Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
Culebra heißt und in der karibischen See liegt. Dort konnte sein Anwalt einen Beschluß erwirken, daß sämtliche weiteren Verhandlungen in der Sprache des karibischen Eingeborenenstammes geführt werden mußten. Wir haben drei Mitarbeiter zu diesem Zweck auf die Berlitz-Schule geschickt, aber neunzehn Stunden, bevor die ersten Gespräche beginnen sollten, floh der Beklagte nach Kolumbien, wo er festen Wohnsitz in einem Fischerdorf namens Guajira nahe der Grenze zu Venezuela nahm. Die offizielle Gerichtssprache dort ist ein obskurer Dialekt, der »Guajiro« heißt. Nach vielen Monaten konnten wir erreichen, daß die gerichtlichen Verhandlungen dort aufgenommen wurden, aber inzwischen hatte der Beklagte seinen Wohnsitz an einen faktisch unzugänglichen Hafenort am Oberlauf des Amazonas verlegt, wo er intensive Beziehungen zu einem Kopfjägerstamm, der sich »Jibaros« nennt, pflegte. Unser Verbindungsmann in Manaus, der flußaufwärts geschickt wurde, um einen eingeborenen Rechtsbeistand zu finden, der Jibaro sprach, wurde bei seiner Suche durch ernsthafte Kommunikationsprobleme extrem behindert. In unserem Büro in Rio fürchtet man inzwischen,
daß die Witwe des oben erwähnten Verbindungsmannes aus Manaus in einem von ihr angestrengten Schadensersatzprozeß ein verheerendes Urteil erwirken könnte – aufgrund der Voreingenommenheit der lokalen Gerichte –, das weit über alles hinausgehen dürfte, was ein Gericht in unserem Lande für vernünftig oder gar normal erachtet.
Genau. Aber was ist schon normal? Besonders hier »in unserem Lande« – in dieser verhängnisvollen NixonÄra. Wir sind jetzt alle auf einen Überlebens-Trip abgefahren. Nichts mehr übrig von dem Speed, das die sechziger Jahre in Fahrt brachte. Uppers sind nicht mehr angesagt. Das war der fatale Fehler an Tim Learys Trip. Er tobte durch Amerika und verhökerte »Bewußtseinserweiterung«, ohne je einen Gedanken an die grimmigen Fleischerhaken-Realitäten zu verschwenden, die auf alle Leute lauerten, die ihn zu ernst nahmen. Nach West Point und Priesteramt muß ihm LSD als logische Fortsetzung erschienen sein . . . aber es läßt sich nur wenig Genugtuung aus dem Wissen schöpfen, daß er selbst schwer aufgelaufen ist, denn schließlich riß er zu viele mit sich.
Nicht, daß sie es etwa nicht verdient hätten: Zweifellos haben sie alle nur bekommen, was sie verdienten. All diese bemitleidenswert eifrigen Acid-Freaks, die glaubten, für drei Dollar den Kick Frieden und Verständnis kaufen zu können. Aber ihre Niederlage und ihr Schaden sind auch die unseren. Was Leary mit sich selbst in den Abgrund riß, war die zentrale Illusion eines ganzen Lebensstils, den er mit geschaffen hatte . . . eine Generation unheilbarer Krüppel, erfolgloser Sucher, die niemals den grundlegenden altmystischen
Trugschluß der Acid-Kultur durchschaut hatten: die verzweifelte hoffnungsvolle Annahme, es gäbe jemanden – oder zumindest irgendeine Kraft – die das Licht am Ende des Tunnels hütet.
Das ist derselbe grausame und paradoxerweise gleichzeitig wohlmeinende Scheißdreck, der die katholische Kirche so viele Jahrhunderte am Leben erhielt. Es ist überdies auch die Ethik des Militärs . . . ein blinder Glaube an irgendeine höhere und weisere »Autorität«. Der Papst, der General, der Premierminister . . . bis hinauf zu »Gott«.
Einer der entscheidenden Augenblicke der sechziger Jahre war jener Tag, als die Beatles sich mit dem Maharishi einließen. Es war, als hätte Bob Dylan die Wallfahrt zum Vatikan angetreten, um den Ring des Papstes zu küssen.
Zuerst die ›Gurus‹. Und als das nicht lief, zurück zu Jesus. Und jetzt, nachdem Charles Manson mit seinem Appell an die Primitivinstinkte den Stein ins Rollen gebracht hat, eine ganz neue Welle von Gottfiguren für Kommunarden wie Mel Lyman, den Herrscher von Avalar, und dieser andere, wie heißt er noch?, der die »Geist und Fleisch«-Truppe regiert.
Sonny Barger hat es nie ganz geschnallt, aber er wird nie wissen, wie dicht er dran war, den Durchbruch als König der Hölle zu schaffen. Die Angels haben’s 1965 vermasselt, an der Oakland-Berkeley-Front, als sie gehorsam nach Bargers dickköpfigen Banden-Boß-Instinkten handelten und die vorderen Reihen eines Kriegsgegner-Protestmarsches angriffen. Das erwies sich als das historische Schisma in der Jugendbewegung der sechziger Jahre. Es war der erste offene Eklat zwischen
den bösen Buben und den friedliebenden Hippies, und die Bedeutung
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