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Angst in der 9a

Titel: Angst in der 9a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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seiner Unterhaltspflicht nicht nachkam.«
    Sie strich sich über die Augen. »Ich habe schreckliche Angst, dass er Marco entführen wird – sobald seine gesetzlichen Möglichkeiten erschöpft sind. Morgen ist vor Gericht der Scheidungstermin; mein Anwalt ist überzeugt, dass Marco mir zugesprochen wird. Damit wird sich Antonio nicht abfinden. Ich weiß, dass er vorhat, seinen Kfz-Handel einem Geschäftsführer zu überlassen und nach Italien zurückzugehen. Aber nicht ohne Marco. Ich fürchte mich davor, dass Antonio durchdreht und eine kriminelle Handlung begeht.«
    Eigentlich ist es grotesk, dachte Tarzan, dass ein Vater versucht, seinen eigenen Sohn zu rauben. Aber die Mübo hat Recht. Bei dem skrupellosen Kerl wäre der kleine Marco arm dran, sein Weg schon vorgezeichnet. Bei seiner Mutter dagegen hätte er alle Möglichkeiten, sich optimal (bestmöglich) zu entwickeln.
    »Was wollen Sie dagegen tun«, fragte Tarzan, »falls Ihr Mann das tatsächlich plant?«
    Hilflos hob sie die Schultern. »Übers Wochenende will ich meine Mutter mit Marco zu Bekannten aufs Land schicken. Sie haben ein Wochenendhaus am Pagelsee. Aber was ich danach...«
    Sie sprach nicht weiter, sondern hob lauschend den Kopf. Auch die Kinder hörten das metallische Krachen. Es klang, als wuchte ein Hammer auf Stahlblech.
    Im nächsten Moment röhrte ein schweres Motorrad auf und brauste die Straße hinunter.
    Sehen konnte man nichts, weil alle Fenster rückseitig lagen.
    »Das... das... ich glaube... mein Auto steht draußen«, stammelte die Mübo.
    Alle sprangen auf.
    Tarzan war der Erste auf der Straße.
    Das Fahrzeug, ein blauer Kleinwagen, parkte am Gehsteig.
    Ein kinderkopfgroßer Feldstein, sicherlich zehn Kilo schwer, lag daneben.
    Jemand hatte ihn auf die Motorhaube geschleudert. Sie war eingedrückt, der Lack abgeplatzt. Tarzan konnte durch einen breiten Spalt am Rande des Deckels in den Motorraum sehen.
    »So eine Unerhörtheit!« Ein älterer Mann kam aus dem gegenüberliegenden Grundstück. »So was habe ich noch nicht erlebt. Das war ja ein richtiger Anschlag auf Ihren Wagen, Frau Müller-Borrello.«
    Sie, ihre Mutter und Tarzans Freunde waren auf die Straße getreten. Marco hatte offenbar nichts von dem mitbekommen, was sich hier abspielte.
    Fassungslos umstanden alle das Fahrzeug.
    Die Mübo kämpfte mit den Tränen.
    »Konnten Sie sehen, wer es war, Herr Raditz?«, fragte sie den Mann.
    »Leider nicht genau. Ich hatte gerade den Weg geharkt«, erwiderte er. »Da hörte ich das Krachen. Ich sah noch, wie ein schweres Motorrad wegpreschte. Zwei saßen drauf. Beide in dunkler Motorradkleidung. Sie trugen Helme. Von den Gesichtern habe ich nichts gesehen. Sie waren auch schon zu weit entfernt, als dass ich das Zulassungsschild hätte entziffern können.«
    Mehr war dazu nicht zu sagen.

     
    Der Mann ging, kopfschüttelnd und Flüche vor sich hin murmelnd über die Schlechtigkeit der Menschen, in seinen Garten zurück.
    Die Mübo schien wie erstarrt, konnte den Blick nicht von der zerstörten Motorhaube wenden und hatte die Nägel aller Finger in die Handflächen gekrallt.
    Klößchen hob den Stein auf, sagte: »Mann, ist der schwer!« Und legte ihn dorthin zurück, wo er gelegen hatte. Tarzan ging zur Mitte der Fahrbahn, entfernte sich ein Stück, hob etwas auf und schob es rasch in die Tasche. Gaby und Karl hatten ihn beobachtet, fragten aber nicht. Schweigend gingen alle ins Haus.
    Während die Mübo die Polizei anrief, aß Klößchen rasch das dritte Stück Schokoladentorte auf, das noch auf seinem Teller lag.
    »Solche Ereignisse zehren an meinen Nerven«, sagte er, »da muss ich mir ein paar Kalorien zuführen.«
    Aber niemand lachte. Die Mübo hatte in der Diele telefoniert und kam jetzt herein.
    »Ich bitte euch«, sagte sie, »von dem Verdacht gegen meinen Mann nichts zu erwähnen. Ein Streifenwagen wirdnämlich gleich hier sein. Ich habe keine Beweise, dass Antonio mir diesen Schaden zufügt. Wenn ich es trotzdem behaupte, könnte das sein Anwalt gegen mich benutzen.«
    Die Kinder nickten.
    »Es tut mir Leid«, sagte sie, »dass unsere nette Kaffeestunde so endet.«
    »Es war sehr schön bei Ihnen«, sagte Tarzan. »Wir möchten uns herzlich bedanken. Für den morgigen Termin vor Gericht drücken wir Ihnen fest den Daumen.«
    Die Kinder warteten noch, bis der Streifenwagen mit zwei Polizisten eintraf, wurden aber als Zeugen nicht benötigt. Denn sie hatten ja genauso wenig gesehen wie die Mübo.
    Sie verabschiedeten sich

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