Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
Eine Menge Patienten-»Aussagen«, aber keine Spur von harter Wissenschaft. Beim Überprüfen der finanziellen Verhältnisse von Dr. Grande fand sie heraus, dass alle Kliniken zu einer Gesellschaft mit Hauptsitz in der Ukraine gehörten.
Als sie fertig war, schickte sie PWNED eine Mail mit der Zusammenfassung ihrer Nachforschungen. Keine Minute später war die Antwort da.
PWNED: ^5
Diana machte »High Five« am Bildschirm. Ein Blick auf die Ecke ihres Bildschirms verriet ihr, dass es schon über zwei Stunden her war, dass sie ihre Sicherheitssysteme zuletzt überprüft hatte. Wieder ein Schritt nach vorn in dem Bemühen, ihrer Paranoia die Stirn zu bieten.
Der Monitor für die Überwachungskamera über der Eingangstür zeigte lediglich einen Rotkardinal, der sich auf dem weißen Lattenzaun niedergelassen hatte. In ihrer Firewall konnte sie jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen.
Ihr fiel ein, dass GROB ihr Nachrichten geschickt hatte. Sie scrollte hinunter, um sie zu finden. Die erste, die vor ein paar Stunden angekommen war, lautete:
GROB: Hast du einen Augenblick Zeit?
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Z u ihrem eigenen Befremden verspürte Diana sofort dieses Kribbeln, als sie GROB s Nachricht las. Das erste Mal hatte er sich vor ein paar Monaten bei ihr gemeldet, als er ihr auf eine Frage geantwortet hatte, die sie in einem Forum für Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung gestellt hatte. Er selbst hatte auch Probleme, mit denen er fertigwerden musste. Aber weder hatte er ihr verraten, welcher Art seine Probleme waren, noch umgekehrt.
Als sie das letzte Mal miteinander »gesprochen« hatten, hatte sie ihm von ihren kleinen Ausflügen berichtet – Spaziergängen in den eigenen Garten und ein paarmal um das Grundstück – und dass sie sich entschlossen habe, in die reale Welt zurückzukehren. Er hatte ihr zurückgeschrieben:
Auch hier kleine Siege. Heute bin ich zur Bank gefahren und ausgestiegen, statt den Autoschalter zu benutzen. Hab’s überlebt. Die Welt wird jeden Tag größer. Wenn du bereit bist, den Sprung zu wagen, werden wir an einem Strand sitzen. Unsere Gläser erheben. Uns Gespenstergeschichten erzählen und uns gegenseitig zu Tode erschrecken. (Haha!) Ein Lagerfeuer machen und draußen unter dem Sternenzelt schlafen.
Diana konnte fast riechen, wie das Lagerfeuer bis auf die glimmende Kohle heruntergebrannt war. Es erinnerte sie an die Zeit, als Daniel und sie in den Grand Tetons gezeltet hatten, im Doppelschlafsack eng umschlungen dagelegen und den Himmel betrachtet hatten, der ihnen so nah erschienen war, dass Diana das Gefühl hatte, sie könne Jupiter anstupsen und mit den Fingern mitten in die Milchstraße hineingreifen.
Der Schlafsack war eines der vielen Dinge, die sie einfach zurückgelassen hatte, nachdem Daniel gestorben war, vor fünfzehn Monaten, einer Woche und drei Tagen – sie brauchte keinen Kalender, um die Anzahl der Tage nachzurechnen. Damals hatten sie in einem verwitterten Landhaus gelebt und in einem umgebauten Eisenbahnwaggon gearbeitet, der in einer baufälligen Scheune untergestellt war. Ihr nächster Nachbar wohnte Meilen entfernt, die größte Gefahr bestand also darin, während der Jagdsaison versehentlich für Rotwild gehalten zu werden. Sie waren damals eine große Nummer in der Hackerszene gewesen, und Daniel war gelungen, was er sich immer gewünscht hatte – ein gewisses Maß an Ruhm mit einem Höchstmaß an Zurückgezogenheit zu vereinbaren.
Um das Geld zu verdienen, das sie für ihr bescheidenes Leben und die unstillbare Lust auf allerneueste Technologie brauchten, verkauften sie »Data Sucker«, ein Programm, das Daniel entwickelt hatte und mit dem Rechner über das Windows-Betriebssystem infiltriert wurden. Ganz der Unternehmer hatte Jake Daniel später vorgeschlagen, noch ein Programm zu schreiben, dem sie den Namen »A-Sucker« gaben und das Rechner vor »Data Sucker« schützte. Für dieses Programm gab es einen noch größeren Markt.
Diana dachte an den Tag zurück, als sich bei ihr zum ersten Mal ernsthafte Zweifel meldeten. Daniel hatte an seinem Computer gesessen und eine Online-Simulation gespielt, auf die er gerade ganz versessen war. Sein Gesicht leuchtete im bunten Schein des Monitors. Sein an den Seiten kahl geschorener Kopf, mit dem er aussah wie der Kämpfer eines Sturmtrupps, und die Unordnung auf dem Arbeitstisch mit Stapeln von Kabelspulen, behelfsmäßig angeordneten Leiterplatten, aufgerüsteten Notebooks und einer Überwachungsanlage machten
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