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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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schnelle Schritte und noch lauteres Geschrei, in dem sie Guillaumes Akzent erkannten. Es war ein herrlicher Spätsommernachmittag, und alle übrigen Bewohner des Schlosses mussten draußen sein.
    »Habt keine Angst, meine Kinder«, sagte der Großvater, »da wird sicher nur ein Bettler fortgejagt...«

    Doch Angélique war bereits auf die Freitreppe hinausgestürmt und rief: »Der alte Guillaume wird angegriffen! Jemand will ihm Böses!«
    Hinkend holte der Baron einen verrosteten Säbel, und Gontran kam mit einer Hundepeitsche in der Hand zurück. Als sie über die Schwelle traten, sahen sie ihren alten Diener mit seiner Pike bewaffnet, Angélique an seiner Seite.
    Sein Gegner war ebenfalls nicht weit entfernt. Er stand außer Reichweite auf der anderen Seite der Zugbrücke, hatte den Kampf aber noch nicht aufgegeben. Es war ein großer, ausgehungert wirkender Bursche, aber gut gekleidet in einem dunklen Anzug. Er wirkte ausgesprochen zornig, doch gleichzeitig bemühte er sich um eine steife, offizielle Haltung.
    Sobald Gontran ihn erblickte, senkte er die Peitsche und zog seinen Großvater zurück.
    »Das ist der Steuereintreiber«, flüsterte er ihm zu. »Er ist schon mehrmals fortgejagt worden …«
    Der so übel empfangene Staatsdiener wich zwar immer noch langsam zurück, doch als er sah, wie die neu Hinzugekommenen zögerten, wurde er wieder selbstsicherer. In respektvoller Entfernung blieb er stehen, zog ein durch das Handgemenge reichlich zerknittertes, aufgerolltes Schriftstück aus der Tasche und machte sich mit einem Seufzen daran, es liebevoll zu entrollen. Dann begann er mit affektiertem Gehabe einen Zahlungsbefehl vorzulesen, wonach der Baron de Sancé wegen ausstehender Steuern für seine Pachtbauern, des Zehnten der Einkünfte des Grundherrn sowie seiner Grundsteuer, Steuern auf das Beschälen von Stuten, »Staubabgabe« für die Benutzung der königlichen Straße durch die Viehherden und Strafe wegen verspäteter Zahlung unverzüglich die Summe von achthundertfünfundsiebzig Livres, neunzehn Sols und elf Deniers zu entrichten habe.
    Der alte Baron lief vor Zorn dunkelrot an.

    »Du unverschämter Haderlump, glaubst du etwa, ein Edelmann würde bloß auf dieses unsinnige Gewäsch des Steueramts hin zahlen wie ein gewöhnlicher Bauer?«
    »Ihr wisst genau, dass Euer Sohn bis jetzt die jährlichen Steuern einigermaßen regelmäßig bezahlt hat«, entgegnete der Mann mit einer tiefen Verneigung. »Ich werde also wiederkommen, wenn er da ist. Aber ich warne Euch: Wenn er morgen um die gleiche Zeit zum vierten Mal nicht zugegen ist und zahlt, werde ich ihn unverzüglich vor Gericht laden. Dann werden Euer Schloss und all Eure Möbel verkauft, um Eure Schulden bei der königlichen Schatzkammer zu tilgen.«
    »Sieh zu, dass du fortkommst, du Lakai dieser Staatswucherer!«
    »Monsieur, ich mache Euch darauf aufmerksam, dass ich ein vereidigter Diener des Gesetzes bin und auch zum Vollstreckungsbefugten bestimmt werden kann.«
    »Zur Vollstreckung bedarf es erst eines Urteils«, erwiderte der alte Adlige wütend.
    »Glaubt mir, wenn Ihr nicht bezahlt, werdet Ihr Euer Urteil schneller bekommen, als Ihr ahnt …«
    »Wie sollen wir Euch denn etwas geben, wenn wir nichts haben!«, rief Gontran, als er sah, dass der Greis unsicher wurde. »Ihr seid doch auch Gerichtsdiener, dann kommt doch herein und seht selbst, dass die Plünderer uns noch einen Esel, zwei Stuten und vier Kühe geraubt haben. Und Ihr müsst zugeben, dass bei dem, was Ihr von uns verlangt, der größte Teil auf die Steuern der Pächter meines Vaters entfällt. Er hat sie bislang immer für sie übernommen, weil diese armen Bauern nicht zahlen konnten, aber persönlich schuldet er Euch davon nichts. Außerdem haben unsere Bauern unter dem Überfall neulich noch mehr gelitten als wir, und nach dieser Plünderung kann mein Vater Eure Rechnung ganz sicher nicht begleichen …«

    Diese vernünftigen Reden beruhigten den Steuerbüttel eher als die Beschimpfungen des alten Herrn. Guillaume nicht aus den Augen lassend, kam er wieder ein wenig näher und erklärte in sanfterem, fast schon mitleidigem, aber dennoch festem Ton, dass er auch bloß die von der Steuerbehörde erteilten Anweisungen entgegennehmen und zustellen könne. Seiner Ansicht nach gäbe es nur eine Möglichkeit, wie der Baron eine Pfändung hinauszögern könne, nämlich indem er über den Provinzintendanten in Poitiers ein Bittschreiben an den Generalsteuerintendanten richte.
    »Unter

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