Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
die Regierung einen feuchten Dreck angehen, wenn du mich fragst.«
»Die haben bestimmt einen Haufen Kohle für dieses raffinierte Sicherheitssystem hingelegt.«
»Angeblich nicht zu knacken.« Daniel grinste. »Und dann kommt einer ihrer Angestellten daher und lässt seinen Computer auf dem Weg nach Hause im Zug liegen. Zusammen mit einem Stick, der das Gebäude niemals hätte verlassen dürfen. Wenn du mich fragst, haben die bekommen, was sie verdient haben.« Er zwinkerte ihr zu. »Arroganz zahlt sich eben aus.«
Diese Worte waren ihr nur zu vertraut. Damit pflegte Daniel seine Abneigung gegenüber seinen sogenannten Feinden zum Ausdruck zu bringen und seine Überzeugung, dass hinter dem Chaos, in das er sie stürzte, ein überragender Geist stand. Der Ironie schien er sich nicht bewusst zu sein, denn mit seiner eigenen Überheblichkeit stand er der Regierung und Unternehmen wie Vault Security in nichts nach.
»Also«, gähnte er wieder, »willkommen an Bord. Nimm doch Platz.«
Er deutete auf ihren weißen Tulpensessel, der vor dem Arbeitsplatz neben seinem stand.
Sie setzte sich und rollte näher an den Bildschirm heran. Das Feld zum Einloggen in OtherWorld war schon geöffnet.
Sie tippte NADIA VARATA und ihr Passwort ein und wartete darauf, dass sich ihr Büro auf dem Bildschirm zeigte.
Stattdessen baute sich Pixel für Pixel die Nachbildung des Silo-Inneren auf. Dort saß Nadia in ihrer typischen schwarzen Lederjacke mit der roten Schirmmütze in genau dem gleichen Tulpensessel, in dem Diana jetzt saß. Das Gesicht einem Tisch zugewandt, der mit Computerausrüstung vollgestellt war, die nur geringfügig anders aufgebaut war als die Geräte im realen Silo.
»Wir haben dir einen neuen Heimatstandort spendiert. Ich hoffe, du hast nichts dagegen«, erklärte Daniel.
Hatte sie nicht. Sie hatten ja schon unter Beweis gestellt, wie leicht es ihnen fiel, Nadia zu lenken und zu manipulieren, wie es ihnen gerade passte. Je mehr Diana auf diese Weise von ihren Möglichkeiten und Machenschaften erfuhr, umso besser.
Sie verschob die Maus, um den Sucher auszurichten. Bis hin zur Tönung der gekrümmten Wände – von Braun im untersten Geschoss bis Weiß unterm Dach – und den hervorstehenden umgebogenen Enden der Bewehrungsstäbe war das Silo detailgetreu nachgebildet. In der kleinen eingefügten Karte sah sie nur einen gelben Punkt – ihr Avatar war allein in seinem virtuellen Turm.
Sie überprüfte rasch ihr Inventar. Ihre »Bewegungen«, die »Sounds« und »Kleider« schienen vollständig zu sein, aber die »Orte« und »Kontaktkarten« waren verschwunden. Gelöscht. Auch das hatte sie erwartet. Keiner der beiden würde sich von ihrem Versprechen zu kooperieren so leicht überzeugen lassen.
Eine Reihe von Pieptönen verkündete das Eintreffen mehrerer Nachrichten. Es überraschte sie, dass ihr Daniel und Jake die Möglichkeit zum Austausch von Nachrichten nicht genommen hatten. Eine Nachricht von PWNED sprang ihr ins Auge. In der Betreffzeile las sie: »Puh!« Pam hatte sie gestern abgeschickt, nachdem Diana sie angerufen hatte.
Der Text begann mit: Habe deine Nachricht erhalten. Ich war so erleichtert, von dir zu hören …
Hatte Pam den Sinn ihres Anrufs nicht verstanden? Diana ergriff die Maus und warf einen kurzen Blick zu Daniel hinüber. Er schien in seine Arbeit vertieft zu sein.
Sie überflog die Nachricht und erkannte schnell, dass sie keineswegs die Reaktion auf ihren Anruf war, sondern die Antwort auf eine Mail, die unten angehängt war – angeblich von Diana. Jake oder Daniel mussten sie geschickt haben, um Pam mitzuteilen, dass Diana gut in New Hampshire angekommen war und noch eine Weile bleiben würde. Diana konnte nur hoffen, dass Pam das nicht geglaubt hatte und mit dieser Antwort nur vorgeben wollte, dass sie mitspielte.
Sie klickte auf Antwort. Der Computer gab einen Laut von sich, als hätte sie eine falsche Eingabe gemacht. Gleichzeitig sprang ein Feld mit der Meldung Befehl nicht ausführbar auf. Sie gab eine Frage ein, um zu sehen, ob Pam gerade online war. Derselbe Ton. Befehl nicht ausführbar.
»Mist«, flüsterte sie.
Daniel gab ein Grunzen von sich. Diana erstarrte. Sie war sicher, dass er es gehört hatte. Aber als sie sich umdrehte, sah sie ihn mit halb geschlossenen Augen in seinem Sessel hängen. Das Kinn sank ihm auf die Brust, und er schreckte auf. Er schnaubte und rekelte sich, fuhr sich mit der Hand über den Mund und hielt den Blick leer auf den Bildschirm
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