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Angst im Paradies

Angst im Paradies

Titel: Angst im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy McAllister
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wäre. Plötzlich spürte ich eine angenehm kühle Feuchtigkeit. Gierig schnellte meine Zunge hervor, fing einen Tropfen auf. Wasser! Eiskaltes Wasser. Ich musste im Paradies sein. Nein! Mein Körper schmerzte eindeutig zu sehr, im Paradies würde ich sicherlich keine Schmerzen mehr verspüren. Jemand, die Frau mit dem runden Gesicht?, hielt mir ein noch teilweise gefrorenes Wasserpäckchen, wie sie in Gambia überall für 2 Dalasi verkauft wurden, an die Lippen. Ich öffnete den Mund und eiskaltes Wasser lief in meinen Mundraum, rann erfrischend meine trockene Kehle hinab, doch die Kälte tat meiner ausgedörrten Kehle weh, ich verschluckte mich und musste husten. Jemand klopfte mir hilfreich auf den Rücken, dann trank ich weiter. Lutschte auch den letzten Tropfen aus dem Plastikpack, in dem sich jetzt nur noch Eis befand.
    Mein Gesichtsfeld klärte sich allmählich.
    „Besser?“, fragte meine Retterin auf Englisch und diesmal verstand ich die Worte auch.
    Ich nickte.
    „Ja“, krächzte ich.
    Das Sprechen tat mir weh und war sehr anstrengend.
    „Ich habe meinen Bruder angerufen, er kommt mit seinem Taxi hier her. Er wird jeden Moment hier sein. Dann fahren wir dich in die Klinik.“
    „Po–li–zei”, brachte ich mühsam hervor.
    „Erst Klinik. Du brauchst dringend ärztliche Hilfe. Die Polizei – später!“, sagte die Frau bestimmt.
    Ich hörte entferntes Motorengeräusch, das sich langsam näherte. Auch die Frau hatte es gehört, denn sie hob den Kopf und lauschte.
    „Ah, das wird Isa sein.“
    Eines der gelbgrünen Lokaltaxis kam in Sicht, es mühte sich über den sandigen und unebenen Boden. Der Wagen hielt genau dort, wo auch mein Wagen gestanden hatte. Ein junger Mann mit einem blauen Baseballcap und gelber Sonnenbrille stieg aus.
    „Isa! Komm und hilf mir hier“, rief die Frau ihrem Bruder zu.
    Die beiden Geschwister führten einen schnellen Wortwechsel in Mandinka, dann fasste jeder mich unter einen Arm und zusammen zogen sie mich auf die Füße. Mithilfe der Geschwister wankte ich zum Auto, und als ich endlich drin saß, fühlte ich, wie eine große Erleichterung mich befiel. Ich merkte erst, dass ich weinte, als die junge Frau mir die Tränen mit einem Tuch abwischte.

    „Ich heiße Piretta, aber meine Familie und Freunde nennen mich einfach Piri“, stellte meine Retterin sich vor.
    „Ju... Ju-li-a.”
    Das Sprechen fiel mir schwer. Es war schmerzhaft und meine linke Gesichtshälfte war mittlerweile so geschwollen, dass ich kaum mehr meinen Mund bewegen konnte.
    „Ist schon gut Julia, du brauchst nicht reden. Wir sind gleich da. Ich hab mich ganz schön erschrocken, als ich dich da gefunden habe. Ich dachte schon, du wärst tot. Bin richtig in Panik geraten. Dabei wollte ich nur meine Freundin besuchen. Gut, das ich mir das Wasser gekauft hatte. Ich glaube, du hattest es ganz schön nötig, nicht wahr? – Ach je, ich plapper schon wieder zu viel. Alle sagen immer zu mir Piri du redest zu viel.“
    Piri lachte und schaute mich entschuldigend an.
    Ich nahm Piris Hand und drückte sie.
    „Ddan-ke.“
    Piri drückte zurück.
    „Schon gut. Ist schon gut. Wird schon wieder, hm?“
    Wir waren am Turntable angekommen und bogen links ab.
    „Ich fahr dich zur Klinik in Bijilo, die haben eine deutsche Ärztin und einen englischen Arzt, die sind sehr kompetent“, meldete sich Isa zu Wort.
    *
     
    Die Klinik war nach europäischem Standard ziemlich primitiv, doch für Afrika wohl schon recht fortschrittlich. Neben den beiden von Isa erwähnten europäischen Ärzten waren auch zwei dänische Krankenschwestern dort als Volontäre. Man brachte mich in ein Behandlungszimmer, das aussah, wie bei meinem alten Hausarzt, als ich noch Kind war. Piri blieb bei mir, während Isa draußen wartete. Piri hatte dem Mann von der Patientenaufnahme alles erzählt, was sie wusste. Es dauerte eine halbe Stunde, ehe die Tür aufging und eine Frau im weißen Kittel hereinkam.
    „Guten Morgen. Ich bin Dr. Schmalbach.“
    Sie war etwa Mitte vierzig, klein und zierlich mit kurzen, blonden Locken und freundlichen, braunen Augen. Sie musterte mich kurz und zog ein paar Latexhandschuhe aus einem Karton, dann begann sie mit der Untersuchung.
    „Die Nase ist gebrochen, aber sauber, dass kriegen wir wieder hin. Die Schwellungen, besonders die des Auges werden ein paar Tage anhalten, aber langsam abklingen. Zwei Zähne sind locker, bitte essen sie in den nächsten drei Tagen nichts Festes, trinken sie Milch und spülen sie

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