Angélique - In den Gassen von Paris
Mörser habe zur Hälfte aus Holz und zur anderen Hälfte aus Blech zu bestehen und müsse leicht angewärmt werden. Diese Gerätschaft heiße »metatl«, ein Name, der von den Azteken oder roten Männern aus Amerika herrühre.
»Auf dem Pont-Neuf habe ich einmal einen dieser roten Männer gesehen«, meinte Angélique. »Vielleicht könnte man ihn auftreiben. Bestimmt wird die Schokolade noch besser, wenn er sie zermahlt.«
»Mein Vater war kein Indianer, und seine Schokolade war berühmt«, widersprach Chaillou, der jeder Ironie gegenüber unempfänglich war. »Es geht also auch ohne echte Indianer. Zum Kochen benötigt man große, gusseiserne Töpfe. Aber zuvor muss man die Schalen, die Häute und die Keime absieben und vor allem das Pulver sehr fein zerkleinern. Dann kommt eine angemessene Menge Zucker hinzu sowie Gewürze und andere Zutaten.«
»Nun gut«, schloss Angélique, »angenommen, wir können die Gerätschaften deines Vaters und Kakaobohnen herbeischaffen… könntest du dann dieses Getränk herstellen?«
David wirkte überrumpelt. Doch angesichts von Angéliques Miene sagte er Ja und wurde mit einem strahlenden Lächeln und einem freundschaftlichen Klaps auf die Wange belohnt.
Von diesem Moment an versuchte Angélique, sich bei jeder Gelegenheit darüber zu informieren, was man in Frankreich bereits über dieses nichtalkoholische Getränk wusste.
Sie ging noch einmal zur Zwergin der Königin, dieses Mal, um das Getränk zu kosten, bevor es mit Chili gewürzt und durch zu viel Zucker angedickt war, und fand es schmackhaft. Doña Teresita, die stolz auf ihr Geheimnis war, versicherte ihr, nur wenige Menschen, sämtlich Ausländer, seien in der Lage, die Schokolade zuzubereiten. Doch der gewitzte Barcarole erklärte ihr, er habe von einem jungen Mann aus bürgerlichem Hause gehört, der nach Italien gefahren sei, um die dortige Küche zu studieren, und sich ganz ausgezeichnet auf die Bereitung des Getränks verstehe.
Dieser junge Mann namens Audiger sei, wie man ihm gesagt habe, derzeit Haushofmeister beim Grafen de Soissons und stehe kurz davor, die Erlaubnis zur Herstellung von Schokolade in Frankreich zu erhalten.
Nein, nur das nicht, dachte Angélique. Ich besitze das exklusive Patent auf die Herstellung.
Sie beschloss, weitere Informationen über den Haushofmeister Audiger einzuholen. Zumindest bewies dieser Umstand, dass die Idee mit der Schokolade in der Luft lag und dass sie sich beeilen musste, sie durchzuführen, wenn sie sich nicht von Konkurrenten abhängen lassen wollte, die geschickter waren oder über mächtigere Gönner verfügten.
Als sie einige Tage später damit beschäftigt war, mit Linots Hilfe Blumen in die Zinnvasen auf den Tischen zu stecken, kam ein gut aussehender und prächtig gekleideter junger Mann die Eingangstreppe herunter und trat auf sie zu.
»Ich heiße Audiger und bin der Haushofmeister des Grafen de Soissons«, erklärte er. »Ich habe gehört, Ihr hättet
vor, Schokolade herzustellen, besäßet aber kein Patent darauf. Nun, ich befinde mich im Besitz dieses Patents. Daher bin ich gekommen, um Euch in aller Freundschaft zu warnen. Sinnlos, diese Idee weiterzuverfolgen. Wenn Ihr es doch tut, werde ich Euch besiegen.«
»Ich bin sehr dankbar für Eure Aufmerksamkeit, Monsieur«, antwortete sie. »Aber wenn Ihr so sicher seid, den Sieg davonzutragen, begreife ich nicht, warum Ihr mich aufsucht, denn Ihr geht ein Risiko ein, indem Ihr mir einen Teil Eurer Waffen zeigt und möglicherweise sogar die Schwachstelle Eures Plans verratet.«
Verunsichert zuckte der junge Mann zusammen. Er betrachtete seine Gesprächspartnerin jetzt aufmerksamer und verzog die Lippen, die von einem schmalen braunen Schnurrbart betont wurden, zu einem Lächeln.
»Gott, seid Ihr hübsch, meine Kleine!«
»Wenn Ihr das Feuer auf diese Weise eröffnet, frage ich mich allerdings, welche Schlacht Ihr hier zu schlagen hofft«, meinte Angélique, konnte sich aber eines Lächelns ebenfalls nicht erwehren.
Audiger warf Mantel und Hut auf einen Tisch und setzte sich Angélique gegenüber. Kurz darauf unterhielten sie sich ganz freundschaftlich.
Er war etwa dreißig Jahre alt und neigte ein wenig zur Fülle, was seiner guten Figur aber keinen Abbruch tat. Wie alle Leibköche großer Herrschaften trug er ein Schwert und war ebenso gut gekleidet wie sein Dienstherr.
Wie er erzählte, waren seine Eltern Kleinbürger aus der Provinz gewesen und hatten an der Grenze zwischen
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