Angst im Paradies
eine Weile auf meinen Rücken gebunden getragen, wie die einheimischen Frauen ihre Kinder zu tragen pflegten. Doch dieses Essen aus einer Schüssel und die Toilette hatten mich wirklich angeekelt. Am Liebsten würde ich gleich morgen früh wieder heimfahren. Ich wusste nur nicht, wie ich es Modou beibringen sollte und wie man es der Familie erklären könnte, ohne sie zu kränken. Denn das wollte ich auf keinen Fall.
„Alle lieben dich. Mein Vater hat sich sehr lobend über dich geäußert und ist sehr erfreut über unseren Nachwuchs.“
„Nicht, dass deine Familie Mangel daran hätte“, meinte ich mit einem Lachen.
Modou schaute mich fragend an.
„Hä? Mangel an was?“
„Na an Kindern natürlich!“, erwiderte ich mit Nachdruck. „Ihr könnt ja schon eine eigene Schule aufmachen mit all den Kindern hier.“
Modou grinste. „Ja, du hast recht.“
„Deine Familie ist wirklich nett“, begann ich vorsichtig. „Schade nur, dass einige gar kein Englisch verstehen und ich kein Mandinka. Ich hätte mich gern mit deiner Großmutter unterhalten.“
„Mit der Zeit wirst du Mandinka lernen“, versicherte Modou.
„Hm.“ Ich rückte näher an Modou heran und nahm seine Hand. „Ich muss dir was sagen.“
Modou sah mich fragend an.
„Ja? Was ist es denn?“
„Wie schon gesagt, ich mag deine Familie, aber ...“
Modou zog eine Augenbraue hoch.
„Und?“
„Ich habe ein Problem mit dem Essen hier, alle zusammen aus einer Schüssel, das bin ich nicht gewohnt. Naja und mit den Toiletten.“
So! Nun war es heraus! Ängstlich wartete ich auf seine Reaktion.
Modou seufzte tief, dann küsste er meine Hand und drückte sie. „Ich weiß, du kommst aus ganz anderen Kreisen und auch ich habe mich schon ein wenig entfremdet von unserer Kultur. Es muss ein Schock für dich gewesen sein. Tut mir leid, dass ich dich nicht darauf vorbereitet habe.“
„Was können wir tun?“, fragte ich.
„Wenn du dich mit der Toilette anfreunden könntest,wäre gut, denn da ist so schnell nichts zu machen. Was das Essen anbelangt, kann ich veranlassen, dass du deine eigene Schüssel bekommst. Ist das ein Kompromiss?“
Ich überlegte. Ich wollte wirklich ungern ein Problem heraufbeschwören, wenn ich verlangte, dass wir schon wieder abreisten. Das mit dem Essen klang gut. Eine eigene Schüssel, in die niemand sonst seinen Löffel oder seine Finger eintauchte. Ja, so könnte ich vielleicht über die Toilette hinwegsehen.
„Gut, ich glaube, das ist ein faires Angebot!“, stimmte ich schließlich zu.
Kapitel 14
D ie nächsten Tage zeigte Modou mir das Land seiner Familie und den Busch. Wir beobachteten die Affen in den Bäumen und sahen auch den einen oder anderen Nilwaran. Ich war von den großen Echsen sehr beeindruckt. Am meisten beeindruckten mich jedoch die vielen Vögel. Am Liebsten mochte ich die blaumetallic glänzenden Stare, die in großen Schwärmen von Baum zu Baum flogen. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich auch Geier aus nächster Nähe. Die seltsamen Vögel erinnerten mich sofort an „Das Dschungelbuch“, einen meiner Lieblingszeichentrickfilme aus meiner Kindheit.
Auch kulinarisch lernte ich einige neue Früchte kennen, wenn auch viele noch nicht reif waren, weil sie gerade keine Saison hatten. Ich war mir sicher, dass dieses Früchte in Europa niemand kannte, ich fragte mich, ob es überhaupt englische Namen dafür gab. Modou kannte nur die Mandinkanamen.
Eine der Früchte, die gerade Saison hatten, war die Koni. Modou holte für mich die Früchte der Konipalme hinunter und zeigte mir, wie man sie öffnete und aß. Das Fruchtfleisch war klar wie Wasser und geleeartig, von flüssig bis ganz fest, je nach Reife. Es war kühl und erfrischend. Man schnitt der Frucht, die ein wenig wie eine Kokosnuss aussah, nur glatt, das obere Drittel ab und je nach Größe der Frucht waren dann ein bis drei Löcher an der Schnittstelle zu sehen, dann saugte man zuerst das noch flüssige Fruchtfleisch heraus und holte mit dem Finger das feste Fleisch heraus. Es war eine klebrige Angelegenheit, aber ich konnte nicht genug davon bekommen. Auf einem unserer Spaziergänge nahm Modou mich bei der Hand und führte mich zu einem großen Mahagonibaumstumpf und deutete mir, mich hinzusetzen.
Ich spürte, dass etwas in der Luft lag, und sah ihn fragend an. Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl. Modou benahm sich merkwürdig.
„Ich habe mir Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass es besser
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