Angels of the Dark: Verruchte Nächte
dämonenhaften Augen hasserfüllt die Lakaiin an, die sich mit Wolkenbändern gefesselt vor ihm wand. Wie Efeu rankte sich der Dunst um ihre knorrigen Hand- und Fußgelenke. Efeu, der unzerstörbarer war als Eisen und sie ohne Hoffnung auf Entkommen an Ort und Stelle hielt.
Neben ihr stand der ebenfalls gefesselte gefallene Engel, den Zacharel schon vor Monaten hergebracht hatte. Der Mann wollte sich einfach nicht benehmen und machte der neuen Königin der Titanen nichts als Ärger. Da Zacharel befohlen worden war, sich gut mit ihr zu stellen, hatte er den Gefallenen eingesperrt.
Zacharels Aufmerksamkeit wanderte zu den anderen Engeln. In der hintersten Ecke war Koldo damit beschäftigt, sein Krummschwert zu reinigen, augenscheinlich vollkommen weltvergessen. Er hatte kupferbraune Haut und schwarze Augen, die so unermesslich tief schienen wie ein Abgrund der Verzweiflung. Sein Haar fiel ihm in zahllosen Zöpfen über den Rücken und war genauso schwarz wie sein Vollbart.
Als er noch ein Kind gewesen war, hatten ihm Dämonen die Flügel ausgerissen. In diesem jungen Alter waren seine Selbstheilungskräfte noch nicht weit genug ausgebildet gewesen, weshalb seine Flügel nicht wieder nachgewachsen waren – und es auch niemals tun würden. Stattdessen waren seine Schultern, sein Rücken und die Rückseiten seiner Beine überzogen mit blutrot tätowierten Federn. Ein Abbild der Flügel, die ihm mit jeder Faser seines Seins fehlen mussten, obwohl er sich nie darüber beschwerte. Koldo war ein Mann weniger Worte, und wenn er sich äußerte, dann mit tiefer, rauer Stimme und auf eine Art, dass es einen bis ins Mark fröstelte.
Direkt vor dem Dämon ging Jamila ruhelos auf und ab. Mit ihrer dunklen Haut, den langen schwarzen Korkenzieherlocken, die sich über ihren Rücken ergossen, und den honigfarbenen Augen war sie eine der allerersten Glücksbotinnen gewesen. Zur Kriegerin war sie aufgestiegen, nachdem sie ganz allein in dieHölle gegangen war, um einen der unter ihrem Schutz stehenden Menschen zu retten.
Wochen waren vergangen, bevor sie zurückgekehrt war, und auch wenn sie die Seele des Menschen gerettet hatte, war sie selbst nicht unversehrt davongekommen. Etwas dort unten hatte sie verändert. Früher hatte sie viel und gern gelacht und war unbekümmert durchs Leben geflattert. Jetzt nicht mehr. Niemand blickte öfter über die eigene Schulter als Jamila. Als rechnete sie hinter jeder Ecke mit dem Bösen.
Bis zur heutigen Schlacht hatte Zacharel jedoch nicht verstanden, warum sie ihm übergeben worden war. Offensichtlich hatte sie ein Problem damit, Befehle zu befolgen … ganz zu schweigen davon, dass Menschenleben für sie nicht länger von Wert waren.
Sie würde bestraft werden müssen. Wahrscheinlich würde sie weinen.
Ich hätte Axel als fünften auswählen sollen . Der Mann war respektlos, lachte über alles und jeden, schien besessen davon, möglichst viel Schaden anzurichten – aber wenn Zacharel eine Strafe über ihn verhängte, würde er nicht eine Träne vergießen.
Xerxes bemerkte ihn als Erster und richtete sich auf. Die anderen taten es ihm nach.
„Das Menschenmädchen“, sagte Thane. „Ich würde gern zurückgehen und sie holen.“
Er dachte also immer noch an sie, ja? „Nicht nötig. Sie ist hier bei mir“, antwortete er mit einer unerwarteten Schärfe. „Du darfst mir erzählen, was du über sie herausgefunden hast, wenn wir mit dem Dämonen fertig sind.“
In Thanes Augen trat ein befriedigendes Glänzen, was Zacharel noch mehr verärgerte als alles andere, was heute geschehen war. „Noch habe ich nichts herausgefunden. Dafür war keine Zeit.“
Ein weiterer nicht befolgter Befehl. „Du wirst dir die Zeit nehmen, wenn du nachher gehst.“
Etwas in seinem Ton musste selbst bis zu Thane durchgedrungen sein. Statt eine seiner üblichen respektlosen Erwiderungen loszulassen, nickte er. „Das werde ich.“
„Über welches Menschenmädchen reden wir?“, fragte Jamila.
Zacharel wischte die Frage mit einer Handbewegung fort. „Der einzige Mensch, der für dich eine Rolle spielen sollte, ist der, den du während der Schlacht getötet hast.“
„Na und? Dann hab ich eben einen getötet. Und wenn schon“, murrte sie, und er hörte das unausgesprochene Genau wie du. Genau wie die anderen .
Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. „Wie oft habe ich euch in den letzten drei Monaten gesagt, dass ihr keinen Dämonen töten sollt, wenn ihr dadurch einen Menschen verletzt?“
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