Angst in der 9a
er sich brav. Und mit Bello, Marcos tappsigem Schäferhundwelpen, würde er sich bestimmt gut verstehen.
Sie radelten an einer Gruppe von Straßenarbeitern vorbei. Mit freiem Oberkörper schufteten sie in der Sonne. Einer von ihnen war so tätowiert, dass er wie ein wandelndes Bilderbuch aussah.
Arme, Brust und Schultern waren von Blumen, Adlern, Schiffen und sogar einem durchbohrten Herzen bedeckt.
Tarzan erzählte, dass auch Seibolds Vater Tätowierungen an den Armen hat.
Karl, der Computer, nahm die Gelegenheit sofort auf, Wissenswertes aus seinem phänomenalen Gedächtnis zu schöpfen.
»Ist ja nicht jedermanns Sache«, sagte er, »sich tätowieren zu lassen. Zumal man sich darüber klar sein muss, dass das auf Lebenszeit bleibt. Zwar kann man kleinere Tätowierungen ausschleifen oder die betreffende Stelle mit einer Hauttransplantation (Überpflanzung lebenden Gewebes) überdecken. Aber dabei bleiben Narben zurück, meistens, die noch störender sind als die Tätowierung. Früher ließen sich nur Matrosen, Vagabunden und Rocker tätowieren. Aberneuerdings scheint es auch für ganz solide Bürger in Mode zu kommen. Dahinter steckt vermutlich die Absicht, auf der eigenen Haut – und meistens unsichtbar für andere, solange man bekleidet ist – eine Art Lebensgefühl auszudrücken. Sozusagen, um sich herauszuheben aus der Masse Mensch. Tätowiert wird in Japan schon seit 1500 Jahren. In Europa war es früher aus religiösen Gründen verboten. Die Südseeinsulaner tätowierten sich zur Tarnung, indem sie ihrer Haut eine dunklere Einfärbung gaben. Oder indem sie mit bestimmten Mustern ihre Stammeszugehörigkeit zeigten. Beim Tätowieren wird Farbe unter die Haut gestochen, einige Millimeter tief – was nicht wehtut. Bei uns benutzt man die Tätowiernadel, die von einem Elektromotor getrieben wird und etwa 7000 mal pro Minute in die Haut piekt. In die Nadel fließen die Spezialfarben ein. Natürlich ungiftige Farben, die sich im Körpergewebe nicht auflösen. Sonst würde das Bild verlaufen. Die kleinen Stiche verursachen natürlich winzige Wunden. Das ist so, als schürfe man sich die Haut ab. Deshalb muss auf der tätowierten Stelle zwei Wochen lang ein Verband getragen werden. Dann erst kann man das Kunstwerk bewundern. Die schönsten Tätowierungen findet man übrigens in Japan. Dort stechen die Tätowierer nicht einzelne Bilder unter die Haut, sondern komponieren ganze Gemälde auf Rücken oder Brust.«
»Das wäre was für mich«, sagte Klößchen. »Ich lasse mir eine Tafel Schokolade auf den Rücken tätowieren. Mit unserem Firmennamen und dem Hinweis, dass unsere Schokoladen einzigartig gut sind. Auf diese Weise laufe ich im Schwimmbad Reklame.«
»Aber jeder sieht auch«, sagte Gaby lachend, »wohin es führt, wenn man sich von Schokolade ernährt.«
»Ich glaube nicht, dass ich mich jemals tätowieren lasse«, sagte Tarzan.
»Aber so ein kleines Herz auf dem Oberarm stünde dir recht gut«, meinte Gaby. »Vielleicht machst du’s doch malund lässt dann den Namen des Mädchens einritzen, in das du verschossen bist.«
»Das ist mir zu riskant.« Tarzan lachte. »Könnte ja sein, dass es nach zwei Wochen aus ist. Und wie stehe ich dann da? Für ewig mit einem Namen verziert, an den ich nicht mal mehr denken mag.«
»Würdest du dir meinen Namen eintätowieren lassen?«, fragte Gaby und sah ihn kokett von der Seite an. Rasch fügte sie hinzu: »Als Erinnerung an unsere Jugendfreundschaft.«
»Gabriele Glockner – findest du nicht, dass er ein bisschen lang ist? Das ergibt ja mehrere Zeilen von der Schulter bis zum Ellbogen. Und fairerweise müsste ich dann Willi Sauerlich und Karl Vierstein auch noch vermerken. Wer mich sieht, würde denken, ich bin ein Adressbuch.«
Pünktlich kamen sie bei der Mübo an.
Sie stellten ihre Räder in den Garten, vergaßen aber trotzdem nicht, sie zu sichern.
Frau Müller, die Mutter der Lehrerin, öffnete ihnen.
Gaby überreichte den Blumenstrauß. Die Mübo kam hinzu, und alle beobachteten lachend, wie Oskar mit Bello spielte.
Der Welpe sprang um ihn herum, warf sich auf den Rücken, tupfte Oskar mit der Pfote auf die Nase und zwickte ihn ins Ohr. Oskar war gleich ganz vernarrt in ihn.
Gaby konnte sich von dem Anblick kaum losreißen. Natürlich nahm sie Bello auf den Arm. Dann sollte er ihr die Pfote geben, aber das konnte er noch nicht. Stattdessen leckte er ihr rasch über die Nase.
Marco kam die Treppe herunter und begrüßte die vier. Mit Bello und
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