Angst
Komposition war schrecklich, du Narr, nicht Marians Klarinettenspiel! Wooten glaubt, jede Dissonanz sei ein Geniestreich - Sie wissen schon, wie diese modernen Maler, die allen möglichen Unsinn auf die Leinwand schmieren. Bevor du mir vorwirfst, ein Perfektionist zu sein, Chappy, solltest du dir lieber an die eigene Nase fassen und überlegen, wie du Tony behandelst. Immerhin macht er sich prächtig in deiner Bank.«
Sherlock fiel ihm ins Wort. »Was haben Sie dann gemacht, Dr. Holcombe?« Ganz bewusst überging sie Chappy und blickte Gordon durchdringend an.
»Was ich gemacht habe? Nichts! Ich bin nach Hause gefahren, das machen Menschen gewöhnlich so, wenn sie müde sind. Sie gehen nach Hause. Wie ich schon sagte, ich war deprimiert und wütend, weil irgendein Wahnsinniger Erin umgebracht hat. Ich habe die ganze Zeit an sie denken müssen, konnte sie nicht aus meinen Gedanken verscheuchen. Es hat mich wirklich getroffen, dass ich sie nie wieder sehen und nie wieder Geige spielen hören werde.«
Savichs Stimme nahm einen noch schärferen Ton an.
»Sagen Sie uns bitte, wann Sie nach Hause kamen und was Sie dort gemacht haben.«
»Also gut. Ich bin etwa um halb zehn zu Hause gewesen. Ich bin meine Post durchgegangen, weil ich dazu keine Zeit gefunden hatte, bevor ich rüber zu Marian gefahren bin. Dann habe ich die Nachrichten im Fernsehen angeschaut, einen Scotch getrunken und bin ins Bett gegangen. Ich habe versucht, nicht an Erin zu denken. Da ich Schwierigkeiten beim Einschlafen hatte, habe ich noch ein wenig ferngesehen, aber ich wurde die Gedanken an Erin nicht los. Und jetzt ist auch noch Helen tot.«
»Kann das irgendjemand bestätigen, Gordon?«, fragte Dix.
»Nein, ich lebe allein, das weißt du doch genau. Die Putzfrau geht um fünf Uhr nachmittags.«
Darauf folgte ein Moment der Stille, die Ruth durchbrach, wobei sie von einem Bruder zum anderen blickte. »Sie beide sehen sich außerordentlich ähnlich. Erlauben Sie mir die Bemerkung, aber ich bin neu hier und habe noch nie erlebt, dass sich zwei Brüder so benehmen, wie Sie das tun. Warum, Chappy, beschuldigen Sie Ihren Bruder des Mordes? Können Sie mir das erklären?«
Chappy lachte und verschränkte die Hände über dem Bauch. »Nun kommen Sie schon, Agentin Ruth, sehen Sie sich diesen aufgeblasenen, affektierten Akademiker doch an! Können Sie es mir etwa verübeln? Der erbärmliche Lügner hat in seinem ganzen Leben nichts Anständiges getan, außer auf seiner Fiedel zu spielen.« Er hickste, schlug schnell die Hand auf den Mund und hickste erneut.
Gordon sagte matt: »Bitte achten Sie nicht auf diesen eifersüchtigen Trottel. Nach dem Tod unserer Eltern hat er sich zu meinem Vater aufgeschwungen, bis ich es geschafft habe, das Weite zu suchen. Das Einzige, was ihm etwas bedeutet, ist sein Geld.« Er nickte mit dem Kopf in Richtung seines Bruders. »Ich werde dich in einem Sarg voller Ein-Dollar-Scheine begraben, Chappy, genau die passende Gesellschaft für dich.«
»Nun, mach Tausend-Dollar-Scheine daraus, und wir sind im Geschäft, du nichtsnutziger Bastard!«, erwiderte Chappy und versuchte, seinen Bruder mit der Spitze seines Slippers zu treffen.
Ruth räusperte sich. »Trotzdem sind Sie hierhergekommen, Dr. Holcombe, als Sie nicht mehr weiterwussten.«
»Obwohl ich mich schon mein gesamtes Leben mit diesem herrischen Esel herumärgere, muss ich zugeben, dass ich seinen Kaffee mag.« Er hob die Kaffeetasse in Richtung seines Bruders.
KAPITEL 23
Nicht Marian Gillespie öffnete ihnen die Tür, sondern ein junger Mann. Er war barfuß und trug Jeans und ein graues Sweatshirt mit dem Schriftzug STANISLAUS auf der Brust.
»Wer sind Sie?«
Lächelnd trat Dix einen Schritt nach vorne und drängte ihn zurück ins Haus. »Ich bin Sheriff Noble. Und wer sind Sie?«
»Hey ...«
»Wer sind Sie?«
»Sam Moraga.«
»Das ist das Haus von Professor Marian Gillespie. Was machen Sie hier?«
»Marian gibt mir Privatunterricht«, erwiderte der junge Mann und gähnte so tief, dass sein Kiefer knackte.
»Worin?«
»Ich spiele unter anderem Klarinette. Ich konnte gestern Abend erst sehr spät rüberkommen, weil Dr. Holcombe -das ist ihr Vater - hier war und sie ihn nicht vor neun loswerden konnte.«
»Sie haben gesehen, wie Dr. Holcombe weggefahren ist?«
»Ja, er fährt einen protzigen silbergrauen Mercedes und hält sich für was Besseres als die Bauern hier. Die Sache ist allerdings die, dass man ihm die Show abnimmt.«
»Wo ist Dr.
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