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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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Augen las sie etwas, das sie in eine leise Erregung versetzte.
    Der Staub wirbelte hoch wie ein von der Abendsonne geröteter Pastellhauch. Der Schalmeispieler blies die Wangen auf wie zwei Bälle, und vor lauter Anstrengung traten ihm die Augen aus den Höhlen. Er musste eine Pause einlegen und ging hinüber zu den mit Krügen vollgestellten Tischen, um etwas zu trinken.
    »Woran denkt Ihr, Vater?«, fragte Angélique, als sie sich neben den Baron setzte, dessen Stirn sich immer noch nicht geglättet hatte.
    Ihr Gesicht war gerötet, und sie war außer Atem. Fast hätte er ihr übelgenommen, dass sie so unbeschwert und fröhlich war, während er so viele Sorgen hatte, dass er nicht einmal mehr wie früher ein Fest im Dorf genießen konnte.
    »An meine Steuern«, antwortete er mit einem finsteren
Blick zu dem Mann, der ihm gegenübersaß, ausgerechnet der Steuereintreiber Corne, der schon so oft aus dem Schloss gejagt worden war.
    »Ihr solltet nicht an so etwas denken, während sich alle anderen amüsieren«, ermahnte ihn Angélique. »Schaut Euch nur unsere Bauern an. Glaubt Ihr, sie denken heute an die Steuern? Und dabei sind sie es, die am meisten zu zahlen haben. Nicht wahr, Monsieur Corne?«, rief sie gut gelaunt über den Tisch. »Stimmt es nicht, dass an einem solchen Tag niemand an die Steuern denken sollte, nicht einmal Ihr …?«
    Diese Worte lösten schallendes Gelächter aus. Man begann zu singen, und der Vater Saulier stimmte das Lied vom »räuberischen Einnehmer« an, das der Steuereintreiber mit einem gutmütigen Lächeln anhörte. Doch bald würden auch die weniger harmlosen Lieder erklingen, die bei allen Hochzeiten geduldet wurden, und zunehmend besorgt über das Verhalten seiner Tochter, die einen Becher nach dem anderen leerte, beschloss Armand de Sancé, sich zurückzuziehen.
    Er wies Angélique an, ihm zu folgen, um sich zu verabschieden, ehe sie zusammen ins Schloss zurückkehren würden. Raymond und die jüngeren Kinder, die von der Amme beaufsichtigt wurden, waren schon nach Hause gegangen. Nur Josselin, der Älteste, war noch da, einen Arm um die Taille eines der hübschesten Mädchen der Gegend geschlungen. Der Baron verzichtete darauf, ihn zur Ordnung zu rufen. Er freute sich darüber, dass der magere, bleiche Schüler in den Armen von Mutter Natur wieder zu gesünderen Farben und Ansichten zurückfand. In seinem Alter hatte er schon längst mit einer drallen Schäferin aus dem benachbarten Weiler im Heu gelegen. Wer weiß? Vielleicht würde das seinen Ältesten in der Heimat halten?
    In dem Glauben, Angélique sei hinter ihm, begann der Schlossherr sich ringsum zu verabschieden.

    Doch seine Tochter hatte andere Pläne.
    Schon seit mehreren Stunden suchte sie nach einer Möglichkeit, an der Zeremonie der Brautsuppe teilzunehmen, die bei Sonnenaufgang stattfinden sollte. Und so nutzte sie ein Gedränge, um sich unbemerkt davonzustehlen. Sie nahm ihre Holzschuhe in die Hand und lief auf den Rand des Dorfes zu, das völlig verlassen dalag. Nicht einmal die Großmütter waren in den Häusern geblieben. Ihr Blick fiel auf die Leiter einer Scheune. Flink kletterte sie hinauf und fand sich im weichen, duftenden Heu wieder.
    Der Wein und die Erschöpfung nach dem Tanz ließen sie gähnen.
    Ich will ein bisschen schlafen, dachte sie. Und wenn ich wach werde, kann ich sehen, was bei der Brautsuppe passiert.
    Dann fielen ihr die Augen zu, und sie sank in einen tiefen Schlaf.
     
    Sie erwachte mit einem wohligen, angenehmen Gefühl. In der Scheune war es stockfinster und warm. Es war noch Nacht, und in der Ferne hörte sie die Rufe der feiernden Bauern.
    Angélique verstand nicht so recht, was mit ihr geschah. Große Behaglichkeit erfüllte ihren Körper, und sie verspürte den Wunsch, sich zu strecken und zu seufzen. Plötzlich fühlte sie eine Hand, die langsam über ihre Brust strich und dann an ihrem Körper hinab zu ihren Beinen glitt. Abgehackte, heiße Atemstöße brannten auf ihrer Wange. Ihre ausgestreckten Finger trafen auf steifen Stoff.
    »Bist du das, Valentin?«, flüsterte sie.
    Er antwortete nicht und rückte stattdessen näher heran.
    Die Auswirkungen des Weins und der sanfte Taumel der Dunkelheit betäubten Angéliques Denken. Sie hatte keine Angst. Sie erkannte Valentin an seinem schweren Atem, seinem Geruch und seinen so oft am Schilfrohr und den Sumpfgräsern
zerschnittenen Händen, deren raue Berührung auf ihrer Haut sie erschauern ließ.
    »Hast du keine Angst mehr, deinen

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