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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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Muskete zu schießen. Er fand den Dauphin reichlich träge.
»Ich bemühe mich ein wenig, ihm sein linkisches Wesen abzugewöhnen, aber da ist Hopfen und Malz verloren!« seufzte er. »Ich sage Euch das im Vertrauen, Mutter, und ich möchte nicht, dass es in falsche Ohren kommt. Es könnte meiner Karriere schaden.«
»Ich weiß, ich weiß, mein Sohn«, stimmte Angélique lachend zu, wenn auch ein wenig beunruhigt ob dieses frühreifen Scharfsinns. Sie wusste überdies, dass der kleine Dauphin Florimond bis ans Ende der Welt gefolgt wäre, bezwungen von seinen feurigen schwarzen Augen und seiner soldatischen Vitalität.
Ja, Florimond war bezaubernd. Er gefiel und er hatte überall Erfolg. Sie hatte ihn im Verdacht, höchst egoistisch zu sein – wie alle Kinder vermutlich. Und sie gestand sich melancholisch, dass auch er ihr entwachsen war.
Er fuchtelte mit dem Degen.
»Seht... seht, Mutter. Ich pariere, ich täusche… ich mache einen Ausfall... da, mitten ins Herz! Mein Gegner liegt am Boden... Tot!«
Er war schön. Die Lebenslust hatte ihre Flamme in ihm entzündet. Aber würde er noch das Bedürfnis haben, seinen Kummer an ihrer Schulter auszuweinen? Kinderherzen reiften rasch in der strahlenden Sonne des Hofs.
    Die Nachricht von der Niederlage am Kap Passero platzte im Juni mitten in ein Fest, das letzte, das der König gab, bevor er zu seinem lothringischen Feldzug aufbrach. Man erfuhr, dass die Galeeren Monsieur de Vivonnes auf der Höhe von Sizilien von einer berberischen Flotte angegriffen worden waren. Vivonne hatte in eine Bucht nahe dem Kap flüchten müssen. Er war sehr niedergeschlagen, obwohl es sich nur um ein Scharmützel gehandelt hatte, bei dem lediglich zwei von den zwanzig Galeeren, die er befehligte, versenkt worden waren. Freilich hatte sich auf einer von ihnen ein großer Teil der Leute seines Hausstands befunden, und Monsieur de Vivonne hatte die Unannehmlichkeit gehabt, seine zehn Tafeldiener, seine vier Kammerdiener, die zwanzig Choristen seiner Kapelle, seinen Hausgeistlichen, seinen Haushofmeister, seinen Stallmeister und seinen kleinen Pagen mit der Gitarre in den Wellen versinken zu sehen.

Fünfundzwanzigstes Kapitel

    Kaum jemand sprach Madame du Plessis-Bellière sein Beileid aus, denn der Sohn, den sie am Kap Passero verloren hatte, war ja erst ein Kind gewesen. Zählte denn ein Kind?
Die Sommerstille, die die Lustbarkeiten des Hofs für eine Weile unterbrach, erlaubte ihr, sich in Paris ihrem Kummer hinzugeben. Sie konnte die grauenhafte Nachricht nicht fassen. Es war unvorstellbar. Cantor konnte nicht sterben. Er war doch das Kind des Wunders! Lange vor seiner Geburt schon hatte er dem Gift getrotzt, mit dem man seine Mutter aus dem Weg hatte schaffen wollen. Unter den modrigen Gewölben des Hôtel-Dieu, zwischen den Ärmsten der Armen hatte er das Licht der Welt erblickt. Er hatte die ersten sechs Monate seines Lebens in einem Stall verbracht, sich selbst überlassen, mit Schorf bedeckt, an einem schmutzigen Halm saugend, um sein Hungergefühl zu dämpfen. Er war von den Zigeunern für sieben Sous gekauft worden... Er hatte das Schlimmste überlebt! Und nun wagte man zu behaupten, dieser robuste, unbezähmbare kleine Körper sei des Lebens beraubt… Torheit! Wer so redete, kannte den kleinen Cantor nicht!
Angélique weigerte sich, der bitteren Tatsache ins Gesicht zu sehen. Barbe grämte sich Tag und Nacht; um ihre Gesundheit besorgt, redete Angélique ihr schließlich energisch zu.
»Gewiss, Madame, gewiss«, erwiderte die Magd schluchzend. »Madame kann das nicht verstehen. Madame hat ihn nicht wie ich geliebt.«
Wie von einem harten Schlag getroffen, wandte Angélique sich schweigend ab und kehrte in ihr Zimmer zurück. Sie setzte sich vor das offene Fenster. Es ging auf den Herbst zu, ein feiner Regen fiel herab, der das Licht des sich neigenden Tages zu einem gedämpften Leuchten filterte. Angélique bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Ihr Herz war schwer. Schwer von einer Reue, die nichts jemals würde auslöschen können. Der Reue darüber, dass sie sich allzu selten die Zeit genommen hatte, den kleinen Cantor auf ihre Knie zu heben, ihn auf seine runden Wangen zu küssen. Die Physiognomie ihres Kindes blieb ihr rätselvoll. Weil es ihr ähnelte, weil es all ihren kleinen Brüdern de Sancé ähnelte, die sie um sich her hatte aufwachsen sehen, wurde sie sich nicht hinreichend bewusst, dass Joffrey de Peyrac auch Cantors Vater war. Der positive, abenteuerliebende und

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