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Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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segensreiche Gabe offenbart. Sie sollten hören, wie Erin Bartoks Sonate für Violine solo spielt. Sie ist absolut brillant. Man hat das Gefühl, man sei der erste Mensch, der das Stück zu hören bekommt.
    Was weiß ich sonst noch von ihr? Sie ist in ihrem vierten Jahr und wird im Mai ihren Bachelor in Musikwissenschaften ablegen. Soviel ich weiß, möchte sie hier auch ihren Master machen. Was ist los, Dix? Hat Erin etwas angestellt? Ich weiß, dass sie keine Drogen nimmt, vielleicht ein wenig Marihuana, davon ist was auf dem Campus im Umlauf, aber niemals etwas Härteres. Sie liebt es auch, mit ihrem kleinen Miata richtig schnell zu fahren. Oh nein, sie hatte doch nicht etwa einen Unfall?«
    » Es handelt sich weder um Drogen, Gordon«, sagte Dix, »noch um einen Autounfall. Es tut mir leid, dir das mitteilen zu müssen, aber Erin Bushnell ist tot. Wir haben ihre Leiche in einer Höhle, in der Winkel’s Cave, gefunden. Bis jetzt kennen wir die Todesursache noch nicht, aber es sieht so aus, als sei sie ermordet und in der Höhle bestattet worden. Die Eingänge wurden künstlich verschlossen, und der Mörder hat wahrscheinlich gehofft, dass man sie nie findet.«
    Gordon stand kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Sein markantes, aristokratisches Gesicht war so weiß wie seine Fingerknöchel, die sich an der Tischkante festkrallten. »Nein, das ist unmöglich! Nein, Dix, nicht Erin! Sie war derart begabt, so frisch und jung und vielversprechend. Du musst dich täuschen. Nein, das kann nicht sein. Bist du sicher, dass es sich tatsächlich um Erin handelt?«
    Dix legte seinem Onkel ganz leicht die Hand auf die Schulter. »Leider gibt es keinen Zweifel, Gordon. Wir vermuten, dass sie umgebracht wurde, kurz bevor Ruth die Höhle am Freitag betreten hat. Der Mörder hat sie wahrscheinlich ganz kurz vor Ruths Ankunft dort hineingeschleppt.«
    »Erin in der Winkel’s Cave? Warum in Gottes Namen sollte sie sich dort aufhalten? Ich hätte sie beinahe noch an diesem Wochenende angerufen, um ein weiteres Konzert vor ihrem Abschluss für sie zu planen, doch ich war so in diese neue Sonate vertieft, an der ich gerade arbeite, dass ich es vergaß. Oh, das arme Kind!«
    »Wir alle sind bestürzt, Dr. Holcombe«, sagte Ruth, »aber wir brauchen Ihre Hilfe. Erin braucht Ihre Hilfe. Jemand hat sie umgebracht. Sie müssen uns alles von ihr erzählen - von ihren Freunden, ihren Lehrern, den Jungen, mit denen sie ausging, ihren Gewohnheiten. Wir müssen wissen, wo sie am Freitag war.«
    Ruth sah, dass er noch nicht bereit für ihre Befragung war, und das konnte sie ihm nicht verübeln. Gewaltverbrechen sind immer ein Schock, wenn man das Opfer kennt.
    Gordon bedeckte die Augen mit den Händen. »Ich kann es noch immer nicht glauben! Eine Studentin, eine von meinen Studentinnen, wurde ermordet! Solche Dinge passieren einfach nicht an der Stanislaus. Großer Gott! Was bedeutet das für unsere Schule, unsere Finanzierung? Sie glauben doch nicht etwa, dass ein anderer Student sie getötet haben könnte, oder? Wir erziehen hier Musiker, keine Mörder!« Er senkte den Kopf und versuchte, seine Fassung zurückzugewinnen. Als er wieder aufblickte, war er immer noch außerordentlich blass, doch seine Stimme klang ruhig. »Erin studierte bei Gloria Brichoux Stanford, einer älteren Dame, ungemein talentiert, extravagant, mit einer spitzen Zunge. Über die Jahre hat sie ein Dutzend Konzerte in der Carnegie Hall gegeben, viele Platten aufgenommen und mit einer Reihe Orchestern auf der ganzen Welt zusammengespielt. Du und Christie habt sie in New York kennengelernt, Dix.«
    Dix erklärte: »Christie und Glorias Tochter besuchten gleichzeitig die Carnegie Mellon School. Etwa sechs Monate, nachdem wir New York verließen, nahm Gloria eine Stelle an der Stanislaus an, was uns überraschte und freute. Ihre Tochter ist ebenfalls hierhergezogen. Also hat Erin eng mit ihr zusammengearbeitet, Gordon?«
    »Seit Beginn des Herbstsemesters im September hat Erin mindestens zwei Stunden täglich mit Gloria geprobt. Ich würde sagen, niemand auf dem Campus kennt Erin besser als Gloria. Sie kann dir vielleicht sagen, nun ... Ich weiß auch nicht, aber sie müsste doch über Dinge wie Erins
    Freunde Bescheid wissen, über Leute, die sie nicht mochte, und ob sie sich wegen irgendetwas Sorgen gemacht hat, nicht wahr?« Seine Stimme versagte ihm. Er stand still da, an seinen Schreibtisch gelehnt, und starrte hinab auf seine eleganten italienischen Halbschuhe. »Erin war

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