Angelique und der Koenig
unterrichtet wie Ihr.«
Mit einer sanften Geste legte er ihr den Mantel um.
»Ich weiß, dass Ihr leicht fröstelt«, sagte er leise und lächelte, während seine Hände auf ihren Schultern verweilten.
Dieser Anblick war es, der sich Madame de Montespan bei ihrem Eintritt bot. Auch sie war ins Kristallkabinett gebeten worden, um sich einen Schmuck nach ihrem Geschmack auszusuchen.
»Habe ich mich etwa zu sehr beeilt, Sire?« meinte sie in einem Ton, der zu spitz klang, um noch scherzhaft zu wirken.
»Keineswegs, meine Schöne. Hier sind Eure Schätze, in denen Ihr nach Herzenslust wühlen könnt.«
»Sofern Madame du Plessis-Bellière mir etwas übrig lässt.«
»Die Reste sind noch recht beachtlich.«
Der König musste lachen.
»Seid Ihr etwa eifersüchtig? Madame du Plessis ist so bescheiden gewesen, dass ich ihr noch diesen Mantel aufgedrängt habe.«
»Immerhin habt Ihr sie zuerst wählen lassen«, erwiderte Athénaïs scharf. Ihr Zorn und ihr Stolz waren immer stärker als ihre Schlauheit.
»Madame du Plessis ist meine Botschafterin beim Abgesandten des Schahs gewesen. Lasst Euch das gesagt sein, dass es von jeher mein Wille war, die Diener des Königreichs zuerst zu belohnen. Meine Favoritinnen kommen erst in zweiter Linie.«
Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu. Madame de Montespan beherrschte sich mühsam.
»Ich sehe es zu gern, wenn Ihr eifersüchtig seid«, fuhr der König fort und fasste sie kräftig um die Hüften. »Ihr scheint in Flammen aufzulodern.«
Er beugte sich über sie und küsste sie genießerisch auf den Nacken, den Schulteransatz.
»Darf ich mich zurückziehen, Sire?« sagte Angélique mit einer Reverenz.
»Einen Augenblick noch, bitte.«
Der König nahm ihre Hand und hob mit gestrenger Miene den Zeigefinger.
»Versprecht mir, dass Ihr Euch mit dieser grässlichen Mixtur, auf die Ihr so großen Wert legt, nicht die Haut einreibt.«
»Ich werde mich davor hüten, Sire.«
»Kann man wissen, auf was für extravagante Ideen eine hübsche Frau verfällt! Jedenfalls vergiftet Euch nicht und verderbt Euch nicht den Teint.«
Mit den Fingerspitzen strich er liebkosend über ihre Wange. »Es wäre schade.«
»Der König hat mit dieser Geste mein Todesurteil unterzeichnet«, dachte Angélique, die im Hinausgehen spürte, wie Madame de Montespans Blick sich gleich einem Messer zwischen ihre Schulterblätter bohrte. Um so bald wie möglich die seltsame Kostbarkeit Savary übergeben zu können, erkundigte sie sich nach etwa vorgesehenen Festlichkeiten, die ihre Anwesenheit in Versailles erfordert hätten, und stieg, als sie erfuhr, dass nichts dergleichen bevorstand, beruhigten Gewissens in ihre Kutsche, in die sie zuvor das Kästchen hatte bringen lassen. Gegen halb zwölf Uhr in der Nacht langte sie bei Meister Savary an und trommelte an den Türladen.
Der Apotheker war noch auf. Bei Angéliques Anblick erblasste er, und sein Kinnbärtchen begann zu zittern. Geheimnisvoll lächelnd, bedeutete Angélique den Dienern, das Kästchen auf dem Ladentisch abzustellen. Mit fiebriger Hand nahm Savary den Deckel ab, zog den Stöpsel heraus und sog gierig den Geruch der Flüssigkeit ein. Diesmal konnte Angélique ihn nicht daran hindern, sich vor ihr auf den Boden zu werfen.
»Mein ganzes Leben lang«, versicherte er, »mein ganzes Leben lang werde ich mich Eurer Gefälligkeit erinnern, Madame. Ihr habt die Mumia nicht nur vor profanen Händen bewahrt, Ihr habt sie auch ungemindert in die meinen gelegt, in die eines Gelehrten, der ihr jahrhundertealtes Geheimnis enthüllen wird. Die kommenden Zeiten werden Euch dafür segnen.«
»Fasst Euch, Meister Savary«, sagte Angélique, die sich ärgerlich gab, um ihre eigene Gemütsbewegung zu verbergen. »Ihr habt allen Grund, mir dankbar zu sein. Um Euretwillen habe ich mich beim König in den Ruf einer grillenhaften und albernen Person bringen und auf prachtvolle Geschenke verzichten müssen, die mich sehr gereizt hätten!«
Doch der Apotheker hörte ihr schon längst nicht mehr zu. Geschäftig war er in den rückwärtigen Raum gestürzt und kam mit Phiolen, Trichtern und Tropfenzählern zurück. Angélique stellte belustigt fest, dass sie überflüssig geworden war, ja, dass er sie überhaupt nicht mehr sah. Sie raffte den weiten Mantel zusammen, den ihr der König geschenkt hatte, und war im Begriff, sich zurückzuziehen, als sich von der Straße her Stimmengewirr vernehmen ließ und ein Bote eintrat.
»Gottlob konnte ich Euch einholen, Madame«, rief er atemlos. »Der
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