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Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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er mir seine Aufmerksamkeit schenkt, dass er mir sagt, wie sehr er mich bewundert und für wie talentiert er mich hält. Ist das nicht erbärmlich?«
    Ruth sah verwirrt aus. »Das ist wirklich ein wenig schwer zu verstehen. Wenn Sie Ihrem Vater solche Gefühle entgegenbringen, warum arbeiten Sie dann für ihn und leben in der gleichen Kleinstadt wie er?«
    Professor Marian Gillespie schien sich nicht angegriffen zu fühlen, sondern bedachte sie alle mit einem breiten Lächeln. »Ich habe Ihnen bereits erklärt, Agentin Warnecki, ich bin erbärmlich. Im Gegenzug wird das alles hier durch einen Liebesvorrat an netten jungen Männern ausgeglichen.«
    »Was ist mit Ihrer Mutter, Professor?«, fragte Sherlock, um das Gespräch wieder auf das Thema zu lenken.
    »Bitte, nennen Sie mich Marian.«
    Sherlock nickte.
    »Meine Mutter? Oh, Dad hat sich von ihr scheiden lassen, als ich noch ein Baby war. Danach ist sie verschwunden, und ich habe nie mehr wieder von ihr gehört. Von dem Augenblick an gab es nur noch Dad und mich.«
    »Weißt du, wo sie wohnt?«, wollte Dix wissen.
    »Nein, vielleicht weiß es Onkel Chappy, aber ich würde mich nicht darauf verlassen, dass er dir etwas erzählt, das auch bloß annähernd der Wahrheit entspricht. Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass Onkel Chappy sie nicht mochte. Was wohl ebenfalls auf meinen Dad zugetroffen hat, immerhin hat er sich von ihr scheiden lassen.«
    »Wussten Sie«, sagte Savich abrupt, »dass Ihr Vater ein Verhältnis mit Erin Bushnell hatte?«
    Marian war schockiert und ganz offensichtlich angewidert. Sie war entweder eine außergewöhnlich gute Schauspielerin, oder dieser Umstand war ihr tatsächlich neu. »Das ist eine gemeine Lüge!« Sie sprang auf, die Handflächen auf den Tisch gestützt. »Warum sagen Sie so etwas? Das ist lächerlich! Gewiss, er hat mit Helen geschlafen, aber sie ist in seinem Alter. Eine Studentin? Erin Bushnell? Auf gar keinen Fall!«
    »Es ist wahr, Marian«, entgegnete Savich. »Ginger Stanford wusste davon, ebenso wie Helen Rafferty.«
    »Hat Helen das gesagt? Bist du sicher, Dix? Um Himmels willen, Erin war um einiges jünger als ich. Sie war so alt wie Sam. Nein, das kann ich nicht glauben, das kann ich einfach nicht glauben!«
    »Das musst du aber«, sagte Dix. »Helen hat uns alles erzählt. Doch ich finde es interessant, dass du bei der Affäre deines Vaters mit Helen Rafferty in jedes Detail eingeweiht warst, allerdings nichts von Erin Bushnell wusstest.«
    Marian schüttelte langsam den Kopf. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Andererseits kann ich mir auch nicht vorstellen, dass mein Dad über Sam Moraga Bescheid weiß. Herrgott nochmal, er ist mein Vater!«
    »Die Nachricht von Helens Ermordung hat Sam Moraga ziemlich aus der Fassung gebracht. Er war wegen des Todes einer Verwaltungsangestellten aufgebrachter, als ich es von einem Studenten erwartet hätte. Warum?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war sie für ihn auch eine Art Mutter. Woher soll ich das wissen? Wir haben nie über sie gesprochen. Übrigens war es Helen, die mich mit Sam bekannt gemacht hat. Er besuchte zwar einen meiner Kurse in Musiktheorie, aber er war mir dort nicht weiter aufgefallen. Bei einer dieser nicht enden wollenden Partys, die mein Vater unbedingt alle paar Monate geben muss, damit sich Dozenten und Studenten besser kennenlernen, hat sie uns einander vorgestellt.«
    »Weiß jemand von Sam?«, wollte Dix wissen.
    Sie schüttelte den Kopf und warf einen sorgenvollen Blick auf ihre Fingernägel. »Wir sind sehr diskret.« Sie trank ihren Tee aus. »Hättest du Sam nicht bei mir zu Hause angetroffen, würdest du immer noch glauben, ich sei nichts weiter als die alte Jungfer, für die mich jeder hält. Vor Sam gab es zwei andere, die jetzt beide bereits in die weite Welt hinausgezogen sind. Letztes Jahr hat mich mein Vater eine prüde, vertrocknete Spießerin genannt. Ich erinnere mich, dass ich die Nacht davor aus gutem
    Grund nur zwei Stunden Schlaf bekommen hatte, weshalb ich ihm einfach ins Gesicht lachte. Er konnte dieses Lachen nicht einordnen, und ich habe ihn nicht aufgeklärt.« Ihre Stimme nahm einen kalten und leisen Tonfall an. »Vielleicht hätte ich ihm von dem jungen Mann erzählen sollen. Es scheint so, als hätten wir Erfahrungen austauschen können. Wir beide sind schon ein seltsames Paar, nicht wahr?«
    Sie hatte Tränen in den Augen, und Dix ließ ihr Zeit, damit sie sich wieder fassen konnte. Er kannte sie seit

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