Angélique - In den Gassen von Paris
Südens, dass du alles so kleinlich anschaust wie ein kaltherziger Geizkragen? Behaupte nicht noch einmal, du wärest aus Toulouse.«
»Doch, ich komme aus Toulouse«, protestierte der Küchenjunge. »Mein Vater war Monsieur Chaillou. Sagt der Name Euch denn gar nichts?«
»Nein. Was genau war denn der Beruf deines Vaters?«
Der hoch aufgeschossene David wirkte enttäuscht wie ein Kind, dem man sein Bonbon weggenommen hat.
»Aber das wisst Ihr doch! Der bekannte Gewürzhändler an dem Place de la Garonne! Der Einzige, der exotische Würzkräuter für die Küche führte!«
Damals bin ich nicht selbst einkaufen gegangen, dachte Angélique.
»Er war früher Koch auf den Schiffen des Königs und hatte von seinen Reisen viele unbekannte Dinge mitgebracht«, hob David erneut an. »Ihr wisst doch… Er war es, der in Toulouse die Schokolade einführen wollte.«
Angélique musste sich Mühe geben, um ein Ereignis, an das sie das Wort Schokolade erinnerte, aus ihrem Gedächtnis hervorzugraben. Ja, sie hatte in den Salons davon gehört. Sie erinnerte sich wieder an den empörten Kommentar einer Toulouser Dame.
»Schokolade? Aber das ist doch ein Indianergetränk«, sagte sie.
David wirkte verstört, denn schon jetzt hatten Angéliques Meinungsäußerungen für ihn eine übersteigerte Bedeutung bekommen.
Er trat nahe an sie heran und erklärte, um sie von den großartigen Ideen seines Vaters zu überzeugen, werde er ihr ein Geheimnis anvertrauen, das er noch nie jemandem verraten habe, nicht einmal seinem Onkel.
Er versicherte, sein Vater, der in jungen Jahren viel herumgekommen sei, habe die Schokolade, die man aus Mexiko importiere, in verschiedenen fremden Ländern probiert. So habe er sich in Spanien, Italien und sogar Polen von den ausgezeichneten Eigenschaften des neuartigen Produkts überzeugen können, das von angenehmem Geschmack sei und hervorragende medizinische Eigenschaften besitze.
Nachdem der junge David sich einmal auf dieses Thema eingelassen hatte, war er nicht mehr aufzuhalten. In seinem Bemühen, das Interesse der Dame seines Herzens zu fesseln, rasselte er mit schriller Stimme alles herunter, was er darüber wusste.
»Puh,« meinte Angélique, die nur mit einem Ohr zuhörte, »ich habe dieses Getränk noch nie gekostet und fühle mich auch nicht versucht. Es heißt, die Königin, die Spanierin ist, sei ganz versessen darauf. Aber genau deswegen fühle sich der ganze Hof durch diese Geschmacksverirrung bestürzt und spotte über sie.«
»Das liegt daran, dass die Höflinge nicht an die Schokolade gewöhnt sind«, versicherte der Kochlehrling, was durchaus Logik hatte. »Mein Vater dachte ebenso und hat sich einen königlichen Patentbrief ausstellen lassen, der ihn zur Bekanntmachung dieses neuen Produkts berechtigte.
Aber leider ist er gestorben, und da meine Mutter schon vor ihm tot war, kann nur noch ich mich dieses Patents bedienen. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das anfangen soll. Mit meinem Onkel habe ich noch nicht darüber gesprochen. Ich fürchte, er wird sich über mich und meinen Vater lustig machen. Er wiederholt ja bei jeder Gelegenheit, mein Vater sei verrückt gewesen.«
»Du bist also im Besitz dieses Patents?«, verlangte Angélique schroff zu wissen. Sie blieb stehen und stellte ihre Körbe ab, um ihren jungen Verehrer scharf anzusehen.
Dieser wurde angesichts des Blicks aus ihren strahlend grünen Augen beinahe ohnmächtig. Wenn Angélique mehr oder weniger intensiv nachdachte, bekamen ihre Augen ein beinahe magnetisches Leuchten, das seinen Eindruck auf ihren Gesprächspartner nie verfehlte, zumal dieser sich den Grund für dieses Strahlen nicht immer erklären konnte.
Der arme David war wegen dieser Augen verloren und leistete keinen Widerstand.
»Hast du ihn, diesen Brief?«, fragte Angélique noch einmal.
»Ja«, flüsterte er.
»Welches Datum trägt er?«
»Den 28. Mai 1659, und er gilt für neunundzwanzig Jahre.«
»Kurz gesagt, du hast neunundzwanzig Jahre lang die Erlaubnis, dieses exotische Produkt herzustellen und zu vertreiben?«
»Nun, ja…«
»Man müsste wissen, ob diese Schokolade nicht gefährlich ist«, murmelte Angélique nachdenklich, »und ob die Leute Geschmack daran finden würden. Hast du schon davon gekostet?«
»Ja.«
»Und was hältst du davon?«
»Also ich«, meinte David, »finde das Getränk ziemlich süß. Wenn man Pfeffer und Piment hineintut, schmeckt es ein wenig würziger. Ich ziehe allerdings ein schönes Glas
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