Angst
auf sie war, weil sie das Telefon benutzt hatte. Er weiß also, dass wir ihn orten können. Sie sind sofort abgehauen.« Sherlock seufzte. »Wenn er nur ein bisschen mehr Zeit auf der Männertoilette verbracht hätte, hätten wir uns zum Abendessen zu ihnen gesellen können.«
»Und jetzt sagt mir bitte, wo in all dem die gute Nachricht versteckt ist?«, erkundigte sich Ruth.
»Die gute Nachricht ist, dass wir hervorragende Be-
Schreibungen haben, bis hin zu Moses’ alten schwarzen Armeeschnürstiefeln. Auch Claudia hatte sich nicht gerade getarnt. Sie trug tief geschnittene Hüftjeans, ein knappes pinkfarbenes Oberteil und eine Jacke aus Pelzimitat. Die beiden haben einen ziemlichen Eindruck auf ihre Bedienung gemacht, die ausgesagt hat, dass Claudia hübsch sei, aber zu viel Make-up benutzt, und dass der alte Kerl aussieht, als habe er hundert Jahre in der Sonne verbracht.
Die beste Information stammt allerdings von einem Kellner, der draußen eine Zigarette geraucht hat, als Moses und Claudia das Restaurant verließen. Der Alte brüllte sie an und wedelte mit dem Handy vor ihrem Gesicht herum, bevor er sie in den Lieferwagen schob.
Der Kellner konnte Claudia beobachten, bis der Wagen aus seinem Blickfeld verschwand. Sie winkte ihm vom Beifahrerfenster aus zu. Er erinnert sich kaum an das Auto -glaubt, es handle sich um einen richtig schmutzigen Ford. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Mädchen. Vielleicht bekommen wir noch mehr aus ihm heraus. Darauf würde ich sogar meinen nächsten Gehaltsscheck verwetten!«
Savich sagte: »Der Kellner aus dem Denny’s ist bereit, sich morgen früh von Dr. Hicks in Quantico hypnotisieren zu lassen, und wir müssen ebenfalls vor Ort sein. Ich bin nicht sicher, dass wir am Abend zurück sein werden. Kommt ganz darauf an, was bei der Sache herauskommt.
Moses ist kein Dummkopf. Er wird wohl geahnt haben, dass wir ihn auch über ein Prepaid-Handy aufspüren konnten, solange Claudia am Apparat war.«
»Was bedeutet«, fuhr Sherlock fort, »dass wir mit den Gästen, die sie im Restaurant gesehen haben, sprechen müssen. Die beiden werden sich wahrscheinlich für eine
Weile still verhalten. Aber immerhin wird morgen früh jeder Streifenwagen in der Gegend Claudias Bild haben.«
Ruth applaudierte. »Als Dillon vorhin anrief, hat er gar nicht erzählt, was du erreicht hast. Das ist toll, Sherlock! Mach weiter so, und du wirst alles noch ganz alleine aufklären.«
Sherlock sagte zu Ruth: »Claudia wollte mit Dillon sprechen, Ruth. Sie möchte nämlich mit ihm schlafen. Dillon war aufgebracht, weil er denkt, ich sei zu zart besaitet, um den Dreck zu ertragen, den Claudia von sich gibt.«
Zwei weibliche Augenpaare sahen zu Savich.
»Da ist noch mehr, Ruth, und Sherlock weiß das!«
»Ach«, sagte Dix, lehnte sich im Sofa zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ach, was?«, fragte ihn Savich, ohne den Blick von seiner Ehefrau zu lösen.
»Vielleicht läuft alles darauf hinaus, dass Sie sie beschützen wollen.«
Sherlock wandte sich jetzt an den Sheriff. »Vor einem verrückten Kind am Handy? Dillon hat kein Recht ...«
Dix ließ sie nicht ausreden. »Ich würde mich wahrscheinlich genauso verhalten, wenn Ruth meine Frau wäre. Das liegt einfach in unserer Natur - Sie beide müssten das doch wissen. Es ist bloß Instinkt.«
Sherlock war auf hundertachtzig, und Dix hatte Glück, dass Savich zwischen ihnen saß. »Frauen haben den gleichen Instinkt, Sie Machomann!«
Dix räusperte sich. »Nun, ich bin froh, dass wir das ohne Blutvergießen geklärt haben. Wenn jetzt bitte alle mal einen Blick auf die Uhr werfen würden? Es ist schon ziemlich spät!«
Leises Lachen war zu vernehmen, das von Ruth stammte. Darauf folgte bleierne Stille.
Ruth sprang ein und berichtete ihnen, dass sie und Dix den gesamten restlichen Nachmittag mit Gordon Holcombe verbracht hatten. »Wir haben jeden Fleck in seinem Büro, Haus und Studio durchsucht, sogar jede Schallplatte. Er war kooperativ, das muss man ihm zugestehen. Wir haben sogar mit drei seiner Exgeliebten am Telefon gesprochen. Ihnen ging es gut, und sie waren zum Zeitpunkt der Morde alle woanders.«
»Ich werde morgen noch einmal mit Gordon sprechen«, sagte Dix. Dann blickte er auf seine gefalteten Hände hinab und runzelte die Stirn. »Ich komme einfach nicht drüber hinweg, dass zwei der Opfer mit ihm eine Beziehung hatten. Vielleicht hat er uns alles von den Studentinnen erzählt, aber Helen war keine Studentin,
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