Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)
besser lesen zu können.
Es waren diverse Formulare und dergleichen. Für ihn belanglos, aber auch hier wieder die Frage: Warum wurden diese Datenberge überhaupt hier eingelagert und nicht nach einer Aufbewahrungsfrist, wie eigentlich üblich - geschreddert?
Das Regal mit den Büchern zog ihn magisch an. Er erreichte es und entnahm einen sehr dicken Wälzer. Raven pustete leicht angewidert den Staub darauf beiseite. In diesem Moment rutschten mehrere Reihen nach hinten und nach vorn zu seinen Füßen. Er musste einen großen Schritt zurücktreten, sonst hätten diese Bücherberge seine Füße verschüttet und wahrscheinlich sogar verletzt. Weiterhin extrem neugierig steckte er durch die entstandene Lücke im Regal seine Taschenlampe, er wollte den Bereich dahinter einsehen. Was Raven nun erblickte, ließ ihn regelrecht erstarren. Das Adrenalin schoss durch seinen Körper, dass Frieren fand ein abruptes Ende. Erst eine lange Minute später konnte er sich wieder bewegen. Raven spürte sein Herz derart heftig schlagen, dass er Angst hatte, es könnte den lebenswichtigen Dienst - nun völlig außer Kontrolle - für immer einstellen. Nun war es eine weitere neugewonnene Erkenntnis; seinen Vater umhüllte eine ungeheuerliche und kriminelle Vergangenheit. Fakt!
Raven begab sich zu dem Metallbett, worauf sich eine mehr zu erahnende frühere Matratze und dreckiges Bettzeug befand. Er stand kopfschüttelnd davor und war fassungslos. Darauf lag ein verwestes Skelett, welches an den Füßen mit Metallringen und zwei dicken Eisenketten an einer nahen Wand befestigt war. Er schätzte, dass die Bewegung so auf einen Radius von vielleicht drei Meter eingeschränkt war.
Ein erschreckendes Zeitzeugnis hüllte zum Teil den menschlichen Knochenrest ein.
Es war ein gestreifter, verfaulter und von Motten zerfressener Anzug, ähnlich einer Gefängniskleidung.
Dieser Anblick entsetzte Raven mehr als die restliche, makabre und äußerst befremdlic he Szene. All der ekelerregende Schmutz und die Berge von Müll waren genauso wenig ertragbar wie die dabei entstehenden Gerüche, welche penetrant in seine Nase drangen. Es waren einfach zu viele entsetzliche Eindrücke.
Raven musste raus hier, nun war sein Findungsdrang mehr als gestillt. Dieses Schauspiel setzte allem die Krone auf. Ihm schlug es derart auf den Magen, dass er sich auf den Rückweg nach oben übergab. Völlig außer sich erreichte er die Steintreppe und schleppte sich geradezu nach oben. Er hatte das Gefühl, in wenigen Minuten extrem gealtert und gebrechlich geworden zu sein. Sein Schockzustand ließ ihn keine klaren Gedanken fassen und raubte ihm seine physische Kraft. Ungefähr in der Mitte der Treppe rutschte er aus, es folgte ein zornerfüllter Schrei. Seine Arme ruderten wild herum, sein Körper fiel nach hinten und schlug hart mit dem Kopf auf.
Kapitel 13
Henry fuhr seinen betagten Mercedes durch die Straßen von Karlsruhe und erreichte den beschaulichen Stadtteil Rintheim.
Zuvor besuchte er einen Studienfreund in Wiesbaden, die letzten beiden Tage waren gänzlich entspannt und unaufgeregt. Sein kleiner Ausflug machte ihm Spaß. Es war kein Stress, eher eine willkommene Abwechslung von seinem festeingefahrenen Alltag als Anwalt.
Henry suchte eine bestimmte Tankstelle und sah sie auch schon, dahinter befand sich ein großer Garagenhof. Hier hoffte er Dirk Rüter anzutreffen, dessen Ex-Ehefrau gab ihm den Hinweis. Er hatte seinen Wohnort gewechselt, ohne sich umzumelden. Kam einfach seiner Meldepflicht nicht nach … der Schlingel! Wenn Rüter untertauchen wollte, warum hielt er sich weiterhin in Karlsruhe auf?
Erklärende Worte bekam Henry auch von Dirks geschiedener Frau geliefert. Nett, wie Henry nun mal war, führte er mit Carmen Rüter von unterwegs aus ein freundlich - ausführliches Telefonat.
Die einzige Person aus dem Umfeld von Rüter, die relativ leicht zu ermitteln war. Dirks Anwalt blockte, also bohrte Henry andernorts weiter. Carmen war eine hasserfüllte Frau. Wie Henrys Erfahrungen zeigten, hatten geschiedene Ehefrauen des Öfteren ein derartig ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis. Sie erzählte ihm also eine Menge über den „Loser“. Interessant waren seine beiden Garagen, mit den vier Motorrädern und den vielen Ersatzteilen und Werkzeugen.
Hier verbrachte er die meiste Zeit seines Lebens, an diesem Hobby wäre ihre Ehe zerbrochen …
Seine Leidenschaft war es, an alten Maschinen rumzuschrauben und sie durch die Gegend zu bewegen.
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