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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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uns«, fügte der Gerichtsbote hinzu, was den Großvater angewidert das Gesicht verziehen ließ, »kann ich Euch sagen, dass nicht einmal meine direkten Vorgesetzten wie der Prokurator oder der Steuerkontrolleur befugt sind, Euch Nachlass oder eine vollständige Befreiung zu gewähren. Aber da Ihr dem Adel angehört, seid Ihr doch sicher mit hochgestellten Persönlichkeiten bekannt. Darum gebe ich Euch einen freundschaftlichen Rat: Versucht es auf diesem Weg!«
    »Ich werde mich sicher nicht rühmen, Euch einen Freund zu nennen«, versetzte der Baron de Ridoué scharf.
    »Ich sage Euch das nur, damit Ihr es Eurem Sohn weitergebt. Kommt schon, alle Welt leidet doch gerade Not! Glaubt Ihr, es macht mir Spaß, überall wie ein Spukgespenst empfangen zu werden und mehr Prügel einzustecken als ein räudiger Hund? Also, gehabt Euch wohl und nichts für ungut!«
    Er setzte seinen Hut wieder auf und ging leicht hinkend davon, wobei er kummervoll bemerkte, dass der Ärmel seines Uniformrocks bei dem Handgemenge zerrissen war.
    In entgegengesetzter Richtung humpelte auch der alte Baron davon. Gontran und Angélique folgten ihm schweigend. Leise gegen imaginäre Feinde wetternd, brachte der alte Guillaume seine angejahrte Lanze zurück in seine mit historischem Gerümpel vollgestellte Höhle.

    Zurück im Salon, begann der Großvater auf und ab zu gehen, und die Kinder wagten lange nicht, ein Wort zu sagen. Schließlich erklang die Stimme des kleinen Mädchens im abendlichen Dämmerlicht.
    »Sag, Großvater, die Räuber haben uns zwar die bürgerlichen Ehrenrechte gelassen, aber hat dieser schwarze Mann sie jetzt nicht doch mitgenommen?«
    »Geh zu deiner Mutter«, entgegnete der alte Mann, dessen Stimme zu zittern begonnen hatte.
    Er kehrte zu seinem hohen Sessel mit dem abgenutzten Bezug zurück und setzte sich schweigend hinein.
    Die Kinder verneigten sich vor ihm und gingen hinaus.
     
    Als Armand de Sancé erfuhr, welchen Empfang man dem Steuereintreiber bereitet hatte, seufzte er und kratzte sich lange das kleine Bärtchen, das er nach der Art von Ludwig XIII. unter der Lippe trug.
    Angélique liebte ihren Vater auf eine fast schon beschützende Art. Sie hätte ihm zu gerne geholfen, nicht mehr so sehr »von Sorgen geplagt« zu sein, wie er es ausdrückte.
    Um seine zahlreichen Nachkommen großzuziehen, hatte dieser Sohn eines verarmten Aristokraten auf alle Annehmlichkeiten seines Standes verzichten müssen. Er reiste nur selten und ging nicht einmal mehr auf die Jagd, im Gegensatz zu seinen adligen Nachbarn, die kaum vermögender waren als er selbst, aber sich über ihr Elend hinwegtrösteten, indem sie ihr Leben damit zubrachten, Hirsche, Wildschweine, Hasen und junge Rebhühner zu jagen, wann immer sich ihnen die Gelegenheit bot.
    Armand de Sancé widmete seine gesamte Zeit der Pflege seiner dürftigen Äcker. Er war kaum besser gekleidet als seine Bauern, und genau wie diese umwehte ihn ständig der stechende Geruch von Mist und Pferden. Er liebte seine Kinder.
Sie brachten ihn zum Lachen, und er war stolz auf sie. Sie waren sein wichtigster Lebensinhalt. Für ihn kamen seine Kinder an erster Stelle. Und gleich danach seine Maultiere. Eine Zeit lang hatte der Edelmann davon geträumt, eine kleine Zucht dieser Lasttiere aufzubauen, die nicht so empfindlich waren wie Pferde und schwerere Lasten tragen konnten als Esel. Aber nun hatten ihm die Räuber seinen besten Esel und zwei Stuten gestohlen. Es war eine Katastrophe, und er dachte kurz daran, seine letzten Maultiere und das Land zu verkaufen, das er bislang für ihre Aufzucht genutzt hatte.
    Einen Tag nach dem Besuch des Steuereintreibers schnitt Baron Armand sorgfältig einen Gänsekiel zurecht und setzte sich an seinen Schreibtisch, um ein Schreiben an den König zu verfassen, in dem er darum bat, von seinen jährlichen Steuern befreit zu werden. In diesem Brief schilderte er seine Notlage.
    Zunächst bat er ihn, zu entschuldigen, dass er nur neun lebende Kinder vorweisen könne, aber es würden zweifellos noch weitere zur Welt kommen, da »seine Frau und er selbst noch jung seien und gerne bereit, sie zu zeugen«. Er fügte hinzu, dass er zusätzlich für einen gebrechlichen, rentenlosen Vater zu sorgen habe, der es unter Ludwig XIII. bis zum Rang eines Obersten gebracht habe. Dass er selbst Hauptmann und für einen höheren Rang vorgeschlagen gewesen sei, den Dienst des Königs aber habe quittieren müssen, da sein Sold als Offizier der Königlichen Artillerie

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