Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid

Titel: Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kilborn
Vom Netzwerk:
…«
    Das stammte von jemandem, der Höllenqualen litt. So etwas konnte man nicht nachmachen oder spielen. Der Tanklaster war noch immer nirgends zu sehen, und das einzige Gebäude weit und breit war Sals Haus.
    Instinktiv griff Streng nach seiner Pistole, holte sie heraus und entsicherte sie. Er trug sie stets bei sich, ohne sie jemals zu benutzen. Aber jetzt war es offenbar an der Zeit, doch einmal Gebrauch von ihr zu machen.
    Er bewegte sich rasch, um dem Rufenden so schnell wie möglich zu Hilfe zu eilen. Streng war ein Sheriff der alten Schule, noch vom Militär ausgebildet. Er hielt die Taschenlampe in Gürtelhöhe und die Pistole in Brusthöhe. Vor Jahren hatte er einmal einen Kurs besucht, wo man ihm beigebracht hatte, wie er Taschenlampe und Pistole richtig zu halten hatte, damit sie auf dasselbe Ziel zeigten - so wie man es in den Filmen sah. Was die Filme nicht zeigten, war die Wirkung, wenn man unter Beschuss stand. Denn der Stress veranlasste nicht nur ein unkontrollierbares Händezucken, sondern auch, dass man die Hände verwechselte und versuchte, mit der Pistole das Ziel zu beleuchten und mit der Taschenlampe zu schießen. Diese neuen Regeln und Anleitungen waren nicht immer die besten.

    Ein weiterer Schrei.
    Er kam garantiert aus dem Haus. Sämtliche Lichter waren aus und ließen Sals zweistöckigen Besitz wie eine schwarze Silhouette vor den Bäumen erscheinen. Streng leuchtete die Haustür an und bemerkte sofort Einbruchsspuren. Jemand hatte ein Brecheisen zwischen Tür und Rahmen geklemmt und sich so Zutritt verschafft. Die Splitter ragten wie krumme Hexenfinger aus dem gebrochenen Holz.
    Streng klemmte sich die Taschenlampe unter die Achsel und streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Er berührte ihn so vorsichtig, als wäre er heiß. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarzen, und Streng nahm die Taschenlampe erneut in die Hand. Er ging in die Hocke oder zumindest so weit runter, wie es seine Schienbeine zuließen. Die Luft im Haus war warm und kribbelte auf seiner kalten Haut. Der beißende Geruch verbrannten Popcorns stieg ihm in die Nase. Eine unheimliche Stille umgab ihn. Nicht einmal ein Klicken der Heizungsanlage oder das Surren des Kühlschranks waren zu hören.
    »OHHHHHHH GOOOOOTTTTTT!«
    Der Schrei katapultierte Streng zwanzig Jahre zurück. Er erinnerte ihn an einen schrecklichen Autounfall. Ein Fußgänger war unter einem Laster eingeklemmt gewesen, das Gesicht gegen den heißen Auspuff gedrückt. Sie konnten den Wagen nicht bewegen oder aufbocken, sondern mussten dastehen und zusehen, bis der verdammte Abschleppwagen kam. Und während das Gesicht des Opfers langsam garte, wurde das Geschrei so markerschütternd, dass Streng die Pistole zog und in Erwägung zog, das arme Schwein endlich von seinen Qualen zu erlösen.
    Dieser Schrei hatte dieselbe Qualität: unvorstellbare Qualen.
    Er rannte in den ersten Stock, wobei er jeweils zwei Stufen auf einmal nahm. Seine Schienbeine waren ihm jetzt egal. Er
biss die Zähne zusammen und stürmte mit gezückter Pistole weiter. Die Treppe mündete oben in einem Flur. Streng richtete sich nach links, auf den Schrei zu. Er wusste, dass er sich als Polizist zu erkennen geben sollte, aber irgendein Instinkt, eine Stimme in seinem Unterbewusstsein riet ihm, dass er hier ein Überraschungselement brauchen würde.
    Vorsichtig lugte er durch die Schlafzimmertür, die Pistole in der Hand. Aber er war derjenige, auf den eine Überraschung wartete.
    »Hallo, Sheriff Streng.«
    Die Stimme des Mannes war hoch, rauchig und wies einen starken ausländischen Akzent auf. Er konnte das »S« nicht aussprechen, sondern lispelte. Streng richtete den Lichtstrahl auf den Kerl, der neben dem Bett stand und den Lauf einer Pistole auf Sals Kopf richtete. Sal saß am Rand des Betts, sein Kinn und seine Brust hoben und senkten sich in rascher Folge, als ob er unter einem fürchterlichen Schluckauf litt. Streng warf einen kurzen Blick auf etwas Blutiges, Nacktes, das in unmenschlicher Stellung neben ihm auf der Matratze lag.
    Gütiger Gott, ist das Maggie?
    Dann schrie Sal erneut auf, denn der Eindringling drehte ein Messer mit pinkem Griff in Sals Arm.
    Nein, es war kein Messer. Der Eindringling spielte mit Sals Knochen - entweder der Speiche oder der Elle -, der aus seinem rohen Fleisch ragte.
    Streng richtete seine Fünfundvierziger auf das Gesicht des Eindringlings.
    »Waffe fallen lassen!«, brüllte er.
    Der Eindringling lächelte ihn kalt an und fuhr fort,

Weitere Kostenlose Bücher