Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
quatschen hören:
Was? Diese Waffe? Diese geladene, nicht registrierte, versteckte und vielleicht heiße .357 Magnum? Was ich damit vorhabe? Also, wissen Sie, Officer, ich bin in der Nähe von Mescal Springs von der Straße abgebogen – auf Anraten meines Anwalts, der aber in der Folgezeit verschwand – und als ich da so für mich hin um ein verlassenes Wasserloch schlendere, da kommt doch plötzlich wie aus heiterem Himmel so ein kleiner bärtiger
Bursche auf mich zu, und in der einen Hand hat er so ein fürchterliches Linoleummesser und in der anderen diese riesige schwarze Pistole . . . und er droht, mir ein großes X in die Stirn zu schnitzen, zum Angedenken an Leutnant Calley . . . aber als ich ihm erzähle, daß ich ein Doktor des Journalismus bin, da ist er plötzlich wie umgewandelt. Ja, Sie werden es mir wahrscheinlich kaum glauben, Officer, aber plötzlich warf er das Messer in das brackige Meskal-Wasser zu unseren Füßen, und dann gab er mir den Revolver. Genau, er drückte ihn mir in die Hand, mit dem Knauf zuerst, und dann rannte er fort und verschwand in der Dunkelheit.
Ja, und darum befinde ich mich im Besitz dieser Waffe, Officer. Glauben Sie mir das?
Nein.
Aber ich wollte das Scheißding auch nicht wegschmeißen. An eine gute .357 ist in diesen Tagen gar nicht so leicht ranzukommen.
Also dachte ich mir, schaff ich dies verfotzte Ding eben zurück nach Malibu, und dann gehört es mir. Mein Risiko – meine Knarre: daran gibt es nichts zu deuteln. Und wenn das samoanische Schwein deswegen zu stänkern anfängt, wenn er rumschreien will und bei mir zu Hause Terror macht, dann kann er eine Kostprobe haben – und zwar eine volle Ladung in die Oberschenkelknochen. Ehrlich. 158 Gran Bleilegierung im Halbmantel mit einer Geschwindigkeit von gut 500 Metern in der Sekunde, das macht gleich ungefähr vierzig Pfund vom besten samoanischen Hackfleisch, schön vermischt mit Knochensplittern. Warum nicht?
Wahnsinn, Wahnsinn . . . und währenddessen ganz allein mit dem Großen Roten Hai auf dem Parkplatz vom Las
Vegas Flughafen. Zur Hölle mit dieser Panik. Reiß dich zusammen. Durchhalten. In den nächsten vierundzwanzig Stunden ist Selbstkontrolle von entscheidender Bedeutung. Hier sitz ich allein in dieser abgefackten Wüste, in diesem Nest bewaffneter Geisteskranker, mit einer gefährlichen Wagenladung Risiko, Horror und Schulden, die ich zurück nach LA schaffen muß. Denn wenn sie mich hier draußen greifen, dann bin ich geliefert. Absolut in den Arsch gefickt. Kein Zweifel daran. Keine Zukunft für einen Doktor des Journalismus, der die Wochenzeitung vom Staatsgefängnis herausgibt. Nichts besser, als zum Teufel noch mal aus diesem atavistischen Staat verschwinden, und zwar mit Volldampf. Genau. Aber zuerst – zurück ins Mint Hotel und einen 50-$-Scheck einlösen, dann hinauf ins Zimmer und zwei Super-Sandwiches kommen lassen, zwei Liter Milch, eine Kanne Kaffee und einen Dreiviertelliter Barcadi Anejo.
Rum ist unentbehrlich, um diese Nacht durchzustehen – die Notizen aufzupolieren, dies schändliche Tagebuch. . . den Kassetten-Rekorder die ganze Nacht in voller Lautstärke aufgedreht: »Allow me to introduce myself . . . I’m a man of wealth and taste.«
Sympathie?
Nicht für mich. Keine Gnade für einen kriminellen Freak in Las Vegas. Dieser Ort ist wie die Armee: das Ethos der Haie obsiegt – friß die Verwundeten! In einer geschlossenen Gesellschaft, in der jeder schuldig ist, besteht das einzige Verbrechen darin, sich schnappen zu lassen. In einer Welt von Dieben ist die Todsünde die Dummheit.
Es ist ein eigentümliches Gefühl, um vier Uhr morgens in einem Hotel in Las Vegas zu sitzen – dazuhokken
mit einem Notizblock und einem Kassetten-Rekorder in einer Suite, die 75 $ den Tag kostet, und mit einer aberwitzigen Rechnung bei der Zimmerbedienung, in achtundvierzig Stunden totalen Wahnsinns verursacht – und zu wissen, daß man abhauen wird, sobald es hell ist, ohne einen verdammten Cent zu bezahlen. . . durch die Lobby toben und das rote Kabrio aus der Garage holen lassen und dastehen und warten mit einem Koffer voll Marihuana und illegalen Waffen . . . und versuchen, ganz lässig auszusehen, in der ersten Morgenausgabe der Las Vegas Sun blätternd.
Das war der letzte Schritt. Ich hatte alle Grapefruit und das andere Gepäck schon ein paar Stunden früher zum Wagen gebracht.
Jetzt kam es nur noch darauf an, in letzter Sekunde den Hals aus der Schlinge zu
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