Angélique - Hochzeit wider Willen
Absicht getan, um ihn aus der Ruhe zu bringen?«
»Nein, das war pure Nachlässigkeit. Ich habe Knallgold, das ich mit Hilfe von Königswasser aus Blattgold gewonnen und danach mit Ammoniak ausgefällt hatte, zu stark austrocknen lassen. Das hatte aber nicht das Geringste mit einer Urzeugung zu tun.«
»Was ist eigentlich dieser Stoff, den Ihr Ammoniak nennt?«
»Eine Substanz, welche man in Spanien ›álcali volátil‹ nennt. Ein gelehrter spanischer Mönch, einer meiner Freunde, hat mir kürzlich eine Korbflasche voll davon geschickt. Notfalls könnte ich es sogar selbst herstellen; doch das dauert lange, und um meine Forschungen voranzutreiben, ziehe ich es vor, meine Grundstoffe fertig zubereitet einzukaufen, falls ich sie auftreiben kann. Diese Zubereitung reiner Substanzen hält das Fortschreiten der Wissenschaft nur auf, die Schwachköpfe wie dieser Mönch Bécher im Gegensatz zur Alchemie mit dem Namen Chemie bezeichnen; wobei Erstere für sie die Königin der Wissenschaften ist, das heißt eine obskure Mischung aus Vitalfluida, religiösen Formeln und was weiß ich noch. Aber ich langweile Euch...«
»Nein, gewiss nicht«, entgegnete Angélique mit leuchtenden Augen. »Ich könnte Euch stundenlang zuhören.«
Er lächelte, wobei die Narben auf seiner linken Wange seiner Miene etwas Ironisches verliehen.
»Was für ein seltsames kleines Köpfchen Ihr da habt! Also, ich wäre nie auf die Idee gekommen, eine Frau könnte diese Dinge unterhaltsam finden. Auch ich spreche gern mit Euch, denn ich habe den Eindruck, dass Ihr in der Lage seid, alles zu verstehen. Aber... wart Ihr nicht nahe daran, mir dunkle Kräfte zuzuschreiben, als Ihr ins Languedoc gekommen seid? Habt Ihr denn jetzt immer noch so große Angst vor mir?«
Angélique spürte, wie sie errötete, doch sie hielt seinem Blick tapfer stand.
»Nein! Ihr seid immer noch ein Fremder für mich, und ich glaube, das liegt daran, dass ich noch nie jemandem wie Euch begegnet bin. Aber Angst macht Ihr mir keine mehr.«
Er humpelte näher heran und nahm hinter ihr auf dem Stuhl Platz, auf dem er während des Besuchs des Erzbischofs gesessen hatte. Während er manchmal in einer Art trotziger Provokation nicht davor zurückscheute, sein entstelltes Gesicht ins helle Licht zu halten, suchte er bei anderen Gelegenheiten den Schatten und die Dunkelheit. Dann nahm seine Stimme einen ganz anderen Klang an, als sei die Seele Joffrey de Peyracs von ihrer fleischlichen Hülle befreit und könne sich endlich frei äußern.
Angélique spürte hinter sich die unsichtbare Gegenwart des »roten Mannes«, der sie so geängstigt hatte. Gewiss, er war noch derselbe Mensch, aber sie sah ihn jetzt ganz anders. Beinahe hätte sie die ewige, ängstliche Frage aller Frauen gestellt: Liebt Ihr mich?
Doch mit einem Mal meldete sich ihr Stolz, denn ihr fiel wieder ein, was er zu ihr gesagt hatte. »Ihr werdet kommen … Sie sind alle von ganz allein gekommen.«
Um ihre Verwirrung zu zerstreuen, lenkte sie das Gespräch wieder auf die Wissenschaft; ein Gebiet, auf dem sie einander merkwürdigerweise begegnet waren und ihre Freundschaft sich gefestigt hatte.
»Offenbar macht es Euch ja nichts aus, Euer Geheimnis preiszugeben. Warum weigert Ihr Euch dann, diesen Mönch Bécher zu empfangen, auf den Monseigneur so große Stücke zu halten scheint?«
»Pah! Natürlich könnte ich versuchen, ihm in dieser Sache entgegenzukommen. Mein Geheimnis aufzudecken bereitet
mir keine Sorge, sondern nur, ob ich es ihm verständlich machen kann. Wahrscheinlich werde ich mich vergeblich mühen, ihm zu beweisen, dass man die Materie zwar transformieren, aber nicht transmutieren kann. Die Geister, die uns umgeben, sind noch nicht reif für diese Erkenntnisse. Und der Stolz dieser falschen Gelehrten ist so groß, dass sie Zeter und Mordio schreien werden, wenn ich ihnen erkläre, dass meine beiden wichtigsten Helfer bei meinen Forschungen ein Mohr mit schwarzer Haut und ein grober Klotz von einem sächsischen Bergmann gewesen sind.«
»Ihr meint Kouassi-Ba und den buckligen Alten aus Argentières, Fritz Hauer?«
»Ja. Kouassi-Ba hat mir erzählt, dass er als Kind gesehen hat, wie man das Gold nach den alten Methoden der Ägypter bearbeitete. Das ist gewesen, als er noch frei war, irgendwo tief im Inneren seines wilden Afrika nahe der Gewürzinsel Sansibar. Die Pharaonen und König Salomo unterhielten dort sogar ihre Goldminen; aber ich frage Euch, meine Teuerste, was würde
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