?«
    Â»Du kommst gerade recht, mein Freund. Man hat mir von der Place de Grève gerade sechs Fässer Loire-Wein geliefert. Drei Weiße und drei Rote. Ich will pro Tag zwei davon anstechen.«
    Â 
    Cerbalaud schreckte aus dem Schlaf hoch, richtete sich auf und zog sein Schwert.
    Â»Potzteufel, ihr Herren, hört mich an! Ich ziehe in den Krieg gegen den König.«
    Â»Seid still, Cerbalaud«, flehte Angélique ängstlich.
    Er bedachte sie mit dem misstrauischen Blick eines noch halb schlafenden Trinkers.
    Â»Traut Ihr mir das etwa nicht zu? Da kennt Ihr die Gascogner schlecht, Madame. Krieg dem König! Ich fordere Euch alle dazu auf! Erhebt Euch gegen den König! Auf, ihr Rebellen des Languedoc!«
    Mit erhobenem Schwert torkelte er gegen die Stufen am Ausgang und verschwand durch die Tür.
    Die Schlafenden ließen sich von seinem Grölen nicht stören und schnarchten unbeeindruckt weiter. Der Wirt und der Weinausrufer knieten vor ihren Fässern und probierten mit lautem Schmatzen den neuen Wein, ehe sie den Preis dafür festlegten. Sein frischer, berauschender Duft vertrieb den Geruch von kaltem Pfeifenrauch, Alkohol und ranzigen Soßen.

    Gontran rieb sich die Augen.
    Â»Großer Gott«, sagte er gähnend, »ich habe schon lange nicht mehr so gut gegessen. Genauer gesagt, nicht mehr seit dem letzten Bankett der Lukasbruderschaft, das leider nur einmal im Jahr stattfindet. Ist das da

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