ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)
betrachtet.«
Auf der anderen Seite der Straße, zwölf Stockwerke tiefer, lockte die strahlende Frühlingssonne eine ganze Palette von Grüntönen hervor, da die verschiedenen Baumarten ihre jeweilige Blätterpracht entfalteten.
»Nein. Und für eine Weile werden sie auch noch keine Veränderung bemerken. Aber jetzt müssen wir unseren Blick tiefer senken. Das nächste Ereignis wird in der Erde stattfinden.«
»Und wie wird das aussehen?«
»Ich weiß es nicht. Aber wenn er seinem alten Muster folgt, dann macht er da den nächsten Schritt. Und wenn er dann das ganze Ausmaß seiner Kräfte erreicht hat …«
»Soll das heißen, dass er das noch nicht hat?«
»Er muss eine Veränderung durchlaufen, bevor seine Kräfte ihren Höhepunkt erreichen. Und es gibt auch einen Grund dafür, warum er mit der Länge unserer Tage spielt. Das gehört alles zu seiner üblichen Vorgehensweise.«
»Noch nicht das ganze Ausmaß seiner Kräfte«, sagte Bill leise. Sein Verstand wehrte sich gegen die Vorstellung. »Mein Gott, wenn er schon in der Lage ist, den Zeitpunkt zu ändern, an dem die Sonne aufgeht, solange er noch nicht voll auf dem Damm ist, was kann er dann erst tun, wenn er das ist?«
Glaeken drehte sich um und durchbohrte ihn mit seinem tiefblauen Blick.
»Alles, was er will, Bill. Alles.«
»Nick sagt, es ist unmöglich, dass die Sonne verspätet aufgeht.« Bill wusste, er klammerte sich an Strohhalme. »Das verletzt zu viele physikalische Gesetze.«
»Wir müssen lernen, uns von den physikalischen Gesetzen zu verabschieden – eigentlich sogar von allen Gesetzen. Die ›Gesetze‹, die wir konstruiert haben, um unsere Existenz zu erklären und das Universum um uns herum zu verstehen, haben bald keine Gültigkeit mehr. Physik, Chemie, Schwerkraft, selbst die Zeit werden nur noch bedeutungslose, sinnentleerte Formeln sein. Die ersten Gesetze sind heute Morgen bei Sonnenaufgang gebrochen worden. Viele weitere werden folgen, bis sie alle ihre Bedeutung verloren haben. Von heute Morgen an befinden wir uns auf dem Weg zu einer Welt, in der keine Gesetze gelten.«
Die Stimme einer alten Frau erklang brüchig aus dem Schlafzimmer.
»Glenn? Glenn, wo bist du?«
»Ich komme, Magda.« Glaeken ergriff Bill am Oberarm und senkte die Stimme. »Ich glaube nicht, dass wir ihn aufhalten können, aber vielleicht wird es uns gelingen, ihm Steine in den Weg zu legen.«
Bill versuchte, daraus Hoffnung zu schöpfen, aber seine Laune verbesserte sich kein bisschen.
»Wie denn? Wie können wir hoffen, gegen eine Macht zu bestehen, die den Weg der Sonne ändern kann?«
Der alte Mann blickte ernst. »Das können wir nicht. Nicht mit dieser Einstellung. Und das ist genau die Art, wie wir reagieren sollen – mit Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. ›Er ist zu mächtig. Warum sollten wir auch nur versuchen, uns gegen ihn aufzulehnen?‹«
»Gute Frage.«
»Nein.« Glaeken verstärkte seinen Griff. »Ganz schlechte Frage. Damit hat er bereits gewonnen, ohne jede Gegenwehr. Er könnte gewinnen. Genau genommen bin ich ziemlich sicher, dass wir keine Chance haben. Aber ich habe ihn zu lange bekämpft, um einfach nur dazusitzen und auf das Ende zu warten. Ich dachte, ich könnte es. Ich wollte das aussitzen, wollte alles aussitzen. Darum habe ich den Namen Veilleur angenommen. Einmal würde ich nichts mit all dem zu tun haben; ich würde mich einfach zurücklehnen und zusehen. Und ich habe zugesehen.«
Er ließ Bills Arm los und wandte sich zum Fenster.
»Und die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass jemand kommt und mit der Macht ausgestattet wird, sich Rasalom in den Weg zu stellen. Ich habe diesen Jemand gefunden, aber er hat die Macht nicht. Und er bekommt sie nicht, weil es Rasalom gelungen ist, den Verbündeten davon zu überzeugen, dass diese Welt tot ist. Der Verbündete hat kein Interesse an toten Welten.« Er sah Bill wieder an. »Wir sind auf uns allein gestellt.«
Wenn das ein Versuch war, Bill Mut zu machen, dann war er gescheitert.
»Wir sitzen also in der Scheiße.«
»So sieht es aus. Aber auch wenn ich mir das geschworen habe, kann ich nicht einfach nur zusehen, wie Rasalom alles in den Schoß fällt. Ich will, dass dieser Scheißkerl sich anstrengen muss. Wenn er diese Welt will, dann muss er sie sich verdienen!«
Etwas in Glaekens Worten, in dem Blitzen in seinen Augen, versprach einen Funken Hoffnung.
»Ganz meine Meinung, aber können wir auch nur so viel tun, dass er überhaupt merkt, dass er sich in
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