Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)
ich mir Zutritt und schaute mich einmal selbst um.
Otto Rüter war mitnichten ein Dummerchen!
Ich fand versteckt und für die Ewigkeit verborgen eine Zahlen- und Buchstabenreihe, quasi hinter dem leergeräumten Schließfach. Dein Gesicht spricht Bände, so dachte ich auch. Nein, es war kein uraltes Konto in der Schweiz. Walther hat diese kryptische Hinterlassenschaft für mich analysiert, seine sinnige Auflösung ist rätselhaft einfach …«
Jules brach erst einmal ab und behielt das Ergebnis für sich.
»So mein Lieber, nun sage du mir mal, wer war der siebte Name auf der Liste?«
Jules deutete Sorgenfalten im Gesicht vom alten Richter.
»Stewart Blackstone?«
»Volltreffer!
Anfänglich war ich auch verwirrt und habe es natürlich nicht glauben wollen, dass ein Brite auf dieser Liste aufgeführt wurde. Vor allem, was bedeutet sie denn überhaupt? Also ging ich es akribisch - bei den erstgenannten Personen an.
Bei den sechs Offizieren waren es aufgrund alter Bestandsakten von Wehrmachtszugehörigen nachvollziehbare Berührungspunkte.
Vier besuchten sogar dieselbe Heeresschu le, sie kannten sich also gut. Was sie dort in den besagten Jahren in Frankreich getrieben haben, das weiß nur Gott allein. Ob sie sich in den Nachkriegsjahren trafen, irgendwie anders kontaktierten oder sogar gemeinsame Geschäfte tätigten, weiß ich nicht. Vielleicht war ja Otto Rüter dafür irgendwie vorgesehen? So tief habe ich noch nicht gegraben. Dafür konnte ich noch keine Zeit aufwenden. Viel lässt sich da auch nicht mehr ausgraben. Also lassen wir das erst einmal. Stewart Blackstone war als Handelsattaché zu jener Zeit auch in Frankreich. Eigentlich in ganz Europa und Nordafrika unterwegs. Was ihn bewog, in diesen unsicheren Zeiten dort aktiv zu werden, verschließt sich mir.
Er hatte nachweislich gute Kontakte zu Höherbediensteten in unserem Außenministerium und Konsulatsangestellten. Es gibt diverse Überschneidungen, auch mit offiziellem Auftrag, das will ich nicht verschleiern.
Auch ein früherer Botschafter, der mal in Paris verweilte, war mit ihm eng befreundet. Einige nutzten seine guten Kontakte und er wohl die ihren.
Inwieweit er mit diesen alten deutschen Militärseilschaften in Kontakt kam, konnte ich noch nicht rekonstruieren. Aber einen überzeugenden Hinweis habe ich in einer alten Akte der UNWCC gefunden.
Gegen ihn wurde 1947 bis 1948 wohl mehr halbherzig ermittelt. Als diese Kommission im März 1948 ihre Arbeit einstellte, erlosch auf wundersamer Weise auch das Interesse an seiner Person. Ich fand keinerlei negative Einträge irgendwelcher Art im Computersystem unseres Finanz-, Innen-, Außen- oder Justizministeriums. Seine Weste ist so was von schneeweiß - wurde sie etwa chemisch gereinigt? Sein kometenhafter Aufstieg zum Wirtschaftsgiganten verlief absolut makellos.
Der damalige Akteneintrag der Kommission lautete:
Unrechtmäßiger Erwerb und Verkauf von fünfundzwanzig Goldbarren.
Sogenannter Gold-Delivery-Barren mit einem Feingehalt von 995/1000.
Die wiegen 12,44 kg also jeweils vierhundert Feinunzen. Diese hatten aber keine Barrennummer, die Herkunft war also nicht nachvollziehbar.
Die damaligen Kommissionsangehörigen waren davon überzeugt, dass es sich um Raubgold aus Kriegsverbrechen handelte. Welches von rassistisch, religiös oder politisch Verfolgten, also nur aus Zwangsenteignungen stammen könne. Sie schlugen vor, den Erlös daraus sicherzustellen, dazu kam es aber nicht. Blackstones damalige Erklärung lautete, er hätte diese Handelsware von einem Geschäftspartner aus Dakar erworben. Wenig später wurde auch von einem dubiosen Schmuck- und Goldhändler ein, für mich fingierter, Kaufvertrag nachgereicht.
Eine logische Erklärung, warum diese Barren nicht ordnungsgemäß gestempelt und in ein entsprechendes Verzeichnis aufgenommen wurden, blieb aus. Genauso, warum dieser Händler seine wertvolle Ware zu einem Spottpreis verschacherte, und wie dieses glänzende Gut nac h London transportiert wurde. Etwas mehr als dreihundert Kilo, was das selbst zu der Zeit für ein Vermögen war, brauche ich dir nicht vorzurechnen. Das war sein Startkapital, worauf sich der heute enorme Familienbesitz begründet!
Vor dem Krieg war er nicht wirklich reich, danach blühten seine Geschäfte erst richtig auf. Ich denke, dass er mit diesen frischen Geldmitteln 1948 die Anteile an der Brauerei Leeds erwarb.
Heute spielt dieses Unternehmen in der ersten Liga aller weltbedeutenden
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