Angst
nicht fixend auf der Straße gefunden hat, wie bist du ihm dann begegnet, Claudia? Ist er dir etwa nach Hause gefolgt und hat womöglich deine Mama abgeschlachtet?«
»Ich bin nich fünfzehn, und meine Mama war über vierzig, als sie gestorben ist, klar? Sie war klug, eine Lehrerin, aber irgendein tätowiertes, gepierctes Gangarschloch hat sie vergewaltigt und verprügelt, weil sie ihren Anführer nicht ficken wollte. Sie is gestorben.«
»Es tut mir wirklich leid wegen deiner Mutter, Claudia. Sie war also Lehrerin?«
»Yeah, eine Mathelehrerin, und sie war richtig clever. Ich hab es echt bedauert, als sie gestorben ist. Ich meine, sie hätte mich einfach vor die Tür setzen können, oder? Aber das hat sie nich. Hörst du mich, du Miststück?«
»Natürlich höre ich dich, so laut wie du schreist. Du bist völlig außer dir, wie ein kleines Kind, das einen Tobsuchtsanfall hat. Warum hätte sie dich vor die Tür setzen sollen? Wo war dein Dad?«
»Meine Mama hat mit diesem Wichser geschlafen, der sie dann verlassen hat. Es gab keinen Daddy.«
»Wo hast du nur all diese Obszönitäten her? Von deiner Mutter oder von diesem geifernden alten Mann, bei dem du jetzt bist?«
»Meine Mama hat nie geflucht!«
»Was hast du getan, nachdem sie gestorben ist?«
»Ich bin abgehauen. Wollte nichts mit diesen abgedrehten Sozialarbeitern zu tun haben. Und ich hab Moses aufgelesen, nicht andersherum. Er stand über diesen schmutzigen, alten Landstreicher gebeugt, hatte überall Blut an den Händen, an seiner alten Armeejacke und den schwarzen Stiefeln, und hat sich kaputtgelacht. Ich hab ihn gefragt, warum er den Penner so zusammengeschlagen hat, da hat er geantwortet, der Typ wollte ihm nichts von seinem billigen Fusel abgeben. Ich dachte mir, dass jemand wie er mich beschützen kann, also hab ich ihm was von meinem Bourbon angeboten. Als Nächstes erinnere ich mich, dass ich am Morgen in einem Hotelzimmer aufgewacht bin.«
»Was hast du in Atlanta getan, Claudia? Bist du vorm Jugendknast davongelaufen?«
»Nee, es war nich Atlanta, aber was geht dich das an? Ich werde dir wehtun, und jetzt noch mehr, weil du mich und meine Mama beleidigt hast.«
Sherlock lachte. »Na sicher, Claudia. Du hörst dich an wie eine von diesen Schulhof-Schlägertussen, die außer einer großen Klappe nichts zu bieten hat. Warum verrätst du mir nicht, wo du bist, und wir können uns treffen und über alles reden, bevor du wegen Moses getötet wirst oder in einem Staatsgefängnis landest, bis du graue Haare hast?«
»Das nächste Mal, wenn wir uns treffen, schneid ich dir die Zunge raus!«
»Das ist jetzt aber mal eine erwachsene Drohung. Du bist jung genug, um immer noch eine Chance zu haben, Claudia. Wenn du dich da nicht raushältst, wirst du als fixende, abgewrackte Nutte enden. In ein paar Jahren wirst du durch den Alkohol so alt aussehen wie Moses. Ist es das, was du für dich willst?«
»Ich sag dir, was ich will, du Schlampe! Ich werd Moses auftragen, sich zuerst um dich zu kümmern, mit dir anzustellen, was ihm gefällt, nur für mich. Und ich werde dabei sein und Zusehen.«
Sherlock vernahm die Stimme eines Mannes und ein Handgemenge. »Was machst du da, Claudia? Wer ist denn das?«
»Wag ja nicht, mich zu schlagen, Moses!«
Es folgte ein Knistern, dann wurde aufgelegt.
Savich betrachtete seine Frau, die jetzt das Handy ausschaltete. »Ich rufe das Hoover-Building an. Vielleicht haben sie die beiden aufgespürt.«
»Ich habe im Hintergrund Geräusche gehört. Ein Stimmengewirr. Sie könnten in einem Restaurant sein.«
Savich nickte. Einige Sekunden später hatte er den Chef der Kommunikationsabteilung am Apparat. »Dieses Mal waren wir schneller, Savich. Es handelt sich um einen Third Party Provider mit einer Prepaid-Karte, aber Sprint konnte die Nummer herausfinden und uns den Standort übermitteln, ungefähr zwanzig Sekunden, bevor aufgelegt wurde. Es war ein klares, unbewegtes Signal von einem mit GPS ausgestatteten Handy, also kennen wir ihren Aufenthaltsort auf zehn Meter genau. Sie befinden sich in einem
Denny’s auf der Atherton Street in Milltown, Maryland. Unsere Einsatzkräfte sollten sofort dort sein.«
Savich klappte sein Handy zu. »Die Cops sind auf dem Weg zu Moses. Du hattest recht, es ist ein Restaurant, ein Denny’s. Wir werden bald erfahren, ob sie früh genug eintreffen. Es hat sich so angehört, als hätte Moses nicht gewusst, dass Claudia sein neues Telefon benutzt. Ich wette, sie sind sofort
Weitere Kostenlose Bücher