Angels - Meine Rache waehrt ewig
die Ballistik, die Entomologie bis hin zur forensischen Biologie, darunter auch die Toxikologie tierischer und pflanzlicher Gifte. Außerdem werden wir uns mit Todesursachen und Autopsien befassen.«
Ein junger Typ mit einem Kinnbart wie Frank Zappa und mehreren Ohrringen hob die Hand. »Besteht die Möglichkeit, dass wir an einer Autopsie teilnehmen?«
Die Seminarteilnehmer begannen zu tuscheln, manche aufgeregt, andere angewidert.
»Leider nicht in diesem Semester«, sagte Jay.
»Aber das wäre doch cool!« Kinnbart gab nicht auf.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich cool wäre«, wandte sich Jay an die Seminarteilnehmer, von denen einige kicherten, während andere stöhnten. »Wie ich bereits sagte, es steht nicht im Lehrplan, und es ist ein recht großer Kurs. Es gibt bestimmte Regeln diesbezüglich, Hygienevorschriften, die zeitliche Koordinierung, und so cool Sie sich das Ganze auch vorstellen, der Gerichtsmediziner ist eine vielbeschäftigte Person, wie jeder, der in der Gerichtsmedizin arbeitet.
Ich werde allerdings jede Woche über einen speziellen Fall referieren, den das Department gelöst hat, und Ihnen das dazugehörige Beweismaterial vorführen. Anschließend werden wir das Verbrechen gemeinsam erörtern und mit dem vergleichen, was die Polizei herausgefunden hat.«
Er besaß nach wie vor die Aufmerksamkeit der Studenten, schien mit ihnen auf einer Wellenlänge zu liegen, zumindest im Moment. Wieder blickte er Kristi an und fuhr mit seinen Ausführungen fort. Es fiel ihm leicht, denn er liebte seine Arbeit. Beweismaterial auszuwerten und es mit einem Verbrechen, einem Verdacht zu verknüpfen, war genauso aufregend wie frustrierend. Er sprach lebhaft, obwohl es ihm schwerfiel, nicht daran zu denken, dass Kristi nach wie vor etwas ausstrahlte, das ihn schon vor Jahren zu ihr hingezogen hatte. Als sie noch auf der Highschool war und er bereits studierte, aber nach wie vor für seinen Vater arbeitete. Jay hatte sie für frech, eigensinnig und knallhart gehalten, mitunter auch für tollkühn, aber eins war Kristi Bentz nie gewesen: langweilig. Sie hatte stets eine unbändige Kraft ausgestrahlt, die den meisten Frauen, die es in seinem Leben gegeben hatte, fehlte, Gayle Hall inklusive.
Jetzt saß Kristi ungeschminkt, mit aus dem Gesicht gestrichenen Haaren im hinteren Teil des Seminarraums und starrte ihn aus ihren großen grünen Augen durchdringend an. Sie hatte sich zurückgelehnt und die Arme beinahe dreist vor der Brust verschränkt, als wolle sie ihn herausfordern, ihr etwas beizubringen, was sie noch nicht wusste.
Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein.
Ihre Blicke begegneten sich nur für einen kurzen Moment, dann wandte er sich zur anderen Seite und an einen großen Studenten mit dicker Brille und spärlichem schwarzem Bart, der seine Akne nicht verbergen konnte.
»Ich werde Ihnen per E-Mail einen Unterrichtsplan zukommen lassen, und meine Sprechzeit ist Freitagnachmittag zwischen vier und sechs. Ich weiß, dass das ärgerlich ist für diejenigen von Ihnen, die über das Wochenende wegfahren, aber anders konnte das Department es nicht einrichten. Sie können jederzeit per E-Mail mit mir in Kontakt treten, meine E-Mail-Adresse steht auf dem Unterrichtsplan.
Lassen Sie uns nun beginnen. Heute Abend werden wir uns mit Todesursachen und den Möglichkeiten einer Autopsie befassen und uns anschließend dem Tatort und der Sicherung von Beweismaterial zuwenden. Das mag zwar nicht ganz der Reihenfolge entsprechen, aber ich denke, bei unserem ersten ›Fall‹ sollten wir uns erst mit der Leiche und dann mit dem Tatort beschäftigen. In der nächsten Woche befassen wir uns mit einem weiteren Fall und gehen dabei in der umgekehrten, üblichen Reihenfolge vor, wenngleich es immer zu Abweichungen kommen kann. Kann mir jemand sagen, warum?«
Ein Arm schoss in die Höhe und winkte heftig. Die junge Frau schien keine eins fünfzig groß zu sein und nicht mehr als fünfzig Kilo zu wiegen. Ihr hellblondes Haar wippte, als sie versuchte, Jays Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Er nickte ihr zu. »Ja?«
»Manchmal ergeben die Spuren am Tatort keinen Sinn, weil jemand das Opfer bewegt oder an einen anderen Ort gebracht hat. In einem solchen Fall kennt man zwar den Fundort, aber man muss zunächst die Leiche untersuchen, um Hinweise auf den Ort zu finden, an dem der Überfall oder der Mord tatsächlich stattgefunden hat.«
»Das ist richtig«, sagte Jay. Das Mädchen lächelte
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