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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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getrunken, der es nicht verdient, ›Krätzer‹ genannt zu werden. Ich würde ihn gern den Gästen meiner Schänke, unter ihnen viele Weinliebhaber, vorsetzen, in der mein Onkel und ich auch Speisen servieren. Unser Lokal liegt in der Rue de la Vallée-de-Misère.«
    »Im Herzen von Paris, und noch dazu auf dem rechten Seine-Ufer. Niemals bekomme ich die Konzession, bis dorthin zu liefern!«
    Zuerst einmal schimpfte er auf die Seine, die sich mit ihren Windungen um Paris zog wie eine Schlange, um es zu ersticken. Dann waren da die Vorstädte und das umliegende Land, die die guten Leute aus der Gegend daran hinderten, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen; denn sie mussten die Fährleute bezahlen, um sich übersetzen zu lassen, oder die Maut auf den Brücken, die weit voneinander entfernt lagen und von denen aus es, wenn man sie
dann einmal überquert hatte, immer noch weit bis zu den Stadttoren war. Gar nicht zu reden von den Zöllen, die man für jegliche Handelsware entrichten musste. Auch der Ausbau von Versailles, das kaum zwei Meilen entfernt lag, brachte seiner Meinung nach mehr Scherereien als Vorteile ein.
    Er war ganz und gar nicht erfreut über die Nähe des königlichen Hofs, von dem seine Herberge im Lauf der Jahrhunderte doch gut gelebt hatte. Im Gegenteil, er verhehlte nicht, dass er das Gewimmel dieser ungeordneten Menschenmengen fürchtete, in denen sich das Gebrüll der Fuhrleute mit dem Geschrei der großen Herren und ihrer Kutscher mischte. Und das alles wurde noch vom Wiehern der Karren- und Kutschpferde untermalt, die direkt unterhalb der Herberge noch einmal angefeuert wurden, um den Hang, der vor ihnen lag, zu erklimmen.
    Nach Versailles!, rief es von überall her.
    Was seinen »Krätzer« anging, dessen Güte sie gelobt hatte, so konnte er ihn kaum losschlagen, denn rund um seinen Besitz trieben die Vertreter der verschiedenen königlichen oder fürstlichen Häuser ihre Betrügereien. Jeder wollte handeln, ohne sich um ihre Rechte zu kümmern, die Rechte der Ortsansässigen. Hatte sie denn nicht gesehen, wie jeder beliebige Gardist an den Schlägen der Kutschen seinen Anteil einforderte, als ziehe er die Steuern des Königs ein?
     
    Er hatte einem ausländischen Freund, dem dänischen Botschafter, ein Versprechen gegeben. Der Mann hatte sich auf dem Weg nach Versailles an seinen Tisch gesetzt und träumte jetzt nur noch davon, seinen Wein auch daheim genießen zu können. Er wollte eine ordentliche Anzahl von Fässern in sein Land transportieren, da er nichts Besseres
kannte, um die Düsternis der Winter im Norden zu vertreiben.
    »Aber vor wem soll ich Klage führen? Etwa vor Seiner Majestät persönlich?«
    »Warum nicht?«, gab sie zurück. »Das könntet Ihr doch. Aber ich glaube, dass Ihr die Hindernisse übertreibt, die sich Eurer Freiheit in den Weg stellen. Warum kümmert Ihr Euch um die Verbote, die Euch daran hindern, Euren Wein nach Paris zu bringen? Von all den Sorgen, die Euch drücken, ist diese ja wohl die geringste.«
    »Die Maut …«
    »Ein reiner Popanz! Wer soll sie denn einziehen? Zollbeamte, die Euch nicht kennen, denn ich sehe keine Spur von ihnen hier? Oder schlimmstenfalls die Leute, über die Ihr klagt, nämlich die Bauernfänger und Spitzbuben aus den fürstlichen Häusern, die dem Naiven, der sich auf dem Weg nach Versailles mit guten Weinen versorgt, sein Geld abnehmen. Und dieser stellt sich auch noch vor, dass er für die Ehre oder die Steuer des Königs zahlt … Ihr seid doch aus Paris, von diesem Seine-Ufer, und befindet Euch darüber hinaus auf Eurem eigenen Gebiet, das noch der Kathedrale gehört. Ich habe mich da kundig gemacht …«
     
    Sie fing den raschen, lebhaften Seitenblick auf, den er ihr aus seinen blauen Augen zuwarf, bevor er sich erneut der Betrachtung des Horizonts widmete; und sie vermutete, dass seine verstorbene Frau ihm mit ganz ähnlichen Worten zu dem Thema seines »Krätzers« zugesetzt hatte.
    Sie schaute genau wie er in die Ferne, sprach aber jetzt weniger energisch weiter.
    »Die Schleichwege sind zahlreich, und Ihr kennt sie ebenso gut wie ich. Zum Beispiel… die Sandgruben von Auteuil. Der Kahn könnte doch auf der Rückfahrt nach Paris
eine stattliche Anzahl Fässer dort abladen. Ich würde es übernehmen, sie zu meinem Lokal zu transportieren; und wenn Ihr mir Mittelsleute nennt, auch zu Eurem Freund von der dänischen Botschaft.«
     
    So diskutierten sie und arbeiteten die Bedingungen für diese delikate Transaktion aus,

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