Angélique - Hochzeit wider Willen
Picard solchen Beobachtungen widmet?«
»In der Tat, und ich kenne im Übrigen den Abbé Picard. Er ist nicht nur Astronom, sondern auch der oberste Geometer des Königs.«
»Da seht Ihr also...«
»Die Kirche, Madame, ist großherzig. Sie gestattet alle möglichen Forschungen, sogar sehr gewagte wie die des Abbé Pierre, den Ihr anführt. Ich selbst gehe noch weiter. Ich habe im erzbischöflichen Palast einen sehr gelehrten Geistlichen in meinen Diensten, den Rekollekten-Mönch Bécher. Seit Jahren stellt er Forschungen über die Transmutation des Goldes an; allerdings mit meinem sowie Roms Einverständnis. Ich gestehe, dass mich das bisher sehr teuer zu stehen kommt, insbesondere die speziellen Zutaten, die ich aus Spanien und Italien kommen lassen muss. Dieser Mann nun, der die ältesten Überlieferungen seiner Kunst kennt, versichert, um Erfolg zu haben, bedürfe
es einer höheren Eingebung, die nur von Gott oder von Satan kommen könne.«
»Und, hat er schon Erfolg gehabt?«
»Bis jetzt noch nicht.«
»Der Arme! Dann ist er also sowohl bei Gott als auch beim Teufel schlecht angeschrieben, und das trotz Eurer hohen Protektion.«
Angélique biss sich auf die Lippen und bedauerte ihre spitze Bemerkung sofort. Sie hatte das Gefühl, zu ersticken und dummes Zeug reden zu müssen, um sich dieses Drucks zu entledigen. Das Gespräch kam ihr ebenso eigenartig wie gefährlich vor. In der Hoffnung, den holprigen Schritt ihres Mannes in der Galerie zu vernehmen, wandte sie sich zur Tür und fuhr zusammen.
»Oh! Habt Ihr schon die ganze Zeit dort gestanden?«
»Ich bin gerade gekommen«, erklärte der Graf. »Es ist unverzeihlich, dass ich Euch so lange warten ließ, Monsieur. Ich gestehe, dass man mich schon vor fast einer Stunde über Euren Besuch unterrichtet hat, aber ich konnte einen sehr delikaten Vorgang in einer Retorte nicht allein lassen.«
Er war noch in seinen bodenlangen Alchemistenkittel gekleidet; eine Art weites Hemd, auf dem sich gestickte Tierkreiszeichen und vielfarbige Flecken von den Flüssigkeiten, mit denen er arbeitete, mischten. Angélique zweifelte nicht daran, dass er das Kleidungsstück nicht abgelegt hatte, um den Erzbischof von Toulouse zu provozieren, so wie er ihn bewusst mit »Monsieur« ansprach und damit als Baron Benoît de Fontenac von Gleich zu Gleich behandelte.
Der Graf de Peyrac gab einem Diener, der sich im Vorzimmer aufhielt, ein Zeichen, woraufhin dieser ihm sein Gewand abnahm.
Dann trat er vor und verneigte sich. Ein Sonnenstrahl ließ
sein dunkles, schimmerndes Lockenhaar aufleuchten, auf dessen Pflege er große Sorgfalt verwendete und das es in seiner Fülle mit den modischen Perücken aufnehmen konnte, die in letzter Zeit in Paris aufgekommen waren.
Er hat das schönste Haar der Welt, dachte Angélique.
Unterdessen ließ sich der Graf de Peyrac einen hohen Schemel heranrücken und nahm ein Stück hinter Angélique Platz.
Auf diese Weise konnte sie ihn zwar nicht sehen, doch sein Atem mit dem charakteristischen Tabakduft streifte sie und versicherte sie seiner Anwesenheit.
Außerdem war ihr bewusst, dass Joffrey de Peyrac es sich, während er nichtssagende Worte mit dem Erzbischof wechselte, angelegen sein ließ, den Nacken und die Schultern seiner jungen Frau mit Blicken zu liebkosen, die er sogar in die weichen Schatten ihres Mieders gleiten ließ.
Dem Geistlichen gegenüber, dessen Tugend allgemein als unerschütterlich galt, war diese demonstrative Musterung beinahe ein Affront.
Tatsächlich hatte der Erzbischof von Toulouse zwar dieses Amt von einem Onkel geerbt, doch er hatte Wert darauf gelegt, die Priesterweihe abzulegen und nicht nur seine Pflichten als Verwalter einer der bedeutendsten Diözesen Frankreichs zu übernehmen, sondern auch die Aufgabe als Seelsorger. Sein beispielhafter Lebenswandel, der keinerlei Anlass zu Kritik bot, ließ ihn nur noch furchteinflößender erscheinen.
Am liebsten hätte Angélique sich zu ihrem Gatten umgedreht und ihm zugeflüstert: »Ich bitte Euch inständig, seid vorsichtig!«
Zugleich genoss sie seine stumme Huldigung. Ihre unschuldige Haut, die lange keine Zärtlichkeiten mehr empfangen hatte,
sehnte sich nach einer richtigen Berührung, nach erfahrenen Lippen, die in ihr die Wollust erweckt hätten. Sie hielt sich sehr gerade, ja beinahe starr, und spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Dabei sagte sie sich, dass sie albern war und der Bischof nicht den geringsten Grund hatte,
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