Angélique - Hochzeit wider Willen

in einem nichtmetallischen Zustand.«
Der Mönch wirkte nicht besonders überzeugt. Er hüstelte und sah sich um.
    »Was sind das für Röhren und schmale Kästen?«
    »Dies ist ein auf chinesische Art gefertigter Stoßheber zur Förderung von Wasser. Damit führe ich Versuche durch, um Gold aus Sand zu waschen und mittels Quecksilber zu gewinnen.«
     
    Kopfschüttelnd trat der Priester vorsichtig an einen röhrenden Ofen heran, in dem verschiedene, teilweise rotglühende Schmelztiegel standen.
    »Dies ist gewiss eine schöne Anlage«, meinte er, »doch nichts, was von fern oder von nahe einem ›Athanor‹ oder dem berühmten ›Haus für das Ei der Weisen‹ ähneln würde.«
     
    Peyrac lachte, bis er fast keine Luft mehr bekam. Dann, als er sich etwas beruhigt hatte, entschuldigte er sich.
    »Verzeiht mir, Pater, aber die letzte Sammlung dieser ehrenwerten Dummheiten ist bei der Knallgold-Explosion, deren Zeuge Monseigneur kürzlich war, zerstört worden.«
     
    »Monseigneur hat mir in der Tat davon berichtet«, meinte Bécher mit ehrerbietiger Miene. »Ihr bringt es also immerhin fertig, ein instabiles Gold zu fertigen, das explodiert?«
    »Um Euch nichts zu verhehlen: Ich bringe es sogar fertig, rauchendes Quecksilber zu erzeugen.«
    »Aber das Ei der Weisen?«
    »Das habe ich in meinem Kopf!«
    »Ihr lästert!«, gab der Mönch erregt zurück.
     
    »Was ist das für eine Geschichte mit dem Huhn und dem Ei?«, rief Angélique aus. »Davon habe ich noch nie gehört.«
    Bécher warf ihr einen verächtlichen Blick zu. Doch da er
sah, dass der Graf de Peyrac ein Lächeln unterdrückte und der Chevalier de Germontaz unumwunden gähnte, gab er sich in Ermangelung eines besseren mit diesem bescheidenen Publikum zufrieden.
    »Im Ei der Weisen wird das Große Werk vollbracht«, erklärte er und durchbohrte die weit aufgerissenen Augen der jungen Frau mit seinem fanatischen Blick. »Das Große Werk wird auf gereinigtem Gold durchgeführt, das für die Sonne steht, und auf feinem Silber, dem Mond, denen man Quecksilber, Merkur, beimischt. In einem Ei der Weisen, einem verschlossenen, eiförmigen Schmelzgefäß, unterwirft der Alchemist sie der an- und absteigenden Hitze eines wohlgeregelten Feuers, Vulkan. Dadurch entwickeln sich in der verwesenden Masse die Schöpfungskräfte der Venus, deren sichtbarer Ausdruck der Stein der Weisen ist, die regenerierende Substanz. Von diesem Moment an vollziehen sich die Reaktionen im Inneren des Schmelztiegels in einer bestimmten Reihenfolge, die der Entstehung der Materie entsprechen. Vor allem muss man auf die drei Farben achtgeben. Schwarz, Weiß und Rot stehen jeweils für die Schwärzung oder Putrefaktion, die Weißung und schließlich die Rötung. Kurz gesagt, für die Abfolge von Tod und Wiederauferstehung, die laut der alten Philosophie jede lebende Substanz durchmachen muss, um neu erstehen zu können.
    Der Weltgeist, der als Mittler zwischen den universellen Geist und den universellen Körper tritt, ist der Ursprung jeder Schöpfung und verleiht den vier Elementen Leben. Dieser Geist ist im Gold enthalten, doch ach, dort bleibt er gefangen und unwirksam und muss durch den Weisen befreit werden.«
    »Und was genau unternehmt Ihr, Pater, um ihn zu befreien, diesen Geist, der die Grundlage von allem ist und der im Gold eingesperrt sitzt?«, verlangte Peyrac in sanftem Ton zu wissen.
Doch der Alchemist war jeglicher Ironie gegenüber unempfänglich. Den Kopf nach hinten geworfen, gab er sich seinem alten Traum hin.
    »Um ihn zu befreien, bedarf es des Steins der Weisen. Doch dies genügt noch nicht. Man muss mit einem den Vorgang auslösenden Pulver den Anstoß geben und das Phänomen auslösen, das alles in pures Gold verwandelt.«
     
    Einen Moment lang verstummte er gedankenverloren.
    »Nach Jahren und Jahren der Forschung glaube ich behaupten zu können, dass ich zu gewissen Ergebnissen gekommen bin. So habe ich Quecksilber oder Merkur, das weibliche Prinzip, mit Gold gemischt, das männlich ist, jedoch ein ausgewähltes, reines Blattgold, und diese Mischung in den Athanor oder das ›Haus des Huhns der Weisen‹ gegeben, das Heiligtum, den Tabernakel, den jedes alchemistische Laboratorium besitzen muss. Dieses Ei, eine Glasretorte von perfekter ovaler Form, die hermetisch versiegelt wird, damit nichts von der Materie daraus entweichen kann, habe ich in einen mit Asche gefüllten Napf gestellt und diesen in den Ofen gesetzt. Nun hat dieses Quecksilber durch die Hitze und