Angels of the Dark: Verruchte Nächte
erfüllten die Luft. Wildblumen und Minze, Tau und frischgemähtes Gras. Milch und Honig, Schokolade und Zimt. Eine bloße Spur von Rauch, die in einer zarten Brise vorüberzog.
„Ich hatte vollkommen vergessen …“, flüsterte sie, während ihr das Haar um die Wangen flatterte. Und selbst das versetzte sie in Entzücken. Sie war frei, sie war frei, endlich war sie frei.
„Was hattest du vergessen?“, wollte Zacharel wissen, und in seiner Stimme lag etwas Seltsames. Vielleicht das erste Anzeichen von Emotionen.
„Wie wunderschön die Welt ist.“ Eine Welt, die ihre Eltern viel zu früh verlassen hatten. Eine Welt, die ihre Eltern nie wieder genießen würden.
Trauer mischte sich in die Freude.
Sie hatte nie Gelegenheit gehabt, um sie zu trauern. Viel zu schnell war sie vom hilflosen Opfer zur Mordverdächtigen und dann zur gefolterten Gefangenen geworden. Automatisch fragte sie sich, wie sie wohl auf diesen Moment reagiert hätten. Ihnen wäre Zacharel vermutlich ein Rätsel gewesen. Nicht bloß aufgrund dessen, was er war, sondern weil sie ein emotionales, aufbrausendes Paar gewesen waren. Sie hatten sich genauso leidenschaftlich gestritten wie geliebt. Seine Kälte hätten sie nicht einordnen können. Aber das hier … das hätte ihnen gefallen. Ein Flug zwischen den glitzernden Sternen, während sie den Duft der Freiheit tief einsog und auf eine plötzlich hoffnungsfroh leuchtende Zukunft zuschoss.
Fort mit der Trauer. Damit würde sie sich später befassen. Erst einmal würde sie es einfach in vollen Zügen genießen. Zum ersten Mal seit vier Jahren warf Annabelle den Kopf in den Nacken und lachte lauthals.
4. KAPITEL
Z acharel löste sich, so schnell es ging, von dem Mädchen. In der Mitte eines leeren Zimmers setzte er sie ab und trat zurück von ihrer verführerischen Wärme, ihrem süßen Duft und dem sanften Streicheln ihrer Haare auf seiner Haut. Sie zu berühren, hatte ihm gefallen. Das hätte es nicht sollen, ganz und gar nicht, doch so entschlossen er auch auf sich eingeredet hatte – sein Gefallen hatte sich nur vergrößert.
Während des Flugs war er gefesselt gewesen von den Veränderungen auf ihrem ausdrucksvollen Gesicht. Hatte sie von Verzückung zu Trauer und wieder zu Verzückung wechseln sehen. Er, der seine Gefühle vor langer Zeit verzweifelt bekämpft hatte, bis er sie nicht mehr spürte, war zu seinem eigenen Erstaunen neidisch gewesen auf ihre bereitwillige Enthüllung von allem, was sie dachte und fühlte.
So ungehemmt hatte sie ausgesehen, vollkommen aufgegangen im Moment. Und als sie gelacht hatte … oh, süßes Himmelreich. Ihre Stimme war durch ihn hindurchgeströmt, hatte ihn eingehüllt, ihn umarmt.
Sie faszinierte ihn, verblüffte ihn, schlug ihn vollkommen in ihren Bann. Er hatte sich gefragt, was diese quecksilbrigen Veränderungen hervorgerufen hatte, doch er war zu stolz gewesen, um zu fragen.
Sie war die Gemahlin eines Dämons, seines Feindes. Nicht freiwillig, nein, aber trotzdem eine Gemahlin. Außerdem war sie ein Mensch und deshalb unter seiner Würde; ihre Gefühle konnten für ihn keine Rolle spielen.
Ihm wurde klar, dass er sie nicht hätte herbringen sollen. Er hätte es nicht genießen sollen, sie an seinen Körper gedrückt zu halten. Ein Genuss, der ihn ebenso sehr erschreckt hatte wie ihre Reaktion auf den Flug.
Er sollte nicht in diesem Augenblick die Augen auf sie gerichtet haben, während er sich fragte, ob ihr Entzücken über den mitternächtlichen Himmel sich auch auf sein Zuhause erstrecken würde. Er sollte nicht nach ihrer Anerkennung hungern.„Warum hast du gelacht?“, fragte er. So viel zu seinem Stolz. Er musste es wissen.
„Ich bin frei, ich bin frei, ich bin frei“, antwortete sie und drehte eine Pirouette.
Schimmernd flogen ihre üppigen Locken um sie herum und trafen ihn im Gesicht. Mit größter Mühe unterdrückte er den Drang, eine der Strähnen zwischen den Fingern zu reiben, nur um sich in Erinnerung zu rufen, wie weich sie waren.
Sie neigte den Kopf und sah ihn an. „Was?“
„Was meinst du?“
„Du guckst mich so finster an.“
„Ich sehe jeden finster an.“
„Gut zu wissen. Das ist also deine Wolke?“ Verwirrt schob sie die Augenbrauen zusammen, als sie die Wände betrachtete, die aussahen wie substanzloser Dunst. Der Boden war wie dichter Morgennebel und schmiegte sich um ihre Füße, hatte aber genauso wenig Substanz.
„Dies ist mein Zuhause, ja.“
„Ich muss sagen, es sieht genauso aus, wie
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