Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
Schlauch loslassen, nach unten rutschen und das Hemd ausziehen, dachte er.
In diesem Augenblick spürte er, wie sich Mrs. Tellers Hand um seinen Fuß legte.
Duncan schrie auf. Jetzt wollte er nicht mehr loslassen, selbst wenn er keine Luft mehr bekam. Er versuchte zu treten, hatte aber keinen Platz dafür. Mrs. Tellers Hände wanderten an seinen Beinen bis zu seinen Oberschenkeln hoch und griffen zu.
Duncan wusste, dass er ihr diesmal nicht entkommen würde. Seine Mom tat ihm leid. Zuerst hatte sie seinen Dad verloren und jetzt auch noch ihn. Rauch füllte seine Lungen, aber er versuchte zu reden. Er wollte seiner Mutter sagen, dass er sie liebte. Ein letztes Mal, ehe Mrs. Teller ihn wieder zu sich hinabzog.
Aber Mrs. Teller zog nicht.
Sie drückte.
Duncan hörte etwas reißen. Das war anscheinend das Unterhemd, denn auf einmal schnitt ihm nichts mehr in den Hals. Josh zog weiter, und Mrs. Teller drückte und drückte gegen seine Oberschenkel, seine Waden und seine Füße, bis er sie schließlich nicht mehr spürte.
Einen Augenblick später packten Mom und Josh ihn an den Armen und zogen ihn aus dem Schacht.
»Duncan! Oh, mein Gott, du blutest ja!«
»Ich wurde angeschossen, aber nur ein bisschen.«
Mom drückte ihn an sich, und er hielt sie ganz fest, und es stellte sich heraus, dass er doch noch Tränen übrig hatte, denn jetzt fing er zu weinen an. Woof, der natürlich mit von der Partie sein wollte, stellte sich auf die Hinterbeine und lehnte sich mit den Vorderpfoten gegen ihn. Duncan wünschte sich, dass dieses Gefühl nie aufhörte.
Plötzlich hörten sie Schreie aus dem Schacht.
Duncan löste sich aus der Umarmung.
»Mrs. Teller! Sie ist noch da unten, Mom!« Er sah Josh an. »Wir müssen sie retten! Das Feuer wird sie verschlingen!«
Ein weiterer Schrei und dann ein Schuss. Das Gewehr …
Danach herrschte Stille.
Josh legte eine Hand auf Duncans Schulter und die andere auf die Schulter von Duncans Mom. Langsam, aber bestimmt führte er sie vom Haus weg.
»Wir müssen euch beide unbedingt in ein Krankenhaus einliefern.«
Obwohl weder Josh noch seine Mom etwas sagten, wusste Duncan, was mit Mrs. Teller geschehen war. Aber das war gar nicht so schlimm. Endlich war sie wieder mit Mr. Teller zusammen. Er stellte sich die beiden vor, wie sie im Himmel Kekse backten.
»Ich habe mit einem Gewehr geschossen«, sagte er stolz zu Josh.
Dieser fuhr ihm durch die Haare.
»Das hast du gut gemacht, Sportsfreund. Und jetzt wollen wir mal sehen, wie es deiner Mom geht.«
Duncan sah, wie Josh die Hand seiner Mutter nahm und sie drückte. Duncan lächelte.
Sheriff Streng saß auf der Rückbank von Mrs. Tellers 1992er Buick-Roadmaster-Kombi, einem Wagen mit Seitenpaneelen aus Holzimitat und gerade mal fünfzehntausend Kilometern auf dem Tacho. Mrs. Teller hatte ihn stets in der Garage aufbewahrt und war so gütig gewesen, die Schlüssel stecken zu lassen.
Streng hatte ihn umgeparkt, ehe das Haus in sich zusammenbrach. Schließlich brauchte er das Auto. Sie waren zu viele, um sich alle in den Grubenentleerer zu zwängen, und einer von ihnen war gefährlich.
Der Gefangene hatte die Hände hinter dem Rücken gefesselt, Strengs Gürtel lag ihm eng um die Beine, und sein Gesicht glich eher einem Picasso aus der kubistischen Phase, so sehr hatte Erwin darauf eingedroschen. Er stellte momentan keine unmittelbare Bedrohung dar, aber der Sheriff wollte es trotzdem nicht riskieren, ihm zu nahe zu kommen.
Streng hatte ihn gefilzt und die Kabelbinder gefunden, mit denen man ihm die Hände gefesselt hatte. Außerdem entdeckte er eine Reihe unterschiedlicher Streichhölzer und Feuerzeuge, einen weiteren Behälter mit diesen merkwürdigen Kapseln, ein Ka-Bar-Warthog-Messer und wieder ein High-Tech-Gerät, das Streng nicht mal einzuschalten vermochte. Er legte alles außer dem Messer in eine alte Tüte, die er in Olens Grubenentleerer gefunden hatte. Dann wandte er sich wieder dem Brandstifter zu.
Wie Ajax und Santiago trug auch dieser Mann eine schwarze Uniform. Und wie Ajax und Santiago flößte er Streng Furcht und Schrecken ein.
Als er aufwachte, las Streng ihm seine Rechte vor, ehe Erwin und er den Fremden auf die Rückbank des Roadmaster hievten. Streng setzte sich neben ihn und drückte mit der Klinge des Kampfmessers gegen die Kehle des Brandstifters, hielt aber trotzdem gebührend Abstand.
»Aufwachen. Ich habe ein paar Fragen an Sie.«
Der Mann blinzelte Streng durch seine aufgeschwollenen Augenlider
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