Angst im Paradies
ersten Stock rauf, in der Liz lebte. Die aufgestaute Nervosität grummelte in meinen Eingeweiden und machte mir die Knie weich. Mein Herz klopfte so laut, dass ich dachte, man müsse es bis hoch zu Liz Appartement hören.
„Nun, es wird nicht besser, wenn wir hier nur rumstehen, nicht wahr mein Schatz?“
Lamin gab einen quiekenden Laut von sich und strampelte mit seinen Beinen. Ich gab ihm einen dicken Kuss auf die runde Wange und drückte ihn kurz an mich, was ihm ein neuerliches Quietschen entlockte.
„Also dann“, murmelte ich und trat auf die Tür zu. Sie war offen. Erst gegen Abend würde der Hausmeister sie verschließen. Ich trat in den Flur des alten Hauses. Der Geruch der alten Holztreppe, Bohnerwachs und frittiertem Fisch, der mir im Hausflur entgegenschlug, war angenehm vertraut. Mut fassend betrat ich die alte Treppe. Jede Stufe gab ein quietschendes, knarzendes Geräusch von sich.
Oben angekommen schaute ich auf das Türschild. Das hatte ich in meiner Aufregung unten ganz vergessen. Doch Liz schien noch hier zu wohnen, denn ihr Name stand auf einem Schild neben der Tür und auch die Fußmatte mit der Katze war geblieben. Zaghaft streckte ich die Hand aus und zog sie wieder zurück, ohne zu klopfen.
Feigling! , schalt ich mich selbst.
Nachdem ich mir zum hundertsten Mal überlegt hatte, was ich sagen sollte, wenn Liz die Tür öffnete, streckte ich erneut die Hand aus.
Vielleicht ist sie gar nicht da! , sagte mein innerer mein in Schweinehund, sich genau das wünschend.
Ich klopfte!
Banges Warten. Schritte hinter der Tür. Dann schwang die Tür auf und ich stand einer gewohnt zerzausten Liz in schlackerndem Shirt und alten Jeans, Liz Lieblingsoutfit für freie Tage, gegenüber. Mir sackte das Herz in die Hose und ich hätte am Liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht.
Liz stand da mit offenem Mund und vor Erstaunen weit geöffneten Augen. Dann brach sie unvermittelt in Tränen aus und umarmte mich mit der ihr typischen Impulsivität. Lamin meckerte über den abrupten Angriff und Liz wich einen halben Schritt zurück.
„Ist das deiner?“, fragte sie dümmlich, dann brachen wir beide gleichzeitig in Lachen aus und der Bann war gebrochen. „Kommt rein, es zieht!“
Ich betrat die Wohnung, die sich in zwei Jahren nicht verändert hatte. Liz war eine leidenschaftliche Antiquitätensammlerin und so stammten alle ihre Möbel von Trödelmärkten und Garagenverkäufen. Ich setzte mich auf das uralte Sofa und fühlte mich seit Langem endlich zu Hause.
„Möchtest du einen Cappu?“, fragte Liz und ich nickte.
Liz verschwand in der kleinen Küche und erschien wenig später mit zwei Tassen Cappuccino mit echter aufgeschäumter Milch und Kakaopulver darüber gestreut. Wie beim Italiener.
„So! Nun erzähl!“, forderte Liz, nachdem sie die Tassen auf den Tisch gestellt und sich in einen alten Ohrensessel gesetzt hatte.
Es war das dritte Mal, dass ich nun meine Geschichte in kurzer Zeit erzählte, doch es war auch das emotionalste Mal und ich musste immer wieder stoppen, wenn ich vor lauter Weinen ins Stocken kam. Liz hörte aufmerksam zu und unterbrach mich nicht, was sehr untypisch für sie war. Nachdem ich geendet hatte, sah ich Liz aus verquollenen Augen an.
„Bist du mir noch böse?“
„Was? Ob ich dir noch böse bin?“, fragte Liz verständnislos. „Warum sollte ich dir böse sein?“
„Weil ... weil ich nicht auf dich gehört habe und ich dich damals im Hotel einfach so sitzen gelassen habe“, schniefte ich.
„So einen Unsinn kannst auch nur du von dir geben. Mir geht es ganz elend, weil ich dich habe einfach sitzen lassen und weil ich dich nicht davon abgehalten habe, diesen furchtbaren Fehler zu begehen. Aber dass das Ganze so schlimm werden würde für dich, hatte ich auch nicht gedacht. Dass er dich enttäuscht, ja. Aber dass er dich misshandelt und noch dazu so brutal? Das hätte ich ihm auch nicht zugetraut. Ehrlich, ich hab ihn auch völlig falsch eingeschätzt.“
„Du hast alles getan, was du konntest, um mich davon abzubringen. Es war nicht deine Schuld! Ich habe unvernünftig gehandelt und nicht auf dich gehört. Ich habe das bitter bereut, glaube mir!“
„Ach Süße! Es tut mir so unendlich leid für dich“, sagte Liz und brach nun auch in Tränen aus. „Wenn ich mir dass alles so vorstelle, was du mir erzählt hast ...“ Liz schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich bin ... das ist so ... allein der Gedanke macht mich schon ganz krank.“
„Es ist o.k.!“,
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