Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
einer Verbindungsfeier kennengelernt. Bei ihm war ein Typ in Biker-Kluft, doch er trug eine abgewetzte Levis und sah fantastisch aus. Die dunklen Augen unter den schweren Lidern verliehen ihm etwas Melancholisches. Er war so groß, dass er sich ducken musste, um sich nicht den Kopf an der Tür anzuschlagen, hatte langes, zerzaustes Haar. Er war zwar kein Punk, hatte sich aber den Kopf an den Seiten kahl rasiert.
An jenem Abend waren sie zu dritt ausgegangen und schließlich am Rand eines Granitsteinbruchs in Quincy gelandet, zwanzig Meilen von der Schule entfernt. Dort hatten sie es sich bequem gemacht, einen Joint geraucht und die Beine über die Abbruchkante baumeln lassen. Der Mond warf seinen silbrigen Schein auf die unbewegte, schwarze Oberfläche des Wassers, das sich in dem Steinbruch gesammelt hatte. Daniel und Jake hatten sich ausgezogen und waren hineingesprungen.
»Komm schon!«, rief Daniel, als er wieder auftauchte und mit den Armen im Wasser planschte. Die Tropfen glitzerten, und schimmernde kleine Wellen breiteten sich um ihn herum aus. Diana war zwar ziemlich bekifft, aber das kam für sie auf keinen Fall infrage.
Sie waren noch oft an diesen Steinbruch zurückgekehrt, aber erst Monate später, in einem der heißesten Sommer Neuenglands, war sie so zugedröhnt gewesen, dass sie ihre Kleider ablegte und sich traute, vom Rand des Steinbruchs ins Wasser zu springen. An dem Abend hatte es zwischen Daniel und ihr gefunkt.
Es war Daniel, der ein Programm in Margaret Browns Computer installiert hatte. Bei jedem Tastendruck klang er nun wie eine altmodische, mechanische Schreibmaschine, klingelte und ratschte, sobald man auf die Enter -Taste drückte. Mit einer eingebauten Zeitverzögerung war sichergestellt, dass das Programm erst am Mittag eines Tages startete, an dem sich Diana krankgemeldet hatte, sodass der Verdacht nicht auf sie fiel.
Dianas künstlerischer Fähigkeiten hatten sie sich bedient, um Miss Browns Unterschrift unter die Bestellung eines Massagetisches und einer tragbaren Whirlpoolanlage zu setzen, die in das Büro von Mr. McCafferty, dem Präsidenten der Uni, geliefert werden sollten.
Wenige Monate vor Ende jenes Studienjahres gab es einen großen Aufruhr, nachdem man in der College-Verwaltung festgestellt hatte, dass die Namen der Studenten auf einigen Zeugnissen verändert worden waren. Elvis Pretzel und Wile E. Coyote waren keine Studenten am College. Dianas Name war in Mary Jane Watson geändert worden – Spidermans Freundin.
Niemand nahm Miss Brown ernst, als sie ihren Verdacht äußerte, Diana und ihre seltsamen Freunde könnten etwas mit der Sache zu tun haben.
Diana ging in die Abschlussklasse, ohne diese jedoch abzuschließen. In jenem Oktober wurde bei ihrer Mutter Krebs diagnostiziert. Ashley ging noch auf die Highschool, und ihr Vater war schon lange weg. Also hatte Diana ihr Studentenzimmer geräumt, die Kisten in einen geliehenen Dodge-Transporter gepackt und sich auf den Weg nach Hause gemacht. Sie wusste nicht, ob sie ihre Bücher einpacken oder wegwerfen sollte. Ihre Mutter hatte eine gnadenlose Chemobehandlung und Strahlentherapie vor sich. Dass sich ihre Mutter als überaus stark und widerstandsfähig erweisen würde, ahnte Diana zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Der Fahrersitz des Transporters war so hoch über der Straße und so dicht an der vorderen Stoßstange, dass Diana sich am Steuer unwohl fühlte. Auf der Heimfahrt, kurz nach Mitternacht auf der Route 24, irgendwo in Bridgewater, dreißig Meilen südlich von ihrem Ziel entfernt, hatte sie das Gefühl, der Wagen würde von allein fahren.
Sie bekam Herzrasen und ein Stechen in der Brust. Beklemmungen und Atemnot stellten sich ein, als hätte man der Luft im Auto den Sauerstoff entzogen. Sie umklammerte das Lenkrad, versuchte den Transporter gerade in der Spur zu halten und schnappte nach Luft. Mehr konnte sie nicht tun, um zu verhindern, dass der Wagen ausscherte und die Böschung hinabstürzte.
War das ein Herzanfall? Das durfte nicht sein. Sie durfte nicht krank werden. Ihre Mutter brauchte sie. Ashley brauchte sie.
Schließlich schaffte sie es, den Wagen auf dem Standstreifen zum Stehen zu bringen. Sie griff zum Fenster und kurbelte es runter. Die hineinströmende Luft brachte keine Besserung. Stattdessen umfing sie undurchdringliche Dunkelheit.
Eine gefühlte Ewigkeit saß sie über das Steuer gebeugt, keuchend und schwitzend, unfähig, sich zu bewegen, geschweige denn auszusteigen, um das Handy zu
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