Angélique - Hochzeit wider Willen
gegeben hätte.«
Während sie sprachen, ging die kleine Gruppe in Richtung Bibliothek, die der Graf den anderen zuvor noch zeigen wollte. Der Mönch Bécher, für den dieser Besuch eine seit langer Zeit erhoffte, glückliche Gelegenheit war, stellte Fragen über Fragen, die Joffrey de Peyrac geduldig und resigniert beantwortete.
Angélique folgte den beiden, eskortiert von dem Chevalier de Germontaz. Dieser ließ sich keine Gelegenheit entgehen, sie zu streifen und ihr provozierende Blicke zuzuwerfen.
Er ist wahrhaftig ein ungehobelter Bursche, sagte sie sich. Er ähnelt einem dicken Weihnachtsspanferkel, das mit Blumen und Rüschen geschmückt ist.
»Was ich nicht ganz verstehe«, meldete sich die junge Frau laut zu Wort, »ist, was ein Besuch im Laboratorium meines Gatten mit Eurem neuen kirchlichen Amt zu tun haben soll.«
»Ich gestehe, dass ich es ebenfalls nicht begreife, aber mein Onkel hat es mir lange erklärt. Offenbar ist die Kirche weniger reich und weniger mächtig, als es den Anschein hat und vor allem, als sie es verdient hätte. Zudem beklagt mein Onkel die Zentralisierung der königlichen Macht zum Nachteil der Rechte von Regionen wie dem Languedoc. Mehr und mehr beschneidet man die Zuständigkeiten der Kirchenversammlungen und sogar des regionalen Parlaments, dessen Präsident er, wie Ihr wisst, ist. Stattdessen wird die Autorität des Provinzintendanten und seiner Handlanger bei der Polizei, den Finanzen und der Armee gestärkt. Dieser Invasion verantwortungsloser königlicher Delegierter will er ein Bündnis hochgestellter Persönlichkeiten aus der Provinz entgegensetzen. Nun aber sieht er, dass Euer Gatte ein enormes Vermögen angesammelt hat, ohne dass die Stadt oder die Kirche daraus einen Vorteil zögen.«
»Aber Monsieur le Chevalier, wir spenden für wohltätige Werke.«
»Das reicht nicht. Er will dieses Bündnis.«
Für einen Schüler des Großinquisitors drückt er sich wenig nuanciert aus, dachte Angélique, es sei denn, es handelt sich um eine gut auswendig gelernte Lektion.
»Alles in allem«, fuhr sie fort, »ist also Monseigneur der Meinung, dass alle Vermögen der Provinz in die Hände der Kirche übergehen sollten?«
»Die Kirche muss an erster Stelle stehen.«
»Mit Monseigneur an der Spitze! Ihr versteht ausgezeichnet zu predigen, wisst Ihr! Da erstaunt es mich nicht, dass man
Euch für ein Kirchenamt bestimmt. Richtet Eurem Onkel mein Kompliment aus.«
»Das werde ich auf jeden Fall, liebenswürdige Dame. Euer Lächeln ist bezaubernd, doch ich glaube, in Euren Augen wenig Nachsicht für mich zu erkennen. Vergesst nicht, dass die Kirche immer noch die höchste Macht darstellt, insbesondere bei uns im Languedoc.«
»Ich sehe vor allem, dass Ihr ein überzeugter Lehrling der Kirche seid, trotz Eurer Bänder und Spitzen.«
»Reichtum ist ein überzeugendes Argument. Mein Onkel hat verstanden, es bei mir anzuwenden. Ich werde ihm nach besten Kräften dienen.«
Schroff klappte Angélique ihren Fächer zu. Es überraschte sie nicht mehr, dass der Erzbischof seinem fetten Neffen vertraute. Die beiden waren von grundverschiedenem Charakter, doch ihr Ehrgeiz einte sie.
In der Bibliothek, die hinter geschlossenen Fensterläden im Halbdunkel lag, bewegte sich jemand und verneigte sich bei ihrem Eintreten tief.
»Herrje, was habt Ihr denn hier zu suchen, Maître Clément?«, verlangte der Graf leicht erstaunt zu wissen. »Niemand darf sich ohne meine Erlaubnis hier aufhalten, und ich kann mich nicht erinnern, Euch den Schlüssel gegeben zu haben.«
»Monsieur le Comte möge mir vergeben; ich wollte in diesem Raum selbst sauber machen, denn ich möchte die Fürsorge für diese kostbaren Bücher keinem ungeschliffenen Dienstboten anvertrauen.«
Eilig sammelte er Staubtuch, Bürste und Trittleiter ein und zog sich unter weiteren Bücklingen zurück.
»Wahrlich«, seufzte der Mönch, »ich verstehe schon, dass ich hier äußerst seltsame Dinge sehen werde: eine Frau in einem
Laboratorium und einen Diener in einer Bibliothek, der mit seinen unreinen Händen die Grimoires berührt, die doch alle Wissenschaften enthalten! Immerhin stelle ich fest, dass Euer Ruf darum nicht weniger groß ist! Dürfte ich einmal sehen, was Ihr da habt?«
Er erkannte die kostbar eingebundenen Klassiker der Alchemie, darunter Das Prinzip von der Erhaltung der Körper oder der Mumien von Paracelsus, Über die Alchemie von Albertus Magnus, Hermetica von Hermann Couringus,
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