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Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid

Titel: Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kilborn
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schien die vielen Überstunden, die er machen musste, um für sämtliche Extravaganzen Jessie Lees zu zahlen, mehr als zu rechtfertigen. Da waren zum Beispiel die extra angefertigten Figuren von Braut und Bräutigam auf der Hochzeitstorte sowie eine Stretchlimousine, in der alle sechzehn Hochzeitsgäste Platz fanden und in Ruhe ihren Champagner trinken konnten.

    Aber heute Nacht sah es nicht nach Sex aus, weder aus Schuldgefühlen noch aus sonstigen Gründen. Erwin stank nach klebrigem Tierblut, Sheriff Streng ließ noch immer auf sich warten, und irgendetwas Böses schlich durch den Wald - etwas, vor dem Erwin weglaufen und sich verstecken musste.
    Ein dritter Schrei ertönte, lauter als die vorangegangenen. Dann folgte eine furchtbare Stille. Erwin drehte sich zum Helikopter und blickte dann zum Rand der kleinen Lichtung. Er wusste, dass Sheriff Streng nicht mehr auftauchen würde. Er wusste es, weil er sich so gut wie sicher war, dass der letzte Schrei vom Sheriff selbst stammte. Obwohl die Stimme verzerrt war, hatte er sie wiedererkannt. Was konnte einem Mann - einem abgebrühten Soldaten, der schon in Vietnam gekämpft hatte - einen solchen Schrei entlocken?
    Erwin nahm sein Handy und wählte Joshs Nummer. Dann versuchte er es mit dem Handy des Sheriffs, gefolgt von der Notrufzentrale. Schließlich rief er seine Freundin an. Doch jedes Mal bekam er dieselbe Antwort: Wir können Ihren Anruf derzeit leider nicht entgegennehmen. Versuchen Sie es später noch einmal.
    Obwohl Erwin bei der Feuerwehr war, machte er sich keine Illusionen, was seinen Mut betraf. Im Gegensatz zu seinem Freund Josh, der Safe Haven für eine größere Stadt verlassen wollte, in der mehr Gefahren lauerten, fühlte sich Erwin hier wohl. Während der sechs Jahre, die er mittlerweile bei der Feuerwehr war, musste er sein Leben kein einziges Mal aufs Spiel setzen - und das gefiel ihm. Aber es war ihm bewusst, dass es nur eine Frage der Zeit war, ehe etwas Heldenhaftes von ihm verlangt werden würde.
    Leider sah es ganz danach aus, als ob dieser Augenblick nun gekommen wäre. Erwin holte tief Luft und machte sich in den Wald auf, um den Schreien zu folgen. Josh muss sie auch gehört
haben, dachte er. Vielleicht war er ja bereits vor Ort und hatte die Situation unter Kontrolle. Vielleicht hatte sich Sheriff Streng nur das Bein gebrochen und schrie auf, weil Josh gerade sein Bein schiente. Vielleicht hatte auch das Reh, dessen Blut an ihm klebte, sich lediglich die Flanke an einem scharfen Ast aufgerissen. Vielleicht waren die Helikopterpiloten durch irgendeinen unvorhersehbaren Unfall enthauptet worden.
    Vielleicht, vielleicht, vielleicht.
    Als Erwin tiefer in den Wald stapfte, machten seine Versuche, alles rational zu erklären, jedoch seiner Fantasie Platz: Jemand oder etwas hatte diese Piloten getötet. Ebenso das Reh und wahrscheinlich sogar Josh. Und jetzt war es drauf und dran, den Sheriff auf eine unvorstellbar fürchterliche Weise hinzurichten.
    Erwin wurde langsamer. Jeder Schatten wurde zu einem Monster. Jeder knackende Ast kam von einem Dämon, der ihm dicht auf den Fersen war. Jessie Lee tauchte vor seinem inneren Auge auf und warf ihm einen mahnenden Blick zu, wie sie es immer tat, wenn er in Gegenwart ihrer Freundinnen etwas Dummes sagte. Erwin wusste, dass sie sauer sein würde, wenn er jetzt starb. Natürlich würde sie sein Tod mitnehmen, aber eben auch deshalb, weil dann ihre Märchenhochzeit abgesagt werden musste - und das, obwohl die Einladungen bereits verschickt waren.
    Jetzt wusste Erwin, was er zu tun hatte. Er musste in die andere Richtung zur Hauptstraße eilen. Vergiss den Sheriff. Vergiss Josh. Vergiss irgendwelche Heldentaten. Vielleicht würde er seine Feigheit für den Rest seines Lebens bereuen, aber zumindest hätte er noch sein Leben, um überhaupt bereuen zu können.
    Erwin drehte sich um, hielt dann aber inne. Welche Richtung musste er einschlagen, um zur Straße zu kommen? Er
war sich nicht sicher. Er machte zwei Schritte vorwärts, dann fünf nach rechts, dann wieder sieben nach vorn, ehe er aufgab. Er hatte sich verlaufen.
    Das Einzige, was man tun musste, wenn man sich im Wald verlaufen hatte, war, einen Baum zu umarmen. An einem Ort zu bleiben bedeutete, dass die Rettungskräfte nicht erst durch den halben Wald jagen mussten, ehe sie einen fanden. Aber diese Regel konnte er jetzt, da sich etwas im Wald befand, das ihm den Kopf abtrennen wollte, getrost vergessen.
    Erwin wurde schneller. Vielleicht lief

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