Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
erreicht. Josh wusste, dass sie das Haus mit ihrer Ausrüstung nicht mehr retten konnten.
»Machen Sie weiter. Es sind noch Leute drin!«
Olen nickte, und Josh verschwand wieder im Haus. Rauch und Ruß brannten ihm in den Augen, und die Temperatur war um mindestens zehn Grad gestiegen. Fran stand noch immer neben der Tür und bearbeitete sie jetzt mit einem Vorschlaghammer. Josh legte die Hand auf ihre Schulter und zog sie sanft zur Seite.
»Duncan! Weg von der Tür!«
Der Junge brüllte, dass er verstanden hatte.
Josh zielte auf den Knauf, schwarze Tränen brannten in seinen
Augen, und er drückte ab. Die Kugel hinterließ eine oberflächliche Delle auf dem Knauf, mehr nicht. Josh fluchte.
»Josh!« Duncan hämmerte gegen die Tür. »Du musst dich beeilen! Der Rauch wird immer schlimmer!«
Duncans Augen brannten, als ob jemand Schmutz hineingestreut hätte, während seine Nase lief, als wäre er schwer erkältet. Der Rauch wurde immer dicker, und jedes Mal, wenn er Luft holte, musste er husten.
»Duncan!«, rief Mrs. Teller. »Komm zu mir herunter!«
Duncan wollte aber nicht von der Tür weg, selbst wenn die Wände links und rechts von ihm zu brennen anfingen. Er hatte Angst, wirkliche Angst. Doch hinter der Tür war seine Mutter und versuchte, hereinzukommen. Er wollte da sein, wenn sie es schaffte.
Also ließ er sich auf die Knie fallen, um den Rauchwolken zu entkommen. Aber er konnte sich gar nicht tief genug herunterbeugen, um reine Luft zu atmen. Er zog sein Unterhemd über den Mund, wich vor der Hitze der Flammen zurück und schloss die Augen. Hoffentlich würde sich seine Mutter beeilen.
Eine Hand packte ihn an der Schulter. Er erschrak. Mrs. Teller.
»Wir müssen in den Keller, Kind.«
Duncan schüttelte sie ab.
»Ich will auf Mom und Josh warten!«
Die alte Frau hustete. »Wir warten unten auf sie. Los, komm.«
Sie wollte nach Duncans Hand greifen, aber er wehrte sich und zog sie fort.
»Nein!«
»Bitte, Duncan. Rauch steigt nach oben. Wir müssen tiefer runter, oder er wird uns beide umbringen.«
Duncan atmete noch mehr verpestete Luft ein und hustete dann so heftig, dass es wehtat. Als Mrs. Teller erneut nach seiner Hand fasste, gab er nach und folgte ihr widerwillig nach unten in den Bunker. Es war dort heller geworden, denn das kalte grüne Licht hatte einem lodernden Orange Platz gemacht. Duncan blickte auf und sah einzelne Flammen an der Decke, die sich wie ein Wasserfleck ausbreiteten.
Es war so heiß.
Mrs. Teller und er gingen in die Mitte des Bunkers und hockten sich dort auf den Boden. Woof kam wimmernd zu ihnen. Auch ihn hatte die Angst ergriffen.
Mrs. Teller legte einen Arm um Duncan.
»Erinnerst du dich noch an die Kekse, die wir zusammen gebacken haben?«, fragte sie.
Duncan hustete, nickte dann aber. Sie hatten Rechtecke, Dreiecke oder Quadrate gebacken. Und Riesenkekse, so groß wie das ganze Blech.
»Du hast es immer geliebt, die Schüssel auszuschlecken. Mr. Teller mochte das auch sehr gern. Wir werden wieder Kekse backen, wenn wir das hier überstanden haben. Würde dir das gefallen?«
»Ja«, antwortete Duncan.
Aber er konnte sich jetzt nicht auf Kekse konzentrieren. Er sah nur die Flammen, die sich von der Decke zu den Wänden ausbreiteten und an den Konserven in den Regalen zu lecken begannen.
Ekel erfasste Jessie Lee. Der Lotteriebeauftragte hatte sie mit Blut besudelt. In Blut tummelten sich Milliarden von Krankheitserregern. Sie konnte die Viren förmlich in ihre Poren schlüpfen spüren. Wer wusste, wo der sich rumgetrieben und mit wem er letzte Nacht geschlafen hatte.
Sie durchsuchte ihre Handtasche und fand ein paar Taschentücher und einige Feuchttücher, die sie stets aus dem Diner mitnahm. Während sie ihren Arm und ihre Hände säuberte, verwandelte sich ihr Ekel in Grübeln, und düstere Gedanken verdunkelten ihre Miene.
Was, wenn das Blut gar nicht sein Blut ist?
Soweit sie gesehen hatte, war er nicht verwundet gewesen. Und das hier war mehr als nur ein paar Tröpfchen.
Das Horrorszenario tauchte plötzlich fix und fertig vor ihrem inneren Auge auf: Die Einwohner von Safe Haven warteten nicht darauf, ihren Lotteriegewinn abzuholen, sondern standen Schlange, um einer nach dem anderen abgeschlachtet zu werden. Das war auch der Grund für den Stromausfall und die verschlossenen Türen. Dass die Autos der Leute, die ihr Geld längst in der Tasche haben sollten, noch immer auf dem Parkplatz standen, passte ebenfalls. Deshalb wurden
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