Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
gewesen, als sie hinabgestiegen war, um im Basiscamp Hilfe zu holen.
War ihm eigentlich der leiseste Anflug von Reue oder Mitleid gekommen, oder war er nur erleichtert über den abgeworfenen Ballast – und voller Tatendrang, angesichts der neuen Möglichkeiten, die sich ihm eröffneten?
33
A ls Jake ihr die Urne gebracht hatte, die angeblich aus der Schweiz kam und angeblich Daniels Asche enthielt, hatte Diana eine Schwelle überschritten, die das Früher vom Jetzt trennte, das Zusammensein vom Alleinsein. Sie hatte die Urne im Arm gehalten und begriffen, dass Daniels Arme sie nie wieder halten würden, sie sein offenes Lachen nie wieder hören würde, wenn sie mit ihm herumscherzte, sie nie wieder diesen Ausdruck von Glück auf seinem Gesicht sehen würde, wenn er voller Leidenschaft ihren Körper genoss.
Jetzt, da sie Daniel schlafend in seinem Sessel sitzen sah, mit den Gesichtszügen eines friedlichen, verletzlichen Kindes, fragte sie sich, ob sie ihn überhaupt jemals wirklich gekannt hatte. Wenn überhaupt, dann hatte sie ihn mit Sicherheit schon längst verloren, bevor er sich selbst aus ihrem Leben hinauskatapultiert hatte.
Möglich, dass er sie geliebt hatte – kurz. Aber auf Dauer? Er konnte niemanden lieben außer sich selbst.
Eines war klar: Daniel hatte niemals wirklich ernsthaft die Absicht gehabt, seine Tätigkeiten als Hacker aufzugeben. Sein Angebot, mit ihr zusammenzuarbeiten und keine illegalen Sachen mehr zu machen, war eine Inszenierung, die einzig dem Ziel diente, sie dazu zu bringen, mit in die Schweiz zu fahren, um die Wandlung feierlich zu begehen. Er und Jake hatten andere Pläne gehabt, und sie war die Zeugin, die sie brauchten, um sie in die Tat umzusetzen. Danach war sie zur gefügigen, verblendeten Gehilfin geworden, zur Prinzessin im Turm, die sie benötigten, um ihre Pläne zu vollenden.
Was konnte einen solchen Verrat wert sein? Wie zum Zeichen, dass dies die alles entscheidende Frage war, ertönte wieder der Glockenton.
»Hä? Was ist los? Wo ist …?« Daniel fuchtelte verstört mit den Armen herum und sah sich wild im Raum um. Dann neigte er sich zur Seite und drohte vom Sessel zu kippen.
»Langsam. Ganz ruhig.« Diana sprang auf und packte ihn am Arm.
Ping-ping-ping. Der Ton wurde lauter, und jetzt entdeckte Diana auch die Quelle – gerade noch erkennbar, lugte der Rand des Plastikbügels seines Bluetooth-Headsets aus Daniels Hemdtasche hervor. Ihr fiel ein, dass Handys in dem Silo vielleicht keinen Empfang haben mochten, dass aber sein Computer ein Programm für Sprachmitteilungen wie Skype haben konnte. Und dafür brauchte er ein Headset, eben dieses Bluetooth-Gerät, über das er hören und sprechen konnte.
»Di?« Daniel sah sie verwirrt und mit riesigen Pupillen an.
Während sie ihn beruhigte, angelte sie nach dem Gerät und zog es aus der Tasche. Sie umschloss es mit ihren Fingern, um den Ton zu unterdrücken. »Du bist einfach eingeschlafen«, sagte sie.
»Meine Güte.« Daniel versuchte aufzustehen, sackte aber wieder in den Sessel zurück, während das verdammte Ding nicht aufhörte zu klingeln. Sie drückte daran herum, bis sie endlich die Taste gefunden hatte, mit der es sich abschalten ließ.
»Was ist los mit mir? Fühlt sich an als … ob … keine Ahnung …«, brachte er verschliffen hervor. »Bin ich krank?« Er befühlte sein Gesicht. »Mein Computer. Wo …?« Er legte die Hände auf die leere Stelle auf dem Schreibtisch, an der die Tastatur hätte sein müssen, und saß vornübergebeugt mit offen stehendem Mund da.
»Nein, du bist nicht krank. Du bist nur müde. Du bist über deiner Tastatur eingeschlafen. Ich habe sie etwas zur Seite geschoben. Siehst du? Hier ist sie.«
Daniel sah hin. »Ausloggen. Ich muss mich ausloggen«, murmelte er. »Ich muss … runterfahren.«
»Hast du schon getan.«
»Wirklich?«
»Vergessen? Kurz bevor du eingeschlafen bist. Komm. Du solltest dich hinlegen und ausruhen.«
Sie war zunächst nicht sicher, ob er sie gehört hatte, aber dann fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen und nickte.
Sie half ihm, sich auf den Boden zu setzen. »Wenn du die Nächte durcharbeiten willst, dann solltest du zumindest eine Matratze oder eine Couch herschaffen«, sagte sie.
»Hmm.« Wie ein kleiner Junge vor dem Lagerfeuer saß er mit überkreuzten Beinen da. »Jake?«
»Er ist in Maryland. Bei dem Meeting mit Vault?«
»Ach ja.« Er kippte langsam zur Seite, fing sich wieder und sah sie an. »Wie spät ist
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