Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)
lauter. Als er um die Kurve bog, hinter der Annalises Haus ins Sichtfeld kam, rang er nach Luft und hielt abrupt am Straßenrand an. Er war schon aus dem Auto gesprungen, bevor das letzte Motorengeräusch verklungen war.
Ein Alptraum. Vor sich sah er nichts als einen Alptraum. Rauch quoll aus den Fenstern, und im Haus tanzten die Flammen. Er griff nach seinem Handy, wählte die Nummer des Notrufs und brüllte in den Hörer hinein, dass sofort Einsatzwagen der Feuerwehr und des Notarztes zum Blakely Dollhouse kommen müssen.
Plötzlich tauchte eine Gestalt in der Ladentür auf. Von den Flammen hinter ihm beleuchtet, schien der große Mann, der etwas … jemanden aus dem Haus trug, auf dem Rauch zu schweben. Tyler zog seine Waffe. Sein Puls raste.
Die Gestalt kam näher, und er erkannte Max, den Obdachlosen, von dem Annalise ihm erzählt hatte. Der alte Mann trug Charlie auf den Armen. Tyler stürzte auf ihn zu, und Max beugte sich nieder und bettete Charlie behutsam auf den Boden.
»Ihm fehlt nichts. Ich habe ihn gerettet. Mickey fehlt nichts.« Mit Augen, aus denen die reine Freude leuchtete, sah der alte Mann Tyler an. Zärtlich berührte er Charlies Gesicht. »Jetzt ist alles gut, Mickey. Daddy ist bei dir.«
Flatternd hoben sich Charlies Lider. Tyler kniete sich neben ihn und entdeckte den Blutfleck auf seinem Hemd. »Charlie, wo ist Annalise? Ist sie noch im Haus?«, fragte er eindringlich.
»Nein, er hat sie mitgenommen.« Charlies Stimme war dünn, und ihm fielen die Augen wieder zu.
»Charlie! Du musst wach bleiben. Du musst mir sagen, was Annalise zugestoßen ist.« Wilde Angst stieg in Tyler auf. Sanft tätschelte er die leichenblassen Wangen des Jungen. Mühsam schlug Charlie noch einmal die Augen auf. »Wo ist Annalise?«, wiederholte Tyler.
»John … John Malcolm.« Charlie hob schwach die Hand und deutete auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite.
Tyler ergriff die Hand des Jungen und drückte sie. »Halte durch, Charlie. Hilfe ist unterwegs.« Wie zur Bestätigung seiner Worte ertönte in der Ferne Sirenengeheul.
»Ich muss los«, sagte Max. »Mickey fehlt nichts, aber ich muss Sammy holen. Sammy wartet auf mich.« Er ging auf das brennende Gebäude zu.
Tyler erhob sich. »Max … warte. In dem Haus ist niemand mehr.«
Max drehte sich um und lächelte. »Ich kann sie retten. Dieses Mal kann ich sie retten. Alles wird wieder gut.«
Bevor Tyler antworten konnte, machte Max auf dem Absatz kehrt, rannte in das Haus und verschwand in den Flammen. »Max!« Tyler lief ihm nach, doch die sengende Hitze an der Tür ließ ihn zurückprallen. »Max, komm da raus!«
»Daddy ist bei dir, Sammy, mein Junge.« Von irgendwo aus dem Hausinneren war Max’ Stimme zu hören.
»Max!«, brüllte Tyler so laut er konnte, wurde jedoch vom Lärm des sich nähernden Löschzugs übertönt.
»Da ist noch einer im Haus«, schrie er dem ersten Feuerwehrmann zu, der herangelaufen kam. »Und dort liegt jemand, der unverzüglich ärztliche Hilfe beraucht.« Er wies auf Charlie.
Mehr konnte er hier nicht tun, und jetzt dachte er nur noch an Annalise. Mit gezogener Waffe rannte er zu dem Apartmenthaus, das Charlie ihm gezeigt hatte. Er hatte keine Ahnung, in welcher Wohnung Annalise sich befand, doch um sie zu finden, würde er jede verdammte Tür im ganzen Haus eintreten.
Ihre Erinnerung kehrte bruchstückhaft zurück. Ihr erster Gedanke war, dass ihr Kopf explodiert sein musste und dass sie irgendwie überlebt hatte. Die Schmerzen waren so heftig, dass sie sich nicht rühren konnte, nicht einmal die Augen öffnen mochte.
Erst als sie versuchte, sich über die trockenen Lippen zu lecken, kam sie schlagartig wieder zu Bewusstsein. Ihr Mund war mit Klebestreifen verschlossen. Sie riss die Augen auf und stellte fest, dass sie in einem Sessel saß, an Oberarmen und Handgelenken gefesselt. Auch ihre Beine waren gefesselt, und an Flucht war nicht zu denken.
»Ah, du bist wach.« John baute sich mit verträumtem Blick vor ihr auf. »Ich habe noch nie eine von euch bearbeitet, während sie noch am Leben war. Aber ich dachte mir, es könnte vielleicht Spaß machen.« Er zog ein Fläschchen Nagellack aus seiner Tasche und schüttelte es. »Wir fangen mit den Nägeln an. Ich habe ziemlich lange gebraucht, um die perfekte Farbe zu finden. Luxus-Lavendel … Damit werden deine Nägel genauso aussehen wie die Nägel der Annalise-Puppe.« Er rückte einen Hocker vor Annalise zurecht.
Ihr Blick huschte von einer Seite
Weitere Kostenlose Bücher