Angélique - Hochzeit wider Willen
Monseigneur wohl sagen, wenn ich ihm anvertraute, dass es mein schwarzer Diener Kouassi-Ba ist, der König Salomos Geheimnis hütet? Dabei hat tatsächlich er mich bei meinen Forschungen im Laboratorium beraten und mich auf den Gedanken gebracht, mich mit gewissen Gesteinen zu befassen, die Gold in unsichtbarer Form enthalten. Und Fritz Hauer ist das Urbild eines Bergmanns, ein Mann der Gänge und Stollen, ein Maulwurf, der nur tief unter der Erde atmen kann. Diese sächsischen Bergleute geben ihre Verfahren vom Vater auf den Sohn weiter. Ihnen habe ich es zu danken, dass ich mich endlich auf den verschlungenen Wegen der Natur zurechtgefunden habe und mit meinen verschiedenen Ingredienzien ins Reine kam; Blei, Gold, Silber, Vitriol, Quecksilbersublimat und andere.«
»Ihr konntet Quecksilbersublimat und Vitriol herstellen?«,
fragte Angélique, der diese Worte zumindest vage bekannt waren.
»Genau, und dadurch konnte ich beweisen, dass alle Alchemie nichtig ist; denn aus dem Quecksilbersublimat kann ich nach Belieben entweder das Quecksilber herauslösen oder gelben und roten Merkur erzeugen, und die beiden Letzteren kann ich wieder in Quecksilber zurückverwandeln. Dabei steigt nicht etwa das Anfangsgewicht in Quecksilber, sondern im Gegenteil, es vermindert sich, da ein Teil davon verdampft. Ebenso kann ich durch gewisse Verfahren Silber aus Blei ziehen und Gold aus anscheinend taubem Gestein. Doch wenn ich über die Tür meines Laboratoriums die Worte ›Nichts geht verloren, nichts wird neu geschaffen‹ einhauen ließe, würde meine Philosophie sehr gewagt erscheinen, ja, sogar im Widerspruch zum Geist der Genesis.«
»Ist es nicht ein ähnliches Verfahren, durch das Ihr die mexikanischen Goldbarren, die Ihr in London kauft, nach Argentières bringen lasst?«
»Ihr seid ein kluges Köpfchen, und ich finde, dass dieser Molines zu geschwätzig ist. Nun gut, egal! Wenn er geredet hat, dann wohl, weil er sich ein zutreffendes Urteil über Euch gebildet hat. Ja, man kann die spanischen Barren in einem Schmelzofen mit Pyrit oder Bleiglanz umschmelzen. Dadurch nehmen sie das Aussehen von grauschwarzer, körniger Schlacke an, die selbst bei den pedantischsten Zöllnern nicht den geringsten Argwohn erweckt. Und diesen ›Rohstein‹ tragen dann die guten kleinen Maultiere Eures Vaters von England bis ins Poitou oder von Spanien nach Toulouse, wo er dann durch meine Kunst oder die meines Sachsen Hauer wieder in schönes, glänzendes Gold verwandelt wird.«
»Das ist aber Betrug an der Steuer«, merkte Angélique ein wenig streng an.
»Ihr seid anbetungswürdig, wenn Ihr so redet. Dieser Betrug
schadet weder dem Königreich noch Seiner Majestät und macht mich reich. Im Übrigen werde ich Fritz in Kürze kommen lassen, um die Goldader, die ich in einer Gegend namens Salsigne, in der Nähe von Narbonne, entdeckt habe, für den Abbau vorzubereiten. Mit dem Gold aus diesem Bergwerk und dem Silber aus dem Poitou brauchen wir das Edelmetall aus Amerika nicht mehr, und dann ist auch dieser Betrug, wie Ihr ihn nennt, nicht mehr notwendig.«
»Warum habt Ihr denn nicht versucht, dem König Eure Entdeckungen nahezubringen? Vielleicht gibt es in Frankreich ja noch andere Gebiete, in denen man durch Eure Methoden Edelmetall abbauen könnte, und der König wäre Euch gewiss dankbar.«
»Der König ist weit weg, meine Schönste, und ich bin nicht zum Höfling geschaffen. Nur Menschen von dieser Sorte sind in der Lage, einen gewissen Einfluss auf das Geschick des Königreichs zu nehmen. Beispielsweise will ich gar nicht leugnen, dass Monsieur de Mazarin der Krone ergeben ist, doch vor allem ist er ein Intrigant, der sich auf internationaler Ebene betätigt.«
Er verstummte. Offenbar interessierte ihn dieses Thema nicht, oder er zog es vor, sich darüber nicht weiter auszulassen.
Die Hitze wurde drückender, und mit einem Mal begann die Stadt unter dem Läuten von tausend Glocken, die zum Angelus-Gebet riefen, zu beben. Die junge Frau bekreuzigte sich fromm und murmelte das entsprechende Gebet an die Jungfrau Maria. Die klingende Flut, die von draußen hereindrang, rollte über sie hinweg, und etliche Minuten lang vermochten Angélique und ihr Mann, die am offenen Fenster saßen, kein Wort zu wechseln. Also schwiegen sie, und diese stille Vertrautheit, die inzwischen öfter zwischen ihnen entstand, wühlte Angélique auf.
Nicht nur, dass seine Gegenwart mir nicht missfällt; nein, ich fühle mich sogar beinahe
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