Angst im Paradies
und ich wollte mir diese Verbündete nicht verscherzen.
„Das sieht Modou ähnlich“, seufzte Awa und ich schaute interessiert auf.
„Was meinst du damit?“, fragte ich betont beiläufig.
„Naja, er macht immer alles, was er will und er ist kein Mann, der auf die Wünsche oder Gefühle einer Frau Rücksicht nimmt. Es interessiert ihn nicht, was Frauen denken oder fühlen. Mit Bin ... – ähm ich meine, naja, so ist er halt.“
Ich war hellhörig geworden. Was hatte Awa mir sagen wollen, als sie sich so plötzlich verbessert hatte? Mit Bin... – Ich konnte mir keinen Reim daraus machen. Doch ich wusste, dass sich hinter diesen abgebrochenen Worten eine für mich wichtige Information verbarg.
„Er hat mich nur wegen dem Geld für das Restaurant geheiratet“, sagte ich schließlich. „Jetzt braucht er mich nicht mehr.“
„Geld“, sagte Awa und schaute auf ihre langen, schlanken Finger.
Sie betrachtete ihre Hände von beiden Seiten und machte keine Anstalten, weiterzusprechen. Ich wollte schon etwas fragen, als das junge Mädchen wieder zu sprechen anhob.
„Überall in Gambia geht es ums Geld. Unsere Leute lieben das Geld zuuu sehr! Modou wollte schon immer hoch hinaus. Besonders, seit Demba in Europa so dicke Kohle macht. Da ist er schon lange eifersüchtig drauf. Ich weiß, dass er weiße Frauen um ihr Geld erleichtert, wie es die Bumster halt so machen. Aber dass eine mal so dumm sein würde ihn zu ... oh, sorry, das war jetzt furchtbar taktlos von mir.“ Awa schaute mich entschuldigend an. „Bist du mir böse?“umln w
„Nein! Du hast ja recht! Ich war – dumm! – Dumm und naiv. Meine Freundin hatte mich gewarnt, aber ich wollte nicht auf sie hören.“
Ich kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an, doch es war sinnlos. Schon bald schluchzte ich laut und die Tränen flossen heiß an meinen Wangen hinab.
Awa kroch zu mir herüber und setzte sich neben mich auf das Bett. Sie legte mir einen Arm um die Schultern und zog mich an ihre Brust.
„Schschsch! Ist ja gut. Es wird schon werden. Weine doch nicht. Ich bin ja bei dir.“
Sie wiegte mich wie ein kleines Kind in ihren Armen.
Nach einer Weile beruhigte ich mich und löste mich verschämt aus den Armen meiner jungen Schwägerin. Ich wischte mir die Tränen von den Wangen. Awa hatte recht. Weinen brachte mich jetzt auch nicht weiter. Ich musste einstweilen das Beste aus meiner Lage machen und abwarten, was nach der Geburt passieren würde. Ich würde die Hoffnung auf ein glückliches Leben mit Modou nicht aufgeben.
„Kannst du mir bitte mal die Tasche da geben“, krächzte ich und deutete auf meine Tasche, die ich mir erst vor drei Wochen auf dem Albert Market gekauft hatte.
Awa erhob sich und holte die hellbraune Tasche mit dem Krokomuster. Ich nahm sie dankend entgegen und wühlte darin, bis ich die Taschentücher gefunden hatte. Ich nahm eines heraus und stellte die Tasche neben dem Bett auf den Boden. Dann schnäuzte ich mir geräuschvoll die Nase.
Awa hatte sich wieder neben mich gesetzt. Ich fühlte mich ein wenig besser, die furchtbare Anspannung war durch das Weinen gewichen, und obwohl ich noch immer unglücklich über meine Lage war, so tat es gut, eine Person zu haben, die mich verstand und der ich mein Herz ausschütten konnte. Ich musste unbedingt aus meiner Schwägerin herausbekommen, was sie mir, wahrscheinlich aus Angst, verschwieg. Doch damit musste ich behutsam vorgehen. Ich musste Awas Vertrauen erarbeiten und dann würde sie mir vielleicht alles erzählen, was sie mir jetzt nicht sagen wollte oder durfte. Sicher hatte die Familie ihr verboten, über dies oder das zu sprechen und ich wusste, wie es in den Familien hier lief. Gerade die Mädchen hatten einen schweren Stand und sie waren auf die Familienbande angewiesen. Ich wollte das Mädchen nicht in Schwierigkeiten bringen. Doch mit geschickt gestellten Fragen hier und dort konnte ich vielleicht doch hinter das Geheimnis kommen.
„Ich danke dir“, sagte ich schließlich und nahm Awas Hand und drückte sie. „Ich bin froh, dass du mich verstehst.“
Awa lächelte. Sie war sehr hübsch mit ihren hohen Wangenknochen und der geraden Nase. Wenn sie lächelte, entblößte sie eine Reihe strahlend weißer und gerader Zähne und ihre großen Augen leuchteten. Ich war mir sicher, dass die eine oder andere Modelagentur in Europa sie gern unter Vertrag nehmen würde. Dieses schöese&szne und kluge Mädchen hatte Besseres verdient, als hier im Busch zu verwelken.
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