Angels - Meine Rache waehrt ewig
sie, zum Beispiel im Internet?
Wenn er einen solchen kranken Gefallen an den Aufnahmen fand, besaß er dann etwa auch Filme von den Entführungen der Mädchen? Davon, wie er sie missbraucht und womöglich umgebracht hatte?
Himmel, hoffentlich nicht. Kristis Finger krampften sich ums Lenkrad, und sie bemühte sich, ihre Fantasie im Zaum zu halten. »Jetzt übertreib mal nicht«, ermahnte sie sich. Schließlich gab es keinen Grund zu dieser Annahme. Wenn so etwas im Internet aufgetaucht wäre, hätte nicht mittlerweile irgendjemand vom College es gesehen? Die Mädchen erkannt?
Vor ihr leuchteten Rücklichter auf.
Jays Pick-up hielt an einer Ampel.
Kristi, ganz in Gedanken versunken, musste hart auf die Bremse treten. Ihr Honda geriet ins Schleudern, das Antiblockiersystem schaltete sich ein. Sie schlang die Arme um sich und wartete auf den Aufprall.
Weniger als einen Zentimeter von der Stoßstange des Toyota entfernt, kam ihr Honda zum Stehen.
»Puh!« Sie atmete aus, dann schnappte sie bei dem Quietschen von Reifen hinter ihr erneut nach Luft. Voller Angst blickte sie in den Rückspiegel und beobachtete hilflos, wie ein großer Van auf sie zugeschliddert kam und nur um Haaresbreite einem Zusammenprall entging.
Ihr Herz raste. Sie erkannte, dass sich Jay zu ihr umdrehte. Sie hob die Hände und drehte die Handflächen nach oben, um auszudrücken, dass sie einen dummen Fehler gemacht hatte. Sie hoffte, dass der Typ in dem Van ihre Entschuldigung ebenfalls bemerkte.
»Konzentrier dich«, sagte sie beschwörend zu sich selbst. Der Regen trommelte auf die Windschutzscheibe, die Scheibenwischer konnten kaum mithalten. Sie musste besser aufpassen. Die Straßen waren rutschig, die Wolken düster und dicht, der Tag trüb und winterlich.
Die Ampel sprang auf Grün. Jay fuhr auf die Kreuzung, und Kristi folgte ihm vorsichtig. Kurz darauf fuhren sie in eine Seitenstraße. Das Auto hinter ihr bog ebenfalls ab.
Es war derselbe dunkle Van, der um Haaresbreite mit ihr kollidiert wäre.
Rechts?
Eine weitere Kurve.
Der Van fiel zurück.
Doch schließlich sah sie seine Scheinwerfer hinter ihr um die Kurve kommen.
Als würde er ihr folgen.
Was lächerlich war. Ihre Fantasie spielte verrückt.
Trotzdem wurde ihr bang ums Herz. Jeder einzelne Nerv in ihrem Körper spannte sich an. Sie untersagte sich, weiter in den Rückspiegel zu schauen, aber sie konnte den Blick einfach nicht abwenden.
War der Typ in dem Van – wenn es tatsächlich noch der Van war, sie war sich nicht ganz sicher – dieselbe Person, die die Überwachungskamera in ihrem Apartment installiert hatte?
Jay bog in eine Sackgasse. Auf dem Straßenschild stand der Name, den er ihr auf die Rückseite seiner Visitenkarte geschrieben hatte.
Sie fuhr vorbei, ohne auf die Bremse zu treten.
Der Wagen hinter ihr blieb an ihr dran, machte keine Anstalten, Jay zu folgen.
Wer zum Teufel bist du?,
fragte sich Kristi und vergewisserte sich, dass sämtliche Autotüren verriegelt waren. Sie fuhr durch die Seitenstraßen der Umgebung, bis sie an eine größere kam. Sie bog nach links ab und blickte in den Rückspiegel.
Tatsächlich folgte ihr der Wagen, vorsichtiger jetzt, und reihte sich in den zunehmenden Verkehr ein. Ihr Handy klingelte, doch sie ignorierte es. Sie musste sich konzentrieren. Nach einem knappen Kilometer – der dunkle Van war zwischen einem Taurus und einem Jeep eingekeilt – sah Kristi eine Ampel vor sich auf Gelb springen.
Perfekt.
Mit klopfendem Herzen umklammerte sie das Lenkrad, trat das Gaspedal durch und erreichte die Kreuzung in dem Moment, als die Ampel rot wurde. Sie raste gerade noch drüber.
Die anderen Autos hielten.
»Das musst du mir erst mal nachmachen, du Scheißkerl!«, jubelte sie. Ihr Handy klingelte erneut.
Sie rauschte an der ersten Seitenstraße vorbei und bog erst bei der zweiten ab, gerade als die Ampel wieder auf Grün sprang.
Verdammt!
Er konnte ihr den Weg abschneiden. Sie bog erneut rechts ab, entdeckte den Parkplatz einer Kirche und fuhr hinauf. Sie stellte die Scheinwerfer aus und fuhr so weit in die Lücke hinter einer wuchernden Lorbeerhecke, dass sie von der Straße aus nicht gesehen werden konnte.
Tatsächlich raste der Van vorbei. Der Fahrer war nur als dunkler Schatten zu erkennen.
Kristi stellte die Scheinwerfer an und bog wieder auf die Straße. Sie sah den Van um ebenjene Ecke biegen, die sie vor drei Minuten genommen hatte. Wenn sie nur nahe genug herankommen könnte, um das Nummernschild zu
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