Angst
so unglaublich jung, einundzwanzig, zweiundzwanzig? Hast du schon mit ihren Eltern gesprochen, Dix?«
»Ja, das habe ich. Es war sehr schwierig. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass jemand ihre Tochter nicht mögen, geschweige denn ermorden könnte. Außerdem war ihnen nicht bekannt, ob Erin Probleme mit ihrem letzten Freund hatte. Sie kommen hierher, um ihre Leiche nach Iowa zu überführen. Helen hat uns Erins Adresse gegeben. Weißt du, ob sie eine Mitbewohnerin hatte? Oder lebte sie allein?«
Gordon zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung.«
»Das macht nichts. Vielen Dank für deine Hilfe, Gordon. Es tut mir wirklich sehr leid. Ich bin sicher, dass jetzt viel auf dich zukommen wird. Insbesondere, wenn die Sache bis zu den Medien durchsickert.«
»Oh ja, die Journalisten werden dafür sorgen, dass jeder in Stanislaus deswegen belästigt wird. Ich muss Vorkehrungen treffen, um meine Studenten vor ihnen zu schützen. Nun, wir werden damit fertig werden müssen, es bleibt uns keine andere Wahl.« Er war nun nicht länger Gordon, sondern wieder Dr. Holcombe. »Bitte halte mich auf dem Laufenden. Ich werde Erins Eltern persönlich anrufen. Wir werden einen Gedenkgottesdienst für sie abhalten lassen.«
Helen sagte nichts, als sie aus dem Büro traten. Die Sekretärin wirkte sehr aufgewühlt. »Das scheint einfach unmög-lich zu sein. Erin ... tot. Es tut mir so schrecklich leid. Sie war eine hübsche junge Frau, richtig nett. Auf jeden Fall verhielt sie sich mir gegenüber stets liebenswürdig. Ich war auf einigen Fakultätsfeiern, wo sie ebenfalls anwesend war. Sie hat niemals viel getrunken, und ich erinnere mich, dass sie eigentlich einen recht schüchternen Eindruck machte, aber zu jedem freundlich war, der auf sie zuging. Die ganze Sache ist tragisch, Sheriff, das ist sie wirklich.«
Ruth tätschelte ihr leicht den Arm. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Helen.«
»Erin hatte keine Mitbewohnerin. Sie lebte allein.« Die Sekretärin reichte Dix einen Zettel.
Bevor sie das Vorzimmer und dann das Gebäude verließen, sahen sie noch, dass Helen in Dr. Holcombes Büro ging und einen Moment leise mit ihm sprach. Die Luft draußen war eiskalt.
»Was steht auf der Karte, die Helen Ihnen gegeben hat?«, fragte Savich den Sheriff, als sie wieder in den Range Rover stiegen.
»Gloria Brichoux Stanfords Handynummer und Adresse. Wir werden ihr morgen einen Besuch abstatten. Jetzt sollten wir zu Erin Bushneils Apartment fahren und uns dort ein wenig umsehen. Vielleicht finden wir ja was.«
»Ein paar zerrissene Liebesbriefe mit Unterschrift wären nett«, sagte Ruth.
»Ich würde mich schon mit ein paar schönen, deutlichen Fingerabdrücken zufriedengeben«, erwiderte Dix. Einige Minuten später bog er in die Upper Canyon Road ein, die nur drei Blocks vom Campus entfernt lag. Es war ein altehrwürdiges Viertel, an dessen Straßenzügen sich in leuchtenden Farben gestrichene Häuser reihten, einige von ihnen aus der viktorianischen Zeit. Uralte, schneebeladene Eichen drängten sich in den Vorgärten.
»Sie wohnt im ersten Stock. Dort oben«, sagte Dix.
Als der Sheriff klingelte, geschah nichts. Er klopfte, wartete und klopfte erneut. Dann rief er seinen Namen. Immer noch keine Antwort. Er drehte den Türknopf, und die Eingangstür ließ sich öffnen.
Über die Schulter hinweg meinte er: »Dieses Vertrauen in den Rest der Welt kommt uns zugute. Gehen wir hinein.«
Es war ein hohes Gebäude mit je einem Apartment auf jedem der drei Stockwerke. An der Wohnung im ersten Stock befand sich keine Nummer. Dix drehte den Türknopf, und die Tür öffnete sich. »Ich kann nicht glauben, dass sie die Tür nicht abgesperrt hat«, sagte Ruth. »Die Haustür ist eine Sache, aber dies hier schreit geradezu nach Ärger der übelsten Sorte.«
»Vielleicht hat der Mörder sie hierhergebracht und die Tür dann unverschlossen gelassen.«
Sie betraten ein großes Wohnzimmer mit hoher Decke. Auf der rechten Seite war eine mit Kissen ausgepolsterte Fensterbank in den Erker eingelassen, der zur Straße hinausging. Auf der anderen Seite war das Wohnzimmer über eine lange Theke mit einer Essnische und der Küche verbunden.
Obwohl sie die Lichter nicht angeschaltet hatten, war das Zimmer hell. Durch die bunten Zierkissen und die in Pastellfarben gehaltenen Wände, die mit riesigen Postern, vor allem von Brad Pitt, übersät waren, erschien es sogar noch heller.
»Okay«, sagte Dix. »Wir sollten uns aufteilen und die Wohnung
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