Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)
oben und hol deinen Rucksack, und ich versuche in der Zwischenzeit, die Wogen zu glätten, okay?«
Er schenkte ihr sein reizendes Lächeln. »Danke«, sagte er und lief in Richtung Treppe.
Annalise holte tief Luft und schloss die Ladentür auf. Der Sonnenschein wärmte ihre Schultern, als sie nach draußen trat und den Wagen ihres Vaters am Straßenrand stehen sah. Mit besorgter Miene stieg er aus.
»Annalise, das alles tut mir so leid …«, setzte er an.
Sie hob eine Hand, um die Entschuldigung abzuwehren. »Ist schon gut, Dad, wirklich.« Sie lächelte, und der besorgte Ausdruck wich aus seinem Gesicht.
»Wo ist er?«, fragte er.
»Er ist hinaufgegangen, um seinen Rucksack zu holen. Ich habe ihm versprochen, die Standpauke, mit der er fest rechnet, so gut wie möglich abzuwehren.«
Ein kleines Lächeln huschte um Franks Mundwinkel. »Seine Mutter wollte schon gestern Abend herkommen und ihn für den Rest seines Lebens zu Hausarrest verdonnern. Er hatte unsere Erlaubnis nicht eingeholt, und es ist dumm, was er getan hat.«
Annalise blickte in Richtung Auto und sah die Frau auf der Beifahrerseite. »Will Sherri nicht aussteigen? Vielleicht ist es Zeit, uns endlich bekannt zu machen.«
Er sah sie lange an, als wollte er versuchen, ihre Gemütsverfassung einzuschätzen. »Das wäre ihr sehr lieb«, sagte er schließlich, ging zum Wagen und öffnete die Beifahrertür. Annalise wusste nicht recht, was sie erwartete, doch die große Blondine mit den ausgeprägten Gesichtszügen und dem selbstbewussten Gang stand im krassen Gegensatz zu Annalises Mutter.
Lillian Blakely war hübsch und zierlich gewesen. Ihre Erscheinung hatte den Beschützerinstinkt in Männern geweckt, und sie war eine Frau gewesen, die Verletzlichkeit ausstrahlte … es sei denn, man kannte sie näher.
Als Sherri auf sie zukam, geriet Annalise plötzlich in Panik. Wahrscheinlich verhindert diese Frau, die er geheiratet hat, dass er dich besucht. Die Stimme ihrer Mutter hallte durch ihren Kopf und rief einen Anflug von Bitterkeit herauf, der selbst nach so vielen Jahren immer noch in Annalises Bewusstsein steckte.
»Annalise.« Sherri streckte ihr die Hand entgegen und lächelte. Es war Charlies Lächeln, und in ihren Augen leuchtete die gleiche Großzügigkeit und eine Herzenswärme, die Annalise umfing. All die Jahre selbst auferlegter Isolation erschienen ihr plötzlich lächerlich.
»Hi, Sherri, schön, dich endlich kennenzulernen«, sagte Annalise. Sie wollte Sherris Hand ergreifen, doch stattdessen nahm Sherri Annalise in den Arm und drückte sie an sich, als wären sie Freundinnen, die einander sehr lange nicht gesehen hatten.
»Es hat viel zu lange gedauert, bis wir beide endlich Bekanntschaft schließen«, sagte Sherri, als sie sie schließlich losließ und einen Schritt zurücktrat. »Ich hoffe, mein Sohn hat dir keinen Kummer gemacht.«
Annalise lächelte. »Alles in Ordnung. Er ist ein feiner Kerl.«
Sherri strahlte vor Mutterstolz. »Das finden wir auch. Ich habe versucht, ihn zur Selbständigkeit zu erziehen, hatte aber nie damit gerechnet, dass er eines Tages einfach in den Bus steigen und dich besuchen würde.«
»Wir hätten es wissen müssen«, sagte Frank. »Schon seit Monaten fragt Charlie immer wieder nach dir. Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass eine große Schwester besser ist als Disneyland und Weihnachten auf einmal.«
»Ich glaube, es wird cool, einen kleinen Bruder zu haben«, sagte Annalise und verwendete dabei eines von Charlies Lieblingsworten. Im selben Augenblick trat Charlie aus dem Laden.
»Ich weiß, ich weiß – ich habe lebenslänglich Hausarrest«, rief er und blickte zuerst seine Mutter, dann seinen Vater an. »Aber ich wusste ja, wenn ich euch gebeten hätte, herkommen zu dürfen, hättet ihr mich doch wieder vertröstet, wie schon das ganze letzte Jahr über.«
»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte Annalise zu ihrem Bruder. »Und du bist mir jederzeit willkommen.«
Seine Miene hellte sich auf. »Cool.« Zu ihrer Überraschung schlang er seine langen, hageren Arme um ihren Nacken und drückte sie an sich. »Darf ich dich anrufen?«, fragte er, als er sie losließ.
»Klar doch. Dad hat meine Nummer.«
»Und jetzt ist es Zeit für uns, aufzubrechen«, sagte Frank und blickte seinen Sohn an. »Und du hast den restlichen Tag und den Abend Zeit, die Garage aufzuräumen, junger Mann.«
»Dad«, protestierte Annalise leise.
»Schon gut«, sagte Charlie und ließ wieder jenes
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