Angels - Meine Rache waehrt ewig
der Parklücke setzte. Sie eilte über den dunklen Campus. Der Wind zerrte an ihren Haaren.
Es waren nur noch wenige Studenten unterwegs, und die Schatten zwischen den Straßenlaternen waren groß und düster und schienen sich zu bewegen, je nachdem, wie der Wind an den Zweigen der kahlen Bäume rüttelte. Der Regen hatte aufgehört. Der Geruch nach feuchter Erde hing schwer in der Luft, und das nasse Gras schimmerte im Mondlicht.
Kristi näherte sich dem Tor auf der gegenüberliegenden Seite des Campus. Hinter Wagner House nahm sie eine Bewegung wahr … irgendetwas Ungewöhnliches. Ihre Alarmglocken schrillten, und sie fuhr mit der Hand in ihre Tasche und griff nach dem Pfefferspray.
Sei nicht albern,
schalt sie sich,
sicher ist es nur ein Hund.
Dennoch spürte sie, wie ihr vor Nervosität der Schweiß ausbrach. Sie ging schnell, wachsam, und hielt das Pfefferspray fest umklammert. Sie hasste es, ein Feigling zu sein, und hatte hart daran gearbeitet, sich aufmerksam auf ihre Umgebung zu konzentrieren, ihren Gefühlen zu vertrauen. Und sie hatte Selbstverteidigung gelernt, damit sie auf niemand anderen angewiesen war als auf sich selbst.
Sie dachte an das unheimliche dunkle Auto, das vor Seminarbeginn durch die Straße gefahren war, und hatte erneut das Gefühl, von unsichtbaren Augen verfolgt zu werden.
Das war sicher das Ergebnis ihrer Recherchen bezüglich der verschwundenen Studentinnen. Die bestürzenden Gespräche, die sie mit deren Angehörigen geführt hatte – Leute, die das alles nicht zu kümmern schien –, machten ihr zu schaffen.
Kristi starrte auf die im Schatten liegenden Büsche, bog um eine Ecke und überquerte den College-Hof. Eine Person mit einer dunklen Kapuzenjacke kam auf sie zu. Kristis Muskeln spannten sich an, all ihre Sinne richteten sich auf die näher kommende Gestalt.
Bis sie feststellte, dass es eine Frau war. Eine zierliche Frau.
Kristi stieß die Luft aus. Es gelang ihr, einen Blick auf das Gesicht unter der dunklen Kapuze zu werfen, und sie erkannte Ariel, die einen Schritt zur Seite wich, als sie Kristi entdeckte.
Kristi wollte schon etwas sagen, als Ariel sie direkt anblickte und aschfahl wurde. Alle Farbe schien aus ihrem Gesicht zu weichen. War das eine Täuschung, hervorgerufen durch das Licht? Vielleicht durch den kalten, silbrigen Mondschein oder die weißliche Straßenbeleuchtung, die im Nebel flackerte?
»Ariel?« Aber die junge Frau war schon über einen Pflasterweg in der Nähe der Mensa davongeeilt und in der Dunkelheit verschwunden.
Wie ihr die Farbe aus dem Gesicht gewichen war … Beinahe so wie in den Visionen von ihrem Vater. Kristis Herz pochte.
Sie spürte mit einer kalten Gewissheit, dass Ariel dem Tod geweiht war.
[home]
9.
I diot«, murmelte Jay unterdrückt. Er kurvte durch die leeren Straßen rund um das Campusgelände und hätte sich am liebsten selbst in den Hintern getreten. Bruno hatte die Nase an den Spalt im Beifahrerfenster gedrückt, schnupperte die Gerüche der Nacht und bellte leise.
Jay stellte das Radio an und hoffte, die Dixie Chicks würden seine Gedanken an Kristi vertreiben. Doch der Song, der davon handelte, mit seinem Ex-Lover abzurechnen, ließ ihn das Lenkrad nur noch fester packen. »Du Volltrottel!«
Während des Seminars und auch noch danach, als sie ihm nachgerannt war, um reinen Tisch zu machen, war er ruhig geblieben, doch die Sache war nach hinten losgegangen. Zumindest für ihn. So sturköpfig und leichtfertig sie auch war, er fand sie immer noch faszinierend.
Es war wie eine Krankheit.
Eine selbstzerstörerische Krankheit.
»Idiot, Idiot, Idiot«, murmelte er und stellte einen Lokalsender ein, auf dem Dr. Sam, ein Radiopsychologe, den Liebeskranken oder sonstwie Durchgeknallten in einer speziellen Sendung mit Ratschlägen zur Seite stand. Er vermutete, dass es jetzt, im Winter, von Verrückten nur so wimmelte. Jay machte das Radio aus und stellte die Scheibenwischer an, um den Belag auf der Windschutzscheibe zu entfernen. Es regnete nicht, aber es wurde immer nebliger, und er fragte sich, warum er nicht darauf bestanden hatte, Kristi nach Hause zu fahren.
Wie denn? Mit physischer Gewalt? Du hast es ihr angeboten. Sie hat abgelehnt. Sie möchte nicht mit dir im Auto sitzen. Ende.
»Bis auch sie verschwindet«, sagte er und blickte mit zusammengekniffenen Augen durch die Windschutzscheibe. Vor einer gelben Ampel bremste er ab. Zwei Teenager rasten auf Skateboards die dunkle Straße entlang. Lachend
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