Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
hinaus im Umland Holzfäller, Schreiner, Zimmerleute, Steinmetzen und Maurer gesucht werden müssten.
Innerhalb kurzer Zeit veränderte sich das Aussehen der Ställe hinter dem Schloss. Auch wurden weitere Wiesen in Weiden umgewandelt. Der alte Guillaume gab seine wichtigste Aufgabe, die Bewachung des Gartens und des Schlosshofs, auf und betätigte sich als Aufseher der Arbeiten. Dabei verjüngte er sich zusehends und hörte sogar fast auf zu hinken.
»Als die Soldaten von den Römern bis hin zu Karl dem Großen nichts anderes zu tun hatten, als Straßen zu pflastern und Bauwerke zu errichten, gab es weniger Elend in dieser Welt«, erklärte der Söldner jedem, der es hören wollte.
»Und ich dachte immer, Soldaten verstünden sich am besten darauf, zu zerstören«, erwiderte die Amme.
»Barbarische oder ungläubige Soldaten, ja, die können nichts außer morden und plündern. Aber die anderen wünschen sich immer nur Frieden«, antwortete der Deutsche, ohne auf ihre Ironie einzugehen.
Angélique liebte den alten Soldaten, aber sie bedauerte ein wenig die Verwandlung, die mit ihrem guten Freund vorgegangen war. Natürlich waren all diese friedlichen Werke wundervoll, aber doch lange nicht so sehr wie die Geschichten über Kriege und Schlachten, die er früher so gerne erzählt hatte und die ihn seine neue Leidenschaft ganz vergessen ließ. Wie alle Anhänger der lutherischen Religion war er ein wenig predigerhaft veranlagt, und so ging er sogar so weit, sich gegen
Kardinal Mazarin zu ereifern, der nicht bereit gewesen war, den Krieg zu beenden, und damit den Unwillen des Volkes erregt hatte.
Das Maultiergestüt machte große Fortschritte.
Als Schutz vor Überschwemmungen hatte man für die Fundamente ganze Karrenladungen Granit kommen lassen, und die Gebäude waren mit hellgelben und blassrosa Ziegeln gedeckt. Mehr als fünfhundert Stuten und fünfzig Esel würde man darin unterbringen können.
Währenddessen entwickelte der Landmesser ein neues System zur Entwässerung des Geländes unterhalb des Schlosses. Der Baron wollte den größten Teil des Sumpfs trockenlegen lassen, der in alten Zeiten die Verteidigung des Schlosses sichergestellt hatte. Als Fee lehnte sich Angélique insgeheim gegen diese Entweihung ihres Reichs auf, aber seit der Hochzeit hatte Valentin sie nicht mehr eingeladen, mit dem Boot hinauszufahren. Er ließ sie im Stich. Und dann konnte der Sumpf mit seinen Bächen und Kanälen ja ruhig auch verschwinden! Nur Nicolas war wieder aufgetaucht, mit einem breiten Lachen, dass seine weißen Zähne blitzten, und ohne die geringste Verlegenheit. Mit ihm machte die Kindheit noch einmal ihre Rechte geltend. Die Natur gewährte ihr einen Aufschub – es endete doch nicht alles zur gleichen Zeit. Der Baron strahlte. Er wollte dem bürgerlichen Molines ein für allemal beweisen, dass auch ein Adliger mit Arbeit Erfolg haben konnte. Bald würde er das Schloss und seine Familie unterhalten können, ohne irgendjemandem Geld zu schulden.
All diese Arbeiten bescherten den Bauern ein wenig Wohlstand, und als Folge davon herrschte auf dem Schloss ein Überfluss an Lebensmitteln. Ein Schritt war getan, auch wenn sich das Leben nur wenig änderte. Immer noch spazierten die Hühner durch die Räume, die Hunde verdreckten ungeniert
die Fliesen, und der Regen tropfte in die Zimmer. Madame de Sancés Hände waren gerötet, weil sie sich keine neuen Handschuhe leisten konnte. Josselin jagte Wild und Mädchen nach und glich mehr denn je einem Wolf, während Raymond, der sich in seine Bücher vergrub, einer der herunterbrennenden Kerzen ähnelte, die seine strebsamen Nächte erhellten.
Nur die Kleinen, die sich in der warmen Küche und auf dem Schoß der Amme zusammenkuschelten, klagten nicht. Aber Madelon weinte häufig und wurde schwermütig. Auch für sie wäre es gut, aus dem Schloss fortzukommen. Angélique hatte sie unter ihre Fittiche genommen und hielt sie ganze Nächte hindurch in den Armen. Madelon wusste, dass Angélique stark war und sich weder vor Wölfen noch vor Geistern fürchtete. Angélique selbst jedoch hatte ihre alte Lebensfreude verloren. Diese neuen Entwicklungen waren interessant, aber trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass die meisten Leute langweilig und ein wenig einfältig geworden waren.
Eines Tages machte sich Angélique auf die Suche nach Mélusine.
Es war lange her, seit sie sie zum letzten Mal gesehen hatte. Die Vorfreude auf das große Hochzeitsfest und die
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