Angels of the Dark: Verruchte Nächte
„Ich habe getan, was ich tun musste, um meine Frau zu beschützen, und ich würde es jederzeit wieder tun.“
Tiefe Schwärze wirbelte in den Augen seiner Gottheit, wie Öl, das in der Sonne glänzte. „Habe ich dich richtig verstanden? Du würdest alles tun, um einen Menschen zu beschützen?“
Er nickte. „Meinen Menschen.“
Zittrige Finger tippten an ein wettergegerbtes Kinn. „Das sagst du jetzt, aber ich frage mich … Du hast geglaubt, du würdest herkommen, deine Situation erklären, um das bitten, was du brauchst, und damit wäre die Sache erledigt. Und früher einmal hätte ich das auch durchgehen lassen. Aber jetzt nicht mehr. Ich kann dich nicht ewig verhätscheln.“
Verhätscheln? „Ich bin ein Krieger“, sagte Zacharel und straffte die Schultern. „Ich weiß, dass ich zuerst eine Menge Peitschenhiebe verdient habe, aber diese Strafe nehme ich bereitwillig auf mich.“
„Die hast du tatsächlich verdient. Du hast Verantwortung für Annabelle übernommen, und doch hast du zugelassen, dass ihr Leid widerfährt. Mehr als einmal. Du selbst hast ihr Leid zugefügt. Dann hast du keinen Finger gekrümmt, als sie anderen Leid zugefügt hat.“
„Ja. Und ich akzeptiere, was auch immer du zu tun beschließt, aber ich bitte auch um deine Hilfe.“
Eine Pause.
So unglaublich lastende Stille.
Dann: „Du willst, dass ich dir bei Annabelle helfe, obwohl sie die Gemahlin eines Dämons ist?“
„Sie ist nicht die Gemahlin eines Dämons“, brachte er gepresst hervor. „Sie ist mein.“
Unbeeindruckt fuhr seine Gottheit fort. „Und du wünschst meine Hilfe dabei, den Dämon herauszufordern, der sie dir wegnehmen will.“
„Einen Dämon, der auf seiner Jagd nach ihr vielen Menschen Schaden zugefügt hat.“
Noch mehr Schweigen, diesmal so drückend, dass Zacharels Schultern unter der Last nachzugeben drohten.
„Vieles hat sich für dich verändert, seit wir uns zuletzt unterhalten haben“, stellte seine Gottheit fest.„Ja“, erwiderte er. Sein Herz hämmerte unregelmäßig.
„Erzähl mir, was du gelernt hast, Zacharel.“
Da musste er nicht weiter überlegen. „Ich habe den Wert menschlichen Lebens erfahren. Den Wert von Liebe und Hingabe. Ich habe gelernt, die Bedürfnisse eines anderen über meine zu stellen.“
„Hast du das wahrhaftig?“
„Ja.“
„Lass uns das gemeinsam herausfinden. Sag, Zacharel. Würdest du dich für deine Annabelle opfern?“
Eine so beiläufige Frage, doch bei seiner Gottheit gab es immer einen Hintergedanken. „Das würde ich.“ Ohne Frage.
„Und würdest du etwas noch Kostbareres opfern? Würdest du das Leben deines Bruders opfern, um sie zu retten?“
Zacharel runzelte die Stirn. „Mein Bruder hat kein Leben mehr zu geben. Er ist tot.“
„Nein. Er lebt.“
Darauf … hatte Zacharel keine Antwort parat. Wie auch seine Gesandten würde seine Gottheit niemals lügen. Das bedeutete … Das konnte nicht bedeuten … Konnte nur bedeuten …
„Der Wahrhaftige Tod ist nicht das, was du denkst, mein Bote. Ein Geist kann nicht sterben.“
„Aber das Wasser des Todes …“
„Ist auch nicht das, wofür du es hältst. Dein Bruder ist am Leben. Er hat es überlebt.“
Hoffnung stieg in ihm auf. Freude perlte in ihm empor. Wie inbrünstig hatte er um so etwas gebetet. „Aber ich habe ihm nicht nur das Wasser gegeben, sondern auch seinen Körper verbrannt.“
„Und sein Körper wurde erneuert.“
Hadrenial war am Leben!
Sie könnten wieder zusammen sein. Könnten gemeinsam fliegen. Reden und lachen. Sein Bruder könnte Annabelle kennenlernen, sie könnten eine Familie sein. Sie würden eine Familie sein.
„Ich frage dich noch einmal“, sagte seine Gottheit. „Wenn Annabelle und dein Bruder in diesem Moment beide vor dir stünden, wessen Leben würdest du wählen?“
Seine Hoffnung verdorrte. Die Freude verflog.
„Warum stellst du mich vor eine solche Entscheidung? Zur Strafe für meine Vergehen?“, wollte er wissen, während sein Magen sich schmerzhaft verkrampfte.
„Du hast mehreren Menschen geschadet, obwohl du es besser wusstest. Du hast einen Menschen gerettet, im Tausch gegen dein eigenes Leben. Dir stehen eine Strafe und eine Belohnung zu.“
Eine Strafe und eine Belohnung. Er konnte seinen Bruder haben oder Annabelle, aber nicht beide. Hadrenial, den meistgeliebten unter den Engeln, so reinen Herzens, so mitfühlend und gütig, dass es Zacharel beschämt hatte. Oder Annabelle, die ebenso mitfühlend und gütig war.
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