Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
dir ja auch eine Mütze besorgen, wenn dir das besser gefällt.«
Mathison nahm die Baseballkappe und stülpte sie sich über. Sie war so groß, dass sie ihm bis zur Brust reichte.
»Deine wäre kleiner, Mathison. Ich würde eine Sonderanfertigung machen lassen. Und zwar genauso wie meine, bloß in deiner Größe.«
Mathison kreischte wieder, und Stubin war sich sicher, unflätig beschimpft zu werden.
»Es müssen ja nicht die Lakers sein. Was immer du willst.«
Mathison schnappte sich eine leere Budweiser-Dose aus dem Mülleimer und heulte laut auf. Ein Geräusch wie ein Gespensterheulen. Er benutzte dieses Heulen nur für Dinge,
die er wirklich mochte, also immer, wenn er eine Frau oder ein Bier erblickte. Stubin notierte Budweiser-Baseballkappe für Mathison auf eine weiße Tafel, weil sich im ganzen Labor kein einziges Stück Papier befand.
Da klingelte sein Handy.
»Mathison, kannst du mir bitte mein Handy reichen?«
Mathison hielt die Dose über seinen Kopf und heulte erneut auf. Stubin seufzte, stieß sich mit den Füßen ab, so dass er mit dem Stuhl zum Schreibtisch rollte, und nahm sich selbst das Handy.
»Dr. Stubin«, meldete er sich.
»USAVOIP 6735«, sagte eine Computerstimme in ihrer normalen sanften Tonlage.
Anders als General Tope wusste Stubin sofort, was der Code bedeutete. Als er das Telefon wieder auf den Tisch gelegt hatte, flüsterte er: »Mathison, es fängt an.«
Fran kannte jeden Winkel in Mervs Küche und hätte die Kerzen wahrscheinlich mit geschlossenen Augen gefunden. Aber Al und seine winzige Taschenlampe beruhigten sie ungemein, während sie sich gemeinsam vorantasteten.
»Hm, ganz gemütlich hier hinten.« Al richtete den Lichtstrahl auf die nicht gerade große Lücke zwischen dem Grill und den Fritteusen. »Möchte mal wissen, wie sich Merv da dazwischenquetscht.«
Die Küche glich eher einem langen Gang. Sie hatte dafür büßen müssen, dass das Lokal so groß wie möglich wurde. Ein Ofen, Kühlaggregate, eine Spüle, Regale und in der hintersten Ecke ein Schreibtisch mit einem schmutzigen kleinen Fenster darüber, das nie geöffnet wurde. Es blickte auf eine
winzige Gasse hinaus, in der ein vor sich hinstinkender Müllcontainer stand.
Merv war nicht nur der Besitzer des Diners, sondern auch der Koch, und es kam ihm nicht in den Sinn, etwas auf die Speisekarte zu setzen, was ihm selbst nicht zusagte. Das zeigte eine gewaltige Wirkung: Merv wog über drei Zentner. Es war nicht leicht für ihn, sich durch die Küche zu zwängen. Die Dunkelheit schien den sowieso schon spärlichen Platz noch mehr schrumpfen zu lassen, und Fran musste sich auf ihre Atmung konzentrieren. Sobald sie sich der Situation, in der sie sich befand, bewusst wurde, war es allerdings noch schlimmer, und sie spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden und sich ihre Brust zusammenzog.
Eine Panikattacke.
Seit dem Unfall litt sie fast einmal in der Woche unter Panikattacken. Die Symptome - Hyperventilation, Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern - schienen an sich nichts Beängstigendes zu sein, gehörten aber zu einer überwältigenden psychischen Reaktion. Während eines solchen Anfalls war Fran einmal überzeugt gewesen, jeden Augenblick sterben zu müssen.
Sie hatte es mit Psychotherapie versucht, Pillen geschluckt, Entspannungsverfahren getestet; aber es war alles umsonst gewesen. Wenn eine Panikattacke im Anmarsch war, gewann sie grundsätzlich - ganz gleich, was Fran dagegen unternahm. Das war ein weiterer Grund, warum sie nicht mehr ausging oder sich mit Männern einließ. Was wäre, wenn sie beim Sex von einer Panikattacke heimgesucht würde und plötzlich stocksteif dalag, die Augen weit aufgerissen, und vor Grauen zu weinen begann?
Fran zwang sich zu reden, aber ihre Stimme klang unsicher. »Die Kerzen sollten eigentlich hier auf dem Regal liegen.«
Hastig lief sie die letzten sechs Schritte zur Ablage, die Hände
bereits nach den Kerzen ausgestreckt. Sie räumte die Dosen mit Tomatenmark beiseite, schaute hinter den Nudeln nach und schob eine Box mit Papierservietten beiseite, um an die Kerzen heranzukommen.
Dann erlosch die Taschenlampe.
Die Dunkelheit traf Fran wie ein Schlag. Sie stieß einen leisen Schrei aus, umklammerte dann das Metallregal und wartete, dass Al die Taschenlampe wieder anmachen würde.
Sie wartete fünf Sekunden. Zehn.
»Al?«
Frans Stimme klang so schwach, dass sie sich kaum selbst zu hören vermochte. Also räusperte sie sich und versuchte es
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